
WFG-Sommertour 2024: Zwischenstopp bei „Weinhof Viniazzi“
Winzer Gianluca Antoniazzi stellt das erste Weingut am Niederrhein vor
NIEDERRHEIN. Die Sommertour der Wirtschaftsförderung (WFG) steht in diesem Jahr unter dem Motto „Eine kulinarische Reise: Genusswoche im Kreis Kleve“. Dabei werden lokale, aufstrebende Unternehmen in der Region besucht und vorgestellt. Der Weinhof Viniazzi ist eines davon. Mit seinem ersten Weingut am Niederrhein stößt Gründer Gianluca Antoniazzi regelmäßig auf Verwunderung. Der Kreis Kleve als Weinanbaugebiet? Genau das möchte der Gelderner in Zukunft weiter etablieren. Antoniazzis Geschichte, und welche Ziele er sich noch gesetzt hat, erfuhren die Wirtschaftsförderer und Gäste bei einem gemeinsamen Schlückchen Rosé.
Etwa dreieinhalb Hektar Ackerfläche zählt Antoniazzi mittlerweile zu seinem Eigentum. Seine Weinreben stehen in Geldern, in der Sonsbecker Schweiz und Achterhoek. Angefangen habe alles im Jahr 2014. Aus einer Leidenschaft für Wein, Natur und gesellige Abende mit Freunden, wurde das Vorhaben, eine Ausbildung zum Winzer zu machen. Dafür studierte Gianluca Antoniazzi Weinbau und Önologie in Neustadt an der Weinstraße. Es folgten zahlreiche Praktika inklusive Mitarbeit auf Weinfeldern und in der Produktion sowie Auslandsaufenthalte in Italien und Neuseeland. Hier sammelte der junge Gründer insbesondere Wissen in der Herstellung von Schaumweinen, durfte aber auch Weinsorten wie den Sauvignon blanc und Pinot Noir produzieren.
Parallel stellte der Winzer 2019 seinen ersten Antrag zur eigenen Bewirtschaftung von Ackerflächen am Niederrhein, um seinen Weinanbau zu starten. Das Glück war auf seiner Seite: „Erst ab 2016 war es gesetzlich erlaubt Weinreben neu anzupflanzen. Dazu kommt, dass das Land NRW nur maximal fünf Hektar Fläche pro Jahr für den Weinanbau genehmigt. Diese Fläche wird durch alle Antragssteller geteilt. Ich habe meinen Antrag sofort für fünf Hektar gestellt. Erhalten habe ich immerhin 3,5. 2021 konnten wir endlich die ersten 9.000 Reben in Geldern pflanzen“, berichtet Antoniazzi.
Für das Wachstum sei der niederrheinische Boden sehr gut geeignet, so profitierten die Pflanzen von den vermehrt sonnigen und trockenen Erdverhältnissen: „Der Niederrhein hat eine gute Bodenqualität und Wein liebt warme Temperaturen, daher wird hier das Wetter für den Anbau immer besser. Ich möchte mehr Menschen inspirieren, selbst auch Wein anzubauen, damit wir in einigen Jahren ein Weinanbaugebiet werden können.“ Bis jetzt übernehme der Winzer die Produktionsarbeit komplett selbst, seine Familie sei dabei eine große Hilfe: „Wir haben Bio-Qualität im Glas. Damit war viel ausprobieren und Risiko verbunden. Wenn die Rebe einmal steht, bleibt sie dort auch die nächsten 20 Jahre. Aber wir haben es geschafft und sind sehr froh und stolz“, betont Antoniazzi weiter.
Alle helfen mit, sogar seine zweijährige Tochter. Die kreierte das Etikett-Design seiner fertig abgefüllten Flaschen, die es nun seit vergangenem Jahr, in seinem Weinfachhandel „Viniazzi“ in Pont zu kaufen gibt. Das Geschäft gründete der Winzer 2020. Nach der abgeschlossenen Ausbildung galt dies als der erste Schritt in die Selbstständigkeit.
Von der Pflanze bis zur Flasche, Antoniazzi wirbt mit durchgehender Regionalität. Und daher kommt ein weiterer Produktionsort auch noch hinzu: Gepresst, gelagert, vergoren und abgefüllt wird die Maische in einem Lagerkeller auf dem Gelände der Hofmolkerei von Johann Deselaers in Kerken. Dort stehen Tanks mit einer Kapazität von etwa 20.000 Litern. „Es ist geplant noch weitere Tanks hinzuzufügen. Dann umfassen alle zusammen etwa 40.000 Liter. Bei dem Ertrag von diesem Jahr rechnen wir mit etwa 10 bis 12.000 Litern Wein. Das entspricht in etwa 15.000 Flaschen“, erklärt Gianluca Antoniazzi. In seinem Sortiment aus Eigenanbau hat der Winzer aktuell drei unterschiedliche Sorten anzubieten: Muscaris, Johanniter und den Cuvée Rosé. Bei etwa 450 Arbeitsstunden pro Hektar Weinfeld kostet eine Flasche des ersten Jahrgangs 20 Euro. In Zukunft sollen die Preise aber weiter sinken: „Der erste Ertrag ist etwas Besonderes und damit auch teurer. Je mehr dieser in den nächsten Jahren aber wächst, sinken auch die Preise.“ An Sorten kommen dann auch noch Rotwein und Sekt hinzu.
Bärbel Wolters, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Geldern, fand für den Winzer einige lobende Worte: „Ich bin begeistert, dass Ihnen in so kurzer Zeit, so ein Geschäft gelungen ist. Es ist toll, dass Sie in Kerken auf der Baersdonk ein Zuhause gefunden haben, um Ihre Ernte zu verarbeiten.“ Brigitte Jansen, Geschäftsführerin der WFG betonte ergänzend: „Sie machen wirklich etwas ganz Besonderes.“

Der fruchtige Cuvée Rosé. Foto: Gerhard Seybert - 47608 Geldern
(V.l) Fabienne van Lier und Marc Cattelaens (WFG), Winzer Gianluca Antoniazzi, Renate Fürtjes (Gemeinde Kerken), Brigitte Jansen (WFG), Bärbel Wolters (Stadt Geldern), und Nicole Thissen (WFG) im Weinkeller in Kerken. Fotos (2): Gerhard Seybert