
VfR-Fußballerinen sind auf dem Weg in die zweite Bundesliga
Sportlich setzen sie in der Regionalliga aktuell Maßstäbe / Doch der Linzenz-Antrag bereitet auch Sorgen
Doch dieses Projekt muss natürlich auch finanziell und infrastrukturell ab dem kommenden Sommer gestemmt werden – und da drückt die Zeit. Bis zum 17. März muss der VfR Warbeyen seine Lizenz für die zweite Frauenfußball-Bundesliga beim Deutschen Fußballbund (DFB) beantragen. Die Kosten für die zweite Frauenfußball-Bundesliga würden sich für den VfR aber rund verdreifachen. „Wir kalkulieren mit 375.000 Euro für eine Saison“, verrät Christian Nitsch, Vorsitzender des VfR Warbeyen. Diese setzen sich unter anderem aus den höheren Reisekosten zusammen, die aufgrund des Aufstieges anfallen würden. Müssen die Fußballerinnen aktuell noch etwa alle zwei Wochen bis Köln, Bielefeld, Mönchengladbach oder Leverkusen reisen, wären es dann eben München, Hamburg, Nürnberg oder Berlin. „Da kann man nicht am selben Tag anreisen, spielen und wieder abreisen. Die Spielerinnen müssten jeweils am Tag zuvor anreisen und bräuchten demnach eine Übernachtung“, sagt Martin Walz, sportlicher Leiter des VfR Warbeyen. Zudem müsste der Verein einen sportlichen Leiter oder Geschäftsführer, einen Pressesprecher und den Trainer in Teilzeit (20 Stunden pro Woche) anstellen. „Aktuell arbeiten wir alle ehrenamtlich. Der DFB verlangt aber, dass diese Personen sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Das wird auch überprüft“, erklärt Walz. Zudem müsse eine erreichbare Geschäftsstelle nachgewiesen werden. Über diese verfügt der VfR allerdings bereits. Die Spielerinnen würden hingegen zu den Konditionen wie bisher spielen. „Keine von ihnen lebt vom Fußball. Sie machen das für den Spaß“, macht Walz deutlich.
Live-TV-Übertragung
Durch den Aufstieg in die zweite Frauenfußball-Bundesliga hätte Warbeyen aber nicht nur höhere Ausgaben, sondern auch Einnahmen. 100.000 Euro bekäme der VfR pro Saison an TV-Geldern vom DFB überwiesen. Schließlich werden alle Spiele live über den Streamingdienst Magenta TV übertragen. Der VfR Warbeyen hofft zudem, dass die Stadt Kleve über das Sportförderprogramm einen Teil der Reisekosten übernehmen wird, die der Verein mit voraussichtlich etwa 55.000 Euro pro Saison angibt. Der Verein kalkuliert hier mit etwa 20.000 Euro, die der Rat der Stadt Kleve zu diesem Zwecke im Haushalt freigeben müsste. Deshalb hat der VfR Warbeyen zum Pressegespräch nicht nur die Presse, sondern auch Kleves Bürgermeister Wolfgang Gebing und Ratsvertreter der verschiedenen Parteien eingeladen. Sie alle zeigten durchaus Interesse und Bereitschaft, wünschten sich aber zur weiteren Klärung einen runden Tisch zwischen Verein und Politik.
Einmalige Gelegenheit
Für den VfR Warbeyen werden es in jedem Fall entscheidende Wochen werden. „Für uns ist das eine einmalige Gelegenheit“, betont Klaus Bartsch, der seit 20 Jahren am Aufbau und der beispiellosen positiven Entwicklung der Frauenfußball-Mannschaften im Senioren- und Jugend-Bereich beteiligt ist. Schließlich sei es nie einfacher gewesen, in die zweite Frauenfußball-Bundesliga aufzusteigen, da aufgrund der Aufstockung der ersten Frauenfußball-Bundesliga die Relegationsspiele um den Aufstieg für die Meister der fünf Regionalligen in diesem Jahr wegfallen werden. „Es wäre schade, wenn man diese Chance liegenließe. Zudem wäre es wohl der K.O.-Schlag für den Frauenfußball in unserer Region. Der leistungsorientierte Fußball würde um Jahre zurückgeworfen werden“, sagt Bartsch. Dabei sei die Bundesliga schon von Beginn an das ganz große Ziel gewesen: „Es gibt viele Spielerinnen, die schon seit 20 Jahren bei uns spielen und damals ganz klar gesagt haben: Wir wollen in die Bundesliga.“ Nun sei dieses Ziel zum Greifen nah.
Mariken Kroon trägt seit sechs Jahren das schwarz-weiße Trikot. Die gebürtige Niederländerin, die in Nimwegen studiert, fühlt sich beim VfR Warbeyen pudelwohl. „Wir sind alle Freundinnen geworden“, sagt Kroon. Ein Aufstieg sei aus Spielerinnensicht alternativlos: „Die Spiele sind manchmal schon sehr einfach für uns.“ Dies belegen auch die bisherigen Ergebnisse: Mit 8:0 hat das Team von Trainer Sandro Scuderi etwa die Zweitvertretung von Borussia Mönchengladbach geschlagen. 6:0 lautete das Ergebnis gegen Bayer Leverkusen II. Gegen Alemannia Aachen war der Endstand mit 10:0 sogar zweistellig. Warum es in dieser Saison so gut klappt? Es sei wohl das Teamgefühl, das innerhalb der Mannschaft herrsche. „Wenn wir den Ball verlieren, wollen wir ihn sofort zurückholen. Wir haben einfach Spaß am Fußball“, betont Kroon.
Stärkere Gegner
In der zweiten Frauenfußball-Bundesliga würden sich die Spielerinnen auf stärkere, in Teilen vielleicht sogar ebenbürtigeren Gegner freuen. Dabei ist der ganze Verein überzeugt davon, dass sie das Zeug dazu hätten, in der zweiten Frauenfußball-Bundesliga mithalten zu können. Ein paar Hürden, um dieses Ziel zu erreichen, seien schon genommen: Trainer Sandro Scuderi verfügt bereits über die notwendige Trainer A-Lizenz. Co-Trainer Patrick Braun ist gerade dabei, die Trainer B-Lizenz zu absolvieren. Torwart-Trainer Andre Barth ist bereits im Besitz selbiger. Die Spielstätte würde weiterhin – wie schon aktuell – die Bauunternehmung Eroglu-Arena am Bresserberg bleiben. Mit dem 1. FC Kleve, der dort seine Heimat hat und dessen Oberliga-Mannschaft ebenfalls seine Spiele auf dem Rasenplatz im Stadion austrägt, stehe man schon jetzt im ständigen Austausch. Dass die zweite Frauenfußball-Bundesliga ebenso wie die Herren-Oberliga ihre Spiele jeweils sonntags austrägt, stelle wohl kein größeres Problem dar. Mit dem DFB ließe sich vereinbaren, dass beide Mannschaften immer im zweiwöchentlichen Wechsel ihre Heimspiele austragen können. Und sei dies einmal nicht zu bewerkstelligen, könne eine Mannschaft etwa auf den Freitagabend ausweichen.
Spielstätte am Bresserberg
Der VfR Warbeyen ist zudem überzeugt davon, dass die Bauunternehmung Eroglu-Arena die Forderungen des DFB an eine Bundesliga-Spielstätte erfülle. Dazu gehöre zum Beispiel eine überdachte Sitzplatz-Tribüne, die vor Ort gegeben sei. Dass diese sich aber seit vielen Jahren im Rohbau befindet, sei kein Hindernis. „Die Tribüne ist voll funktionstüchtig und enthält auch Kabinen“, betont Kleves Bürgermeister Wolfgang Gebing. Zudem seien bereits Ratsbeschlüsse da, um sie weiter auszubauen. Für die Stadt Kleve sei der Erfolg der Fußballerinen des VfR Warbeyen darüber hinaus „eine tolle Sache“, die auch eine gute Werbung für die Stadt sei.
Darauf zielt auch VfR-Vorsitzender Christian Nitsch ab. Er möchte mit einem Aufstieg nicht nur „das gallische Dorf“ Warbeyen bekannter machen, sondern auch die Stadt Kleve. „Wir sprechen im Wording auch schon jetzt immer von Kleve-Warbeyen und nicht nur von Warbeyen“, betont Nitsch. Es sei sogar denkbar, den Verein auch diesbezüglich umzubenennen. Darüber müssten aber selbstverständlich der gesamte VfR-Vorstand und nicht zuletzt die Mitglieder abstimmen.
Sponsorensuche
In den kommenden Wochen möchte der VfR Warbeyen jedoch vor allem einen Großteil der benötigten 375.000 Euro zusammenbekommen. Dazu ist der Vorstand derzeit auf der Suche nach weiteren Sponsoren und Förderern. Neben einem klassischen Sponsoring sei auch eine (anonyme) Fördermitgliedschaft möglich, die sich ebenso an Privatpersonen richte. Dazu hat der Verein auf der Crowdfunding-Plattform „gofundme“ eine Spendenaktion gestartet, deren Ziel bei 60.000 Euro liegt. Auch über Fan-Artikel möchte der VfR Geld einnehmen, um am 17. März guten Gewissens die Lizenz für die zweite Frauenfußball-Bundesliga beim DFB beantragen zu können. Christin Becker, verantwortlich für die Pressearbeit beim VfR, hofft, dass sich viele kleine und große Unterstützer finden werden: „Wir möchten gerne ein Feuer in der Stadt entfachen. Frauenfußball ist nicht mehr so, wie früher. Er hat sich entwickelt und heute einen höheren Stellenwert. Eine Frauenfußball-Bundesliga-Mannschaft hat für eine mittelgroße Stadt wie Kleve Wirkung. Das schafft Aufmerksamkeit.“ Für die Fußballerinnen des VfR Warbeyen würde mit dem Aufstieg jedenfalls ein Traum in Erfüllung gehen, für den sie bereits jetzt alles gegeben haben.
Weitere Informationen zum Verein und zur Spenden-Aktion gibt es online unter www.vfr-warbeyen.de.
Sabrina Peters
Die aktuelle Landkarte der zweiten Frauenfußball-Bundesliga. Steht bald auch der VfR Warbeyen darauf? Grafik: VfR Warbeyen Foto: Geschaeftsstelle
Die Fußballerinnen des VfR Warbeyen führen die Tabelle der Regionalliga aktuell mit zehn Punkten Vorsprung an. Foto: Andreas van Gemmeren-Koenig