Schiedsamt in Xanten: Konflikte lösen, bevor sie eskalieren
Mit Ulrike Kemms und Susanne Laser hat die Stadt Xanten zwei Schiedsfrauen, die vermitteln wollen
XANTEN. Mit juristischen Auseinandersetzungen kennt Ulrike Kemms sich aus. Denn sie ist Volljuristin und arbeitet als Rechtspflegerin beim Amtsgericht in Kleve. In Xanten ist die dreifache Mutter seit 2022 jedoch auch als ehrenamtliche Schiedsperson tätig. Doch ihr beruflicher Hintergrund spiele dabei keine große Rolle. „Als Schiedsperson ist man eher Mediatorin. Die richtige Kommunikation ist viel wichtiger, als dass man juristische Kenntnisse hat. Die braucht man nicht, da man ja auch nicht juristisch berät, sondern nur versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln“, betont Kemms, die nun mit Susanne Laser Verstärkung bekommen hat. Die Xantenerin wurde im Herbst dieses Jahres durch den Direktor des Amtsgerichts Rheinberg als neue Schiedsperson in Xanten vereidigt und folgt damit offiziell auf Rainer Groß, der das Amt niedergelegt hat.
Im Frühjahr dieses Jahres hatte die Stadt Xanten deshalb einen Aufruf gestartet, um einen Nachfolger für Groß als Schiedsperson in Xanten zu finden. Susanne Laser las diesen Aufruf in den Niederrhein Nachrichten und bewarb sich bei der Stadt Xanten. Ein ganz spontaner Einfall sei ihre Bewerbung allerdings nicht gewesen. „Ich hatte immer die Idee, wenn ich in Rente gehe, mir ein Ehrenamt zu suchen. Das schwirrte nun bestimmt schon 30 Jahre lang in meinem Kopf herum“, sagt Laser. Das Amt der Schiedsperson sei schon lange ihr Favorit für eine ehrenamtliche Tätigkeit gewesen, „weil ich es einfach spannend finde. Das wollte ich schon immer machen“, begründet die heute 66-Jährige, die seit 2000 in Xanten lebt. Als Pädagogin mit einer systemischen Ausbildung – auch zur Mediatorin – bringe sie zudem beruflich hilfreiches Hintergrundwissen mit. „Ich bin von Berufs wegen aus viel Kummer gewohnt und kenne auch die menschlichen Tiefen“, sagt Laser.
Mit ihrem beruflichen Background konnte Laser auch den (damaligen) Rat der Stadt Xanten im Sommer von sich überzeugen. „Wir hatten insgesamt neun Bewerbungen. Frau Laser wurde schließlich einstimmig vom Rat gewählt“, berichtet Noah Decker, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Xanten, dem das Schiedsamt untergeordnet ist.
Obwohl Ulrike Kemms die nun etwas erfahrenere Schiedsfrau ist, wollen die beiden Frauen das Ehrenamt gleichwertig untereinander aufteilen. Eine klassische Stellvertreterrolle soll damit entfallen. Susanne Laser hat sich in den vergangenen Wochen bereits in ihre neue Tätigkeit eingearbeitet und Kemms auch schon bei Schiedsverhandlungen begleitet. Künftig wollen beide Frauen sich zwar regelmäßig untereinander austauschen, Schiedsverhandlungen und Gespräche aber auch alleine führen und gegenseitige Urlaubsvertretungen so miteinander absprechen, dass immer eine Schiedsfrau in Xanten erreichbar ist.
Eine Schiedsperson fungiert als unabhängige, ehrenamtliche Vermittlerin in zivilen Alltagskonflikten. Ihr Auftrag besteht darin, Streitigkeiten außergerichtlich zu klären und dadurch ein oft langwieriges und teures Gerichtsverfahren zu vermeiden. Damit sollen auch die meist ohnehin überlasteten Gerichte entlastet werden. Zuständig ist das städtische Schiedsamt (in Xanten sind dafür zwei ehrenamtliche Schiedspersonen vorgesehen) unter anderem für kleinere zivilrechtliche Forderungen sowie vor allem für nachbarschaftliche Auseinandersetzungen – etwa bei Lärm, Grenzverläufen oder Problemen rund um Hecken und Zufahrten. „Wir hatten schon Fälle, in denen der eine Nachbar sich beschwert hat, dass der Pool zu sehr im Schatten liegt, der Whirlpool zu laut ist oder der Hahn zu laut kräht“, berichtet Kemms. Auch bei bestimmten geringfügigen Straftaten, etwa Beleidigung, Hausfriedensbruch oder einfacher Körperverletzung, sieht das Gesetz zunächst einen Schlichtungsversuch vor. Kommt keine Einigung zustande, stellt das Schiedsamt eine Bescheinigung aus, mit der der Weg vor Gericht dann möglich wird.
„Im Grunde wollen wir das aber immer vermeiden. Dafür fungiert die Schiedsperson als Mediator und versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln“, erklärt Kemms. Im vergangenen Jahr (2025) habe das in Xanten ganz wunderbar geklappt: Von elf Gesprächen, bei denen es in fünf Fällen zu Schiedsverhandlungen im Trausaal des Xantener Rathauses gekommen sei, mussten die Schiedspersonen laut Kemms nur in einem Fall eine Erfolglosigkeitsbescheinigung ausstellen, damit der Sachverhalt an ein Gericht weitergegeben werden konnte. In drei Fällen sei es zu einem Vergleich gekommen. Ein Fall sei zudem noch offen, bei dem auch erst 2026 ein Ausgang zu erwarten sei.
„In anderen Jahren kann das aber auch völlig anders aussehen“, sagt Kemms. 2025 sei diesbezüglich einfach ein gutes Jahr gewesen. Insgesamt sei allerdings festzustellen, dass es zu immer mehr Streitigkeiten innerhalb der Gesellschaft komme, die dann entweder vor dem Schiedsamt oder sogar vor Gericht ausgetragen werden. „Das Schiedsamt ist daher sehr wichtig für Xanten. Es kann deeskalierend wirken und Konflikte, bevor sie zum Gericht kommen, lösen“, betont Xantens Bürgermeister Rafael Zur.
Die beiden Schiedsfrauen Ulrike Kemms und Susanne Laser raten dazu, wenn sich ein Konflikt anbahnt, sich schnellstmöglich bei ihnen Hilfe zu holen, bevor dieser immer weiter eskaliert. „Irgendwann sind die Fronten so verhärtet, dass keiner mehr gesprächsbereit ist. Unter Umständen muss man aber noch jahrelang neben dem Nachbarn leben“, sagt Laser. Wenn eine Schiedsperson rechtzeitig hinzugezogen werde, könne diese als Mediator und Vermittler vielleicht noch rechtzeitig zu einem Kompromiss verhelfen, bevor die Situation so eskaliert, dass keine außergerichtliche Einigung und ein vernünftiges Miteinander mehr möglich sind. Ein Gerichtsverfahren sei jedoch teuer. „Außerdem gibt es dann immer einen Verlierer“, betont Kemms.Das Schiedsamt in Xanten kann per E-Mail an schiedsamt@stadt-xanten.de kontaktiert werden. Zudem steht Noah Decker im Rathaus und unter Telefon 02801/772-240 für Fragen zur Verfügung.
Sabrina PetersNoah Decker, Ulrike Kemms, Susanne Laser und BürgermeisterRafael Zur (v.l.) stellten das Xantener Schiedsamt vor. NN-Foto: SP