
„Säule ohne Auftrag“ erstrahlt in neuem Glanz
Paul Wans und fünf seiner (ehemaligen) Schülerinnen haben die Skulptur ehrenamtlich restauriert
Ursprünglich wurde die Schöpfung des bekannten Dortmunder Bildhauers Anselm Treese 1995 im Rahmen der langjährigen Ausstellungsserie „Sculptura“ angekauft und am Kevelaerer Marktplatz an der Ecke Busmannstraße aufgestellt. Jahre später kam der Umzug zur Kreisverkehrsinsel an der Walbecker Straße, wo sie noch heute steht. Einen neuen Anstrich bekam die Skulptur damals ebenfalls – abgesehen davon, dass man sich dabei von der ursprünglichen Farbgebung entfernt hatte, war von der Erneuerung in den letzten Jahren immer weniger zu sehen, wie Paul Wans weiß. „An dieser Säule fahre ich jede Woche zwei, drei Mal vorbei. Dabei ging mir immer wieder durch den Kopf, wie furchtbar sie gerade aussieht“, erzählt er. Wans hat eine besondere Beziehung zur Skulptur: Er stand dem Kulturamt damals als künstlerischer Mentor bei der Umsetzung der „Sculptura“ zur Seite und verfolgte auch die Aufstellung des Objektes am Marktplatz.
In einem Gespräch mit der ehemaligen Wirtschaftsförderin und Leiterin des Kevelaer Marketing Verena Rohde und Hendrik Görtz vom Bereich Kultur bot er an, das Problem ehrenamtlich anzugehen – wenn die Stadt die notwendigen Materialien finanziere und die „unsägliche“ Hecke um die Skulptur herum entferne oder zumindest großzügig stutze. „Dann habe ich mir ein Team zusammengestellt“, sagt Paul Wans. Die Richtigen dafür waren schnell gefunden: Die (teils angehenden und ehemaligen) Abiturientinnen Zozan und Delal Ayhan, Anna Bousart, Olivia Zymelka und Nele Heubes waren und sind alle Schülerinnen seiner Kunst-AG. „Es sind nette und vor allem kompetente und geübte Leute“, lobt er und gesteht, dass das heute zu bestaunende Ergebnis vor allem die Arbeit seiner Schützlinge war: „Ich selbst habe eigentlich eher nach dem Rechten gesehen.“
100 Stunden plus
Es waren sicherlich über einhundert Stunden, die die Frauen von Freitag bis Montag in die 3,20 Meter große Skulptur gesteckt haben, schätzen sie rückblickend. Damit das dreißig Jahre alte Kunstwerk wieder in neuem Glanz erstrahlen konnte, waren einige Arbeitsschritte und viel Fingerspitzengefühl nötig. Allem voran ging die buchstäbliche Drecksarbeit: „Zuerst haben wir das Moos und den Dreck abgeschabt“, berichtet Olivia Zymelka. „Dann ging es mit der Haftgrundierung weiter.“ Für ein ebenes Bild mussten die Künstlerinnen aber auch die Löcher mit Acrylpaste auffüllen. Nachdem alles über Nacht ausgehärtet war, konnte es tags darauf mit der ersten Schicht Farbe weitergehen: erst gelb, dann blau, dann schwarz. Nach dem Trocknen konnten nach und nach die nächsten Schichten folgen. Für das gewisse etwas kamen später auch silbernes und goldenes Spray sowie Lack zum Einsatz. Nach der Skulptur bekam schlussendlich noch der Sockel ein Facelift per Betonfarbe spendiert.
Im Prozess immer vor Augen stand den Künstlerinnen die originale Farbgestaltung. Zufällig gewählt hatte Anselm Treese sie damals nicht: Während das Blau für Vertrauen, Treue und die Marienverehrung steht und das Gold für das Göttliche und Himmlische, symbolisiert das Schwarz Trauer und Tod. Auch im Namen „Säule ohne Auftrag“ stecken mehrere Bedeutungen, erläutert Wans. „Normalerweise hat eine Säule die Aufgabe, etwas zu stützen. Das ist hier nicht der Fall.“ Außerdem habe Treese das Objekt eigens für den „Sculptura“-Wettbewerb gefertigt. „Es ist also keine Auftragsarbeit.“
Für Paul Wans ging es beim Projekt nicht nur um seine persönliche Beziehung zur (kevelaerer) Kunst, sondern auch darum, als Bürger der Stadt etwas beizutragen. Hendrik Görtz freut das sehr: „Ohne die Hilfe hätten wir das finanziell gar nicht umsetzen können“, sagt er über die Restaurierung.
Für die fünf Frauen brachte das Projekt aber noch einen anderen, ganz besonderen Aspekt und Reiz mit sich: „Es hat nicht nur viel Spaß und stolz gemacht, für einen schönen Anblick zu sorgen, es war auch schön, einige Leute aus der AG noch einmal wieder zu sehen“, sagt die ehemalige Abiturientin Zozan Ayhan. Ex-Abiturientin Anna Bousart sieht es genauso: „Es war schön, noch einmal ein gemeinsames Kunstprojekt zu starten und auch etwas anderes im künstlerischen Bereich zu machen als sonst.“ Diesen Nebeneffekt kann auch Olivia Zymelka bestätigen: „Es war ein guter Ausgleich zum Abi-Lernstress.“ Gleichzeitig hebt sie die Dynamik innerhalb der Gruppe lobend hervor. Ihre Mitschülerin Nele Heubes sieht das Projekt unter anderem im Kontext der auslaufenden Schulzeit: „Wir haben schon viel zusammen unternommen, daher war es toll, noch ein letztes Mal etwas in der Gemeinschaft zu machen.“
Neue Social-Media-Reihe
Wo sich die fünf Frauen vorläufig eher privat weiter der Kunst widmen dürften, geht es für die Stadt Kevelaer diesbezüglich professionell weiter: Für die Zukunft sollen die im Stadtgebiet aufgestellten Kunstwerke und ihr Zustand katalogisiert werden. „Vielen Leuten ist gar nicht bewusst, wie viele Kunstwerke wir hier haben“, erläutert Hendrik Görtz. Auch die Hintergründe der Werke seien oft gänzlich unbekannt, ergänzt Paul Wans. Eine zuletzt vonseiten der Stadt gestartete Social-Media-Reihe soll hier Abhilfe schaffen. Neben den regelmäßig geplanten Posts auf Facebook und Instagram ist aktuell auch ein Youtube-Video in der Mache.Die Künstlerinnen hinter der Restaurierung: Zozan Ayhan, Anna Bousart, Delal Ayhan, ihr (ehemaliger) Lehrer und Künstler Paul Wans, Olivia Zymelka und Nele Heubes. Foto: privat