Die Emmericher Freimaurer sind „ganz normale Männer“: (v. l.) Heinz Wienhofen, Markus Schlegel, Olaf Voss, Sven Voutta und Horst Düttmann..Foto: privat
19. September 2023 · Emmerich

PIM: Hinter dem Mythos

Die Freimaurer-Loge in Emmerich sagt sich von Vorurteilen los und lädt Interessierte zum Gästeabend ein

EMMERICH. Pax Inimica Malis. Das ist Latein und der Name einer Freimaurerloge in Emmerich. Er bedeutet: „Der Frieden ist der Feind des Bösen.“ Seit 1779 existiert sie und ist damit nur eine von vielen in ganz Deutschland. Jahrhundertelang ringen sich bereits viele Klischees und Vorurteile um die mysteriösen Hintergründe der Freimaurer-Vereine. Manche Menschen assoziieren sie mit den sagenumwobenen „Illuminaten“ oder den „Tempelrittern“. So werden den Freimaurern heute immer noch Verschwörungstheorien und verstörende Rituale nachgesagt. Der Grund: Ein hohes Maß an Verschwiegenheit vonseiten der Logen, welche die wilden Interpretationen rund um die Bruderschaften anheizen. Aber warum ist das so? Und was tun Freimaurer wirklich, wenn sie als „Geheimbund“ eben nicht die „Weltherrschaft an sich reißen wollen“?

„Ganz normaler Mensch“

Horst Düttmann ist der Vorsitzende der Emmericher Freimaurer. Er ist außerdem Berufssoldat, verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter – ein „ganz normaler Mensch“ eben, wie er sich selbst beschreiben würde. 2008 kam Düttmann zur Freimaurerei. Dazu erklärt er: „Beruflich war ich lange Zeit in der Nähe von Brüssel, im Hauptquartier der NATO stationiert. Das Thema Geschichte und mysteriöse Vereine haben mich schon immer interessiert. Natürlich habe ich auch die Bücher des Autors Dan Brown („Illuminati“ oder „The DaVinci Code: Sakrileg“) gelesen. 2008 kam ich erstmals mit einem belgischen Freimaurer in Kontakt. Ein Jahr später bin ich dann in eine englisch-sprachige Loge aufgenommen worden.“

Selbst habe Düttmann so gut wie keine Vorurteile gehabt, da er sich vor dem Beitritt aus eigenem Interesse mit den Tätigkeiten der Logen auseinandergesetzt habe. Nur die Familie begegnete ihm mit Skepsis, „Meine Frau war nicht sehr begeistert, als sie davon hörte und wollte mich auch erst von einer Mitgliedschaft abhalten. Ich erinnere mich noch, wie sie mich fragte: ‚Du trittst doch hoffentlich nicht dieser Sekte bei?‘“, erinnert sich der Soldat lachend.

Eine Sekte – genau von diesem Eindruck sprechen sich die Freimaurer los, verstehen aber woher die Vorurteile kommen, die in der Gesellschaft weit verbreitet sind. Sie sehen sich als Vereinsgemeinschaft in der sie an sich selbst arbeiten und danach streben sich als Menschen zu optimieren. „Wir versuchen, aus einem guten Menschen einen noch besseren zu machen.

Dabei ist klar, dass das ein lebenslanger Prozess ist, den man nie vollenden kann. Es helfe aber, einen geschützten Raum wie die Loge zu haben, durch die nichts, worüber man spricht, nach außen getragen wird. Das ermöglicht den Brüdern das nötige Vertrauen, sich vollkommen öffnen zu können. Nur so sei eine gute Selbstreflexion und Entwicklung möglich.

Angebote und Seminare

Es gibt viele Angebote und Seminare zur „Selbstentwicklung“ oder „Self-Development“, wie man heute sagen würde, in denen man für viel Geld nur wenig Ergebnisse bekommt. In der Loge funktioniert das seit 300 Jahren, erklärt Düttmann weiter.

Bei regelmäßigen Treffen einmal wöchentlich kommen die Mitglieder in einer Runde zusammen und gehen in den aktiven Austausch. Die Gespräche können ein Mitglied entweder persönlich oder Gesellschaftsthemen betreffen, wie die aktuelle politische Lage.

Oberstes Gebot dabei: Offenheit und Toleranz. „Auch wenn manchmal sehr konträre Meinungen aufeinandertreffen, haben beide genug Platz, um nebeneinander zu existieren. Man lässt den Redner aussprechen und diskutiert konstruktiv. Ich habe mal eine Situation im Supermarkt erlebt, die mich nicht mehr losließ. Beim nächsten Treffen habe ich darüber gesprochen und die Möglichkeit gehabt zu fragen: ‚Wie hättet ihr an meiner Stelle reagiert?‘“, sagt der Freimaurer. Das Schönste sei es von dem eigenen Umfeld gespiegelt zu bekommen, dass man sich zum Positiven verändert habe.

Obwohl die Tätigkeiten innerhalb der Freimaurerloge bei näherem Hinsehen eher unspektakulär erscheinen, gibt es trotzdem Dinge, die den Klischees entsprechen. Die Rituale zum Beispiel. Allerdings werden, anders als die Vorurteile behaupten, keine Geheimnisse daraus gemacht. „Die Freimaurerei lebt von Ritualen, die etwa zwölfmal im Jahr durchgeführt werden. Über diese Rituale sprechen wir aber nicht. Wir verstehen, dass das sehr mysteriös erscheint, soll aber nur dazu dienen, neuen Mitgliedern nicht die Erfahrung des Erlebnisses zu nehmen. Alles über unsere Loge und die Rituale kann man im Internet finden. Demnach wird also nichts verheimlicht, nur einfach nicht von uns aus geäußert“, erläutert Düttman weiter.

Was viele nicht wissen: Auch für gute Zwecke setzt sich die Loge ein und spendet regelmäßig Geld an Organisationen wie den Emmericher Mittagstisch. Derartige Aktionen werden allerdings ebenfalls im Stillen unternommen. Von Horst Düttmann heißt es dazu: „Wir wollen uns nicht damit profilieren, dass und wie viel wir spenden. Das ist nicht unsere Art.“

Die Freimaurer in Emmerich – Handwerker, Soldaten, Familienväter. „Viele denken, dass die Freimaurer sehr elitär sind. In größeren Städten kann das der Fall sein, weil dort das Klientel auch anders ist. Bei uns gibt es aber nur wenige Akademiker. Noch viel mehr sind wir alle einfach normale Männer und Menschen. Die Familie und der Beruf gehen außerdem immer vor und jeder hat auch Verständnis dafür. Bei unseren normalen Treffen kommen alle Mitglieder in Jeans und T-Shirt, nur bei rituellen Veranstaltungen gibt es eine Kleiderordnung, wo wir traditionell Anzug tragen.“

Gästeabende

Horst Düttmann will mit Vorurteilen aufräumen und lädt Kritiker und interessierte Männer und Frauen zu den regelmäßig stattfindenden Gästeabenden ein: „Jeder ist bei unserem Gästeabend willkommen. Wir veranstalten sie etwa fünf Mal im Jahr. Dort stellen wir unsere Loge erst mal vor, dann können alle möglichen Fragen zu Vorurteilen und unseren Tätigkeiten gestellt werden. Wer sich entschließt, zu weiteren Treffen zu kommen, merkt dann auch recht schnell, dass es nicht um die Weltherrschaft geht und die meisten Klischees nicht der Wahrheit entsprechen.“ Alle Gästeabende finden in den Räumlichkeiten der Sozietät in Emmerich, Kleiner Wall 2, statt.

Weitere Informationen gibt es unter www.emmerich-freimaurer.de und per E-Mail an info@loge-pim.de.

Jacqueline Kurschatke

Die Emmericher Freimaurer sind „ganz normale Männer“: (v. l.) Heinz Wienhofen, Markus Schlegel, Olaf Voss, Sven Voutta und Horst Düttmann. .Foto: privat