Diana (vorne), Tatiana und Nick Steinhauer. Foto: privat
7. Juni 2025 · Geldern

Pflegeplatz gesucht

Tatiana Steinhauer sucht nach der Kündigung des Heimplatzes ein neues Zuhause für ihre Tochter

GELDERN/KREIS KLEVE. Tatiana Steinhauer ist enttäuscht, wütend – erschöpft. Und trotzdem kämpft sie weiter, um ihrer Tochter ein gutes Leben zu ermöglichen. Das Problem: Der Heimplatz der 35-jährigen, an Mukopolysaccharidose leidenden Diana Steinhauer wurde zum 10. Juni gekündigt und alle Versuche, ein neues Heim zu finden, blieben bislang erfolglos. Da die Pflege zu Hause nicht denkbar ist, hofft sie nun auf Hilfe aus der Bevölkerung.

Angefangen hat alles in der Grundschule: Bis dahin ein gewöhnliches Kind, hatte Diana Steinhauer plötzlich mit schulischen Problemen zu kämpfen – häufige Schulwechsel waren die Folge. „Wir wussten nicht, was los war“, erzählt ihre Mutter rückblickend. Jahre später die Diagnose: Mukopolysaccharidose, eine Stoffwechselerkrankung, die einmal unter 70.000 Menschen auftritt und dafür sorgte, dass Diana zunehmend geistig abbaute. „Heute ist sie vollkommen dement“, erzählt Tatiana Steinhauer über ihre Tochter, die heute weder sprechen, noch andere verstehen kann. „Manchmal ist sie da und dann wieder ganz woanders. Das erkennt man an ihren Augen.“ Manchmal erkenne sie auch ihre eigene Mutter nicht mehr. Doch auch ihr Körper und die Organe sind betroffen. „Sie hat ein Herz wie eine alte Dame. Die Ärzte wundern sich, dass sie noch lebt.“

Zwei Kinder, eine Krankheit

Ihr Bruder Nick, 28, leidet ebenfalls an Mukopolysaccharidose, auch wenn die Krankheit noch nicht weit fortgeschritten ist. Diana ist in ihrem Zustand schon länger auf eine vollumfängliche 1:1-Betreuung angewiesen. Bereits mit 20 Jahren wurde sie daher extern gepflegt, zuerst in einer Wohngemeinschaft in Geldern. Als sie dort immer wieder unbemerkt verschwand, verlegte man sie in ein geschlossenes Heim in Goch. Doch auch dort sei das Personal irgendwann mit ihr überfordert gewesen, erzählt Tatiana Steinhauer. Die Untersuchungen und Tabletten-Umstellungen in Bedburg-Hau hätten daran nichts ändern können. „Also habe ich nach einem neuen Heim gesucht, aber überall hieß es ‚Nein.“, erläutert Steinhauer. „Für das Altenheim war sie zu jung, für Jugendheime zu alt. Dazwischen gab es nichts“.

Schließlich entstand über Dianas Cousine der Kontakt zu einer Einrichtung in Wachtendonk, wo sie seit August 2024 lebt. „Der Anfang war natürlich schwierig, Diana muss sich immer erst eingewöhnen, immerhin wusste sie gar nicht, wo sie ist.“ Neue Umgebungen seien für Demenzkranke das Schlimmste – und das führe auch schnell zu Aggressivität. Diana war da keine Ausnahme und genau das sei laut Steinhauer für die Heimleitung einer der Gründe gewesen, den Platz vor kurzem zu kündigen.

Neben sich selbst habe Diana nämlich auch andere Bewohner verletzt, es folgten Beschwerden der Angehörigen. Für diese Problematik und die Lage der Heimleitung zeigt sich Tatiana Steinhauer verständnisvoll. Das gilt jedoch nicht dafür, keine bessere Lösung gefunden zu haben, als kurzfristig zu kündigen – den Brief vom 20. Mai mit der Kündigung für den 31. Mai habe sie am 24. des Monats im Briefkasten entdeckt. Was sie ebenfalls nicht versteht: „Zwei Pfleger sagten mir, sie hätten nie Probleme mit Diana gehabt. Warum kommen sie zurecht, aber alle andere nicht?“

Aus ihrer Sicht habe Diana außerdem nicht ausreichend Zeit bekommen, um sich nach ihrem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Bedburg-Hau wieder in Wachtendonk einzugewöhnen, um ihre Angst zu überwinden. „Stattdessen wurde sie drei Tage nach ihrer Rückkehr wieder zurück nach Bedburg-Hau geschickt.“ Auch Tipps aus Bedburg-Hau für den Umgang mit Diana seien nicht umgesetzt worden. „Es hieß, es herrsche Personalmangel und das vorhandene Personal sei für diesen Fall nicht ausgebildet.“ Was sie besonders enttäuscht: Für den Fall, dass die Pflege nicht mehr möglich sein sollte, habe man ihr bereits früh Hilfe bei der Suche nach Alternativen zugesichert – die habe es bislang aber noch nicht gegeben.

Dringliche Suche

Somit blieb es bei der Kündigung. Tatiana und Diana Steinhauer stellt das nun vor große Probleme. Denn auch wenn sich die Frist durch sofortigen Widerspruch bis zum 10. Juni verlängern ließ, führte bislang keine der Anlaufstellen zum Erfolg, weder Beratungsstellen noch Heime. „Viele kennen die Diagnose nicht. Sie wissen nicht, wie sie damit umgehen müssen“, vermutet Steinhauer einen der Gründe dafür.

Die Pflege zu Hause sei keine Option, erklärt Steinhauer. Nicht nur, weil sie sich seit dem Tod ihres Mannes in 2012 allein um ihre Kinder kümmert. Neben unzureichenden räumlichen Möglichkeiten dürfe sie auch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schwer heben. Eine Pflege daheim 24/7 würde sie außerdem dazu zwingen, ihre geliebte Arbeit als Kindertagespflegerin aufzugeben – was ihren finanziellen Ruin bedeuten würde. Somit kämpft Tatiana Steinhauer dieser Tage mit zunehmender Verzweiflung, die sich auch gesundheitlich niederschlägt: Zittern, Unwohlsein, „das sind wohl meine Nerven“, sagt Steinhauer. „Ich weiß einfach nicht, wo ich meine Tochter unterbringen kann.“ Auch die Ansprechpartner gehen ihr mittlerweile aus. An wen sie sich noch wenden könnte, wissen mittlerweile offenbar auch die Experten nicht mehr: „Das müssen sie unsere Regierung fragen,“ habe es bei einer Beratungsstelle auf diese Frage geheißen.

Trotzdem: Aufgeben ist für Tatiana Steinhauer keine Option. „Ist die Mutter stark, sind die Kinder stark“, ist sie sich sicher. Sie möchte ihre Kinder gut aufgehoben wissen, auch für den Tag, an dem sie vielleicht nicht mehr da ist, um für sie zu sorgen. Umso größer ist heute ihr Wunsch, dass sich die Situation in den Heimen verbessert. Um ihren Teil dazu beizutragen und ihren Kindern und anderen Heimbewohnern Freude zu schenken, plant sie für September, sich zum Klinik-Clown fortzubilden. Damit folgt sie ganz nebenbei dem Rat, den ihr die Ärzte einst gaben: das Leben mit ihren Kindern zu leben.

Ganz allein ist Tatiana Steinhauer bei alledem aber auch nicht, betont sie: „Meine Familie und Freunde, die Nachbarschaft, die Theatergruppe und sogar mein Steurberater sind für mich da, wo sie nur können. Dafür bin ich sehr dankbar, das gibt mir Kraft.“

Zugleich hofft sie, nun von außerhalb noch weitere Ideen und Vorschläge für eine schnelle und bedarfsgerechte Unterbringung ihrer Tochter in der Region zu bekommen. Wer dabei helfen kann, wendet sich gerne direkt an Tatiana Steinhauer unter Telefon 02831/89449. Dabei muss es nicht zwingend um einen Heimplatz gehen, auch eine Pflegewohnung wäre denkbar. „Zwei Pflegerinnen, die die Aufgabe übernehmen würden, habe ich bereits gefunden“, verrät Tatiana Steinhauer.

Diana (vorne), Tatiana und Nick Steinhauer. Foto: privat