Paul Panzer kennt die Vorteile des Handwerks gut. Foto: publiks
4. Oktober 2025 · Niederrhein

Paul Panzer über das Handwerk: Für’s Leben lernen

Im NN-Interview spricht der Comedian über die Vorteile des Handwerks und das Besondere an Videospielen

NIEDERRHEIN. Wer die Schule hinter sich hat, steht vor der Qual der Wahl: Wohin soll es beruflich gehen? Egal welchen Weg man wählt, man lernt dabei immer auch für’s Leben – selbst, wenn man das als junger Erwachsener nicht immer glauben mag. Einer von denen, die es wissen müssen, ist der Comedian Paul Panzer. Der gelernte Schweißer spricht im NN-Interview über seine Ausbildung, warum sie für ihn auch heute noch die richtige Entscheidung wäre und welche Rolle Videospiele in seinem Leben spielen. Herr Panzer, Sie sind ja gelernter Schweißer: Wie sind Sie damals zu dieser Ausbildung gekommen?

Paul Panzer: Ich komme ja aus einer Handwerkerfamilie, mein Vater war Schmied. Ich hatte zwar andere Ideen – wie das so ist, wenn man jung ist – aber mein Vater meinte dann: „Du kannst machen, was du willst, aber du machst erst eine anständige Ausbildung.“ Dann habe ich bei der Rheinbraun, heute RWE, die Lehre zum Schweißer gemacht.

Wie ist die Ausbildung damals eigentlich verlaufen? Und wenn sie Ihnen damals auferlegt wurde: Haben Sie sie überhaupt noch in guter Erinnerung?

Panzer: Das ist ja leider immer das Paradoxe. Wenn man jung ist und gerade von der Schule kommt mit 17 oder 18 Jahren, hat man so seine Vorstellungen, Ideale und Visionen und dann holt einen die Realität ein und man muss erst mal lernen. Man versteht dann eben die Dinge unter Umständen nicht so, wie sie eigentlich sind: Nämlich, dass jedes Lernen irgendwas bringt. Ich hatte schon Tage, an denen ich dachte: „Boah, was für ein Mist. Ich hab keine Lust.“ Also ganz normal jugendlich eben. Ich hab’s dann aber durchgezogen. Es war eine gute Ausbildung und ich habe viel gelernt. Wie gesagt, während man das lernt, erfasst man das so nicht. 30 Jahre später bin ich total froh, dass ich‘s gemacht habe, weil ich auch über die Ausbildung hinaus einfach ein paar Dinge gelernt habe: Wenn du was anfängst, mach es fertig. Und wenn du an etwas arbeitest, dann mach es genau und mach es ordentlich. Das sind Metaebenen, die man wie gesagt als Jugendlicher gar nicht erfasst. Da musst du drei Tage lang irgendwelche geraden Metallstücke zusammenschweißen und du erkennst den Sinn nicht, aber der ist schon da.

Können Sie denn heute mit der Tätigkeit an sich noch etwas anfangen, also mit dem Schweißen? Zum Beispiel für zu Hause? Haben Sie diesbezüglich auch etwas für’s Leben gelernt?

Panzer: Ja, total! Ich habe tatsächlich eine Metallwerkstatt, wo mein Vater mit 85 immer noch rumhängt und die Leute nervt. Ich baue mein Bühnenbild ja selber und auch das Bühnenbild zu „Schöne neue Welt – welcome to hell“ habe ich mit meinen Leuten hier selbst gebaut. Das sind Riesenbuchstaben. Die sind über drei Meter groß, aus Metall, die sind elektrifiziert, da musste ne Statik für gemacht werden, da musste geschweißt werden, da musste gestrichen werden. Da kommt mir das natürlich zugute, weil ich einfach weiß, wie das geht.

Dann weiß man am Ende doch, wofür man es gemacht hat.

Panzer: Ja, manchmal erkennt man die Dinge erst dann, wenn man nicht mehr mit einem Sinn gerechnet hätte.

In diesem Sinne: Würden Sie sich, wenn Sie heute noch mal als Jugendlicher neu starten würden, mit Ihrem Wissen nochmals für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden? Vielleicht auch für diese hier?

Panzer: Ja, unbedingt! Als Jugendlicher denkst du ja komplett anders und das verstehe ich auch und das ist ja auch gut so. Aber mit dem Wissen von heute, wenn ich wüsste, was dann kommen würde oder könnte, dann würde ich es auf jeden Fall wieder machen. Ich will jetzt nicht andere Berufe schmälern, aber für mich ganz subjektiv hat Handwerk irgendwie all das, was man für das Leben braucht. Deswegen liebe ich das Handwerk auch so.

Jetzt sind Sie ja schon längst ein etablierter Comedian. Wie sind Sie nach der Ausbildung zur Bühne gekommen?

Panzer: Ja, das war, wenn man so will, die Übergangsphase zwischen „Du machst aber jetzt eine Handwerksausbildung“ und den eigenen Ideen à la „Ich will aber verrückte Dinge tun und Tierforscher werden wie Heinz Sielmann oder beim Radio arbeiten, zum Fernsehen gehen oder U-Boot-Fahrer werden.“ All der Scheiß, den man als Jugendlicher so hat (lacht). Ich habe diese Ziele parallel schon ein bisschen verfolgt. Ich habe damals neben der Arbeit begonnen, Dinge zu machen und beim Lokalradio angefangen. Und so hat sich das entwickelt. Zuerst war es 90 Prozent Handwerk und zehn Prozent nebenbei. Das hat sich dann im Laufe der Jahre und Jahrzehnte umgekehrt. Jetzt ist es 90 Prozent der verrückten Dinge und zehn Prozent Handwerk.

Stichwort Entwicklung: Ich habe gesehen, Sie hatten zwischenzeitlich auch auf Twitch Videospiele gestreamt. Wie kam es denn dazu?

Panzer: Ja, das war ganz lustig. Ich bin ja mit dem Kaya Yanar befreundet. Der hat schon länger auf Twitch gestreamt und das während der Coronazeit entwickelt, als keine Auftritte möglich waren. Während ich geschweißt habe, hat er sich auf Twitch eine Community aufgebaut. Wir sind ja ungefähr der gleiche Jahrgang und meine Jugend bestand auch sehr viel aus Zocken und Computer. Und da sagte er: „Ach, komm, lass uns das doch mal zusammen machen“ und ich sagte: „Nee, ich find das irgendwie komisch und dann gucken dir die Leute zu…“ – was natürlich das Prinzip dahinter ist – und irgendwann habe ich es dann doch gemacht. Es hat auch total Spaß gemacht und, wenn ich dem Kaya glauben kann, war das auch total erfolgreich, weil die Älteren das sowieso gut fanden und die Jüngeren das ein bisschen als Retro abgefeiert haben. Aber dann ging es schon wieder los mit den Auftritten und den normalen Dingen. Und so bin ich dann leider: Wenn ich etwas eine längere Zeit gemacht habe, dann muss was passieren, muss sich etwas verändern, muss was Neues kommen. Wenn ich in ein Hamsterrad komme, egal mit was, dann heißt es irgendwann: „Ich hab keine Lust mehr.“ Aber wir haben uns vorgenommen, es noch mal zu machen. Er fragt mich immer: „Wann machen wir das noch mal?“ Und ich sage dann immer: „Im Winter.“ Und wenn dann Winter ist, sage ich: „Ja, ja, im Sommer!“. Ich glaube aber, dass wir es irgendwann noch mal machen!

Haben Sie denn privat auch noch Zeit zum Zocken? Wenn ja, was spielen Sie?

Panzer: Ja, klar! Ich bin total begeistert, was das angeht. Ich habe ja auch meinen Sohn „Bolle“ und der ist auch in dem Alter. Das ist ganz cool, denn nie fiel mir die Vaterrolle leichter (lacht). Es gibt halt Schlimmeres, als mit dem Sohn zu zocken. Wenn wir dann spielen, immer gerne in der Wiederholung Dinge, die gleich sind. Also Battlefield zum Beispiel, da kommt ja demnächst das Neue raus und da gab es den Early Access, das haben wir gespielt. Wir spielen auch das alte Battlefield und Call of Duty. Wir probieren alles Mögliche aus oder spielen Spiele, die mein Sohn gespielt hat, als er noch jünger war. Minecraft steht bei uns immer ganz hoch im Kurs, das ist auch mein persönlicher Favorit. Aber wie gesagt, spielen wir auch andere Sachen: Dont’t starve, irgendwelche Autorennen… wie spielen alles!

Das ist bestimmt auch ganz entspannend für Sie, mal vom Touralltag abzuschalten.

Panzer: Ja, und ich mache was mit meinem Sohn zusammen. Es gibt ja viele, die jetzt nicht so in der Computerspielwelt sind. Auch viele Eltern. Aber ich finde, das ist auch ein total soziales Ereignis. Natürlich: Wenn man allein in der Kammer sitzt und 24 Stunden am Tag spielt, ist das nicht gesund. Aber wenn ich mal eine Stunde neben meinem Sohn sitze, beide auf dem Fußboden mit einer Tüte Chips und wir zocken dann im Splitscreen, hat das ja schon eine soziale Komponente. Von daher bin ich immer pro Gaming.

Wo wir gerade beim Thema Gaming sind, was vor allem online auch ein paar Schattenseiten hat: Dazu passt ja ganz gut der Name Ihres neuen Programms „Schöne neue Welt – welcome to hell“. Das klingt ja ein bisschen düster. Hat das Weltgeschehen aus Ihnen einen Pessimisten gemacht? Was erwartet die Leute bei Ihrer Show, worum geht es?

Panzer: Pessimist war ich ja eigentlich schon immer. Ich bin halt ausgestattet von Geburt an mit so einer Grundmelancholie. Mir gefällt das einfach. Das war ja schon beim letzten Programm „Apaulkalypse“. Mir gefallen einfach diese Vorstellungen, diese dystopischen Welten, auch wenn ich Filme gucke oder Spiele spiele. Das spielt da immer mit rein. Es macht einfach Spaß, sich die Katastrophen vorzustellen und mich darin aufzuhalten. Ich hatte nach Apaulkalypse wirklich vor, ein etwas positiveres Bild über die Welt und die Menschen zu zeichnen, aber dann habe ich den Fernseher angemacht und dann war klar: Ok, das macht gar keinen Sinn mehr (lacht). Da können gerne andere drüber sprechen, aber ich habe großen Spaß daran und die Leute, die bisher das Programm gesehen haben, halt auch. Denn gelacht werden soll trotzdem und ich hebe das natürlich auf so eine Ebene, dass man sich kaputtlacht, auch wenn es manchmal thematisch zum Heulen wäre.

Jetzt geht die Tour auch zwei Mal nach Duisburg, wo Sie nicht das erste Mal zu Gast sind. Wie fühlt man sich eigentlich als Rheinländer im Ruhrgebiet?

Panzer: Die Rheinländer und die Ruhrpottler habe ich immer wie Stiefbrüder gesehen. Keine Ahnung, es fühlt sich immer gut an, aber anders. Ich hab ja bei der Rheinbraun gelernt, also Braunkohle, und der Ruhrpott war natürlich eher Steinkohle, also der Tiefbau und ich war im Hochbau. Aber trotzdem hat man da ein großes Verständnis und große Sympathie für die ganzen Kumpel und als dann auch diese Ära zu Ende ging, habe ich das, auch wenn das umweltpolitisch vielleicht nötig ist, mit großer Trauer und großer Melancholie verfolgt. Also das Ruhrgebiet ist schon ein Ort, an dem ich total gerne bin und wo ich auch gerne gesehen bin.

Klingt ein bisschen wie nach Hause kommen.

Panzer: Ja, das ist auch ein bisschen so. Und von der Mentalität her sind der Rheinländer und der Ruhrpottler nicht ganz so verschieden. Der Rheinländer quatscht vielleicht ein bisschen mehr und der Ruhrpottler ist ein bisschen mehr hemdsärmelig, aber wie gesagt: Ich mag beide sehr.

Als Kind litten Sie ja tatsächlich unter einem – mittlerweile längst therapierten – Lispeln: Wie kam es dazu, dass Sie sich als Comedian einen Sprachfehler – wenn auch nur für die Show – antrainiert haben?

Panzer: Die Figur kam ja ursprünglich aus dem Radio. Ich hab früher auch sehr viel Hörspiel gemacht und da hat man halt einen hohen Verschleiß an Charakteren. Da war irgendwann mal der Paul dabei. Und man hat im Radio oder Audio-Bereich ja nur diese Ebene, um Charaktere zu unterscheiden. Es ist ja alles nur das, was man hört. Dann habe ich mich daran ein bisschen erinnert, aber ich wollte auch eine Figur haben, die nicht perfekt ist, sondern eine Schwäche hat. Weil wir alle eine Schwäche haben, weil niemand perfekt ist. Ich wollte nicht audiomäßig den Supertypen haben, sondern jemanden, der einen Makel hat, weil ich das menschlich finde. Das war immer die Intention. Ich wollte damit nie jemanden beleidigen oder mich über Menschen lustig machen, die unter einem Sprachfehler leiden. Überhaupt nicht. Ich wollte dem eher eine Bühne geben und sagen: Ja, na und? Dann gibt es eben Leute mit Sprachfehler. Scheißegal. Deswegen kann man trotzdem ein cooler Typ sein.

Sichtbarkeit ist ja auch heute ein aktuelles Thema. Und für Sie war, könnte ich mir vorstellen, ein netter Nebeneffekt, dass Sie damit eben auch ein Markenzeichen haben.

Panzer: Stimmt, so weit hatte ich gar nicht gedacht. Wobei, – auch wenn das nicht die Frage war – ich habe irgendwann etwas durch Zufall beobachtet: Ich bin ja älter geworden, vielleicht auch reifer, vielleicht auch ein bisschen schlauer, vielleicht auch weniger schlau, aber man verändert sich ja. Und wenn ich mir den alten Paul vor – ich glaube, ich hatte meinen allerersten Auftritt vor 23 Jahren – anschaue und den Paul heute, liegen da Welten zwischen. Er ist viel ernster geworden und kurioserweise ist auch der Sprachfehler im Laufe der Zeit immer weniger geworden. Im aktuellen Programm habe ich ihn fast gar nicht mehr oder gar nicht mehr, weil ich dachte: Ach, das braucht der jetzt nicht mehr. Vor 20 Jahren war Paul komplett Nonsens und schrill und grell und buntes Hemd, was ich auch nicht mehr anhabe. Es ist schon etwas gediegener geworden. Letztens meinte ein Kollege von mir: „Du bist ja eigentlich kein Comedian mehr, du bist ja schon Kabarettist.“ Dann habe ich natürlich erst mal Angst gekriegt, weil ich dachte: Oh, jetzt muss ich sparen! Aber alles gut, es hat sich eben verändert. So ist die Welt. Stillstand ist der Tod. Kling nach Abreiß-Kalenderspruch, aber ein bisschen was ist schon dran.

Verlosung

Die NN verlosen 2 x 2 Tickets für „Schöne neue Welt - welcome to hell“ am 11. Oktober in Duisburg. Einfach eine E-Mail mit Name, Anschrift, Telefonnummer und dem Betreff „Paul Panzer“ an gewinnspiel@nn-verlag.de senden. Einsendeschluss ist der 7. Oktober. Die Namen der Gewinner werden unter www.niederrhein-nachrichten.de veröffentlicht.

Paul Panzer kennt die Vorteile des Handwerks gut. Foto: publiks