NRW und Niederlande stärken Hochwasserschutz
Gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit in Rees unterzeichnet
REES/NIEDERRHEIN. Nordrhein-Westfalen und die Niederlande setzen ihre enge Zusammenarbeit im Hochwasserschutz fort. Darauf haben sich die Partner bei der 8. Deutsch-Niederländischen Hochwasserkonferenz in Rees verständigt. Umweltminister Oliver Krischer und Direktor-General Jaap Slootmaker unterzeichneten die gemeinsame Erklärung, die die Zusammenarbeit für die nächsten sechs Jahre festschreibt.
Die Kooperation besteht seit 1997. Sie wurde in der Folge der beiden Rheinhochwasser 1993 und 1995 angestoßen, um Austausch und Zusammenarbeit zu stärken. Inzwischen gilt die Kooperation europaweit als Vorbild dafür, wie grenzüberschreitender Hochwasserschutz funktionieren kann.
Im Mittelpunkt der Konferenz standen aktuelle Herausforderung für den Hochwasserschutz entlang der deutsch-niederländischen Grenze. Die Partner betonten, wie wichtig abgestimmtes Handeln ist – gerade in Zeiten des Klimawandels, häufiger Extremwetter und steigender Hochwasserrisiken. „Hochwasser macht nicht an Landesgrenzen halt. Darum brauchen wir Lösungen, die einen optimalen Hochwasserschutz für Ober- und Unterlieger schaffen sowie gemeinsam gedacht und umgesetzt werden. Mit der heutigen Vereinbarung stärken wir den Schutz für hunderttausende Menschen im deutsch-niederländischen Grenzraum. Wir freuen uns, dass diese Kooperation seit bald 30 Jahren besteht und eine Konstante in den engen Beziehungen zu unseren Nachbarn geworden ist“, sagte Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr von Nordrhein-Westfalen.
Robert Tieman, niederländischer Minister für Infrastruktur und Wasserwirtschaft, freute sich ebenfalls über die Erneuerung der Zusammenarbeit: „Es ist entscheidend, dass die Niederlande und Nordrhein-Westfalen ihre Pläne im Bereich der Wassersicherheit eng aufeinander abstimmen. Eine Überschwemmung oder ein Deichbruch auf der einen Seite der Grenze kann direkte Auswirkungen auf die andere Seite haben. Deshalb arbeiten wir seit 30 Jahren so eng zusammen – und ich muss sagen, in einem ausgesprochen guten Einvernehmen.“
„Und weil die niederländischen und deutschen Deichverbände den Hochwasserschutz in ihrer Verantwortung vor Ort umsetzen, sehe ich es als Wertschätzung dieser wichtigen Arbeit und als Motivation für die Zukunft, dass diese Organisationen bei der Zusammenarbeit mitzeichnen können“, ergänzte Holger Friedrich vom Arbeitskreis für Hochwasserschutz und Gewässer in NRW (AKHuG). Mehr noch: Es sei eine Wertschätzung „derer, die in sich in Ehrenamt und Hauptamt für den Hochwasserschutz engagieren und die im Hochwasserfall auf den Deichen stehen – auch an Weihnachten und Silvester – und für den Schutz sorgen.“ Die Deichverbände tragen laut Friedrich nicht nur die Verantwortung, „sie bringen den Hochwasserschutz auf die Straße“. Die Vereinbarung unterstütze und motiviere sie in ihrer Arbeit.
Der AKHuG ist ein Zusammenschluss aller hochwasserschutzpflichtigen Deichverbände und Städte am Rhein und der wasserwirtschaftlich tätigen Wasser- und Bodenverbände im Hinterland.
Konkret wird die Zusammenarbeit in der deutsch-niederländischen Hochwasserschutz-Arbeitsgruppe. Wer Abläufe, Zuständigkeiten und Ansprechpartner kennt, kann im Ernstfall schneller reagieren und gemeinsam handeln. Deshalb finden regelmäßig Fachgespräche zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Hochwasser- und Katastrophenschutz statt. Außerdem führt die Arbeitsgruppe seit vielen Jahren gemeinsame Untersuchungen durch – immer mit dem Ziel, Risiken früh zu erkennen und Schutzkonzepte abzustimmen. Dazu zählen unter anderem Studien zu grenzüberschreitenden Auswirkungen von extremem Hochwasser am Niederrhein oder zum Überflutungsrisiko von grenzüberschreitenden Deichringen.
Aktuell untersucht ein Verbund aus mehr als zehn Institutionen unter Leitung der HAN University of Applied Sciences (NL), wie sich das deutsche und niederländische Hochwasserschutzmanagement unterscheidet – und wie beide Systeme voneinander lernen können.
Die Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe, der Holger Friedrich seit 25 Jahren angehört und an der er mehrmals im Jahr in den Niederlanden und in Deutschland als Vertreter der Deichverbände persönlich teilnimmt, ist geprägt von Vertrauen und gegenseitigem Respekt. Die guten Kontakte über die Grenze hinweg seien „lebenswichtig, ja überlebenswichtig“.
So war es Holger Friedrich, der aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Deichverband Bislich-Landesgrenze ein Mann aus der Praxis ist, immer ein persönliches Anliegen, aktiv auf die schwierigen und verzögerten Deichsanierungen in Deutschland hinzuweisen. „Wenn man die unterschiedlichen bürokratischen Abläufe, Hemmnisse und Gerichtsurteile nicht kennt, könnte der falsche Eindruck entstehen, dass wir diese lebenswichtige Aufgabe nicht ernst genug nehmen“, ist sich Friedrich sicher. „Aber sollte es dann auch zu Deichbaumaßnahmen gekommen sein, habe ich mit Baustellenbesichtigungen auf deutscher Seite über unsere sehr professionelle Art der Deichsanierung, hier insbesondere der Aufbau unserer Drei-Zonen-Deiche, berichten können“, sagt Friedrich weiter.
Die Schaffung von Retentionsräumen ist immer von beidseitigem Interesse. So stimmen Deutschland und die Niederlande schon frühzeitig große Rückhalteräume eng ab, beispielsweise auf Ebene der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR). Ein Beispiel aus dem IKSR-Programm Rhein 2040 ist der geplante und in diesem Jahr genehmigte Retentionsraum Köln-Worringen, der bei Hochwasser riesige Wassermengen aufnehmen soll. Er verringert nicht nur die Hochwasserspitzen am Rhein auf deutscher Seite, sondern entlastet flussabwärts bis in die Niederlande.
Auch in Rees entsteht ein solches Projekt. Der Polder Lohrwardt wird derzeit in einen gesteuerten Rückhalteraum überplant, der dann ebenfalls links- und rechtsrheinisch am Niederrhein und auch bis in die Niederlande seine Wirkung haben soll. Ein weiteres geplantes Projekt ist der Polder Orsoy-Land, dieser „Notpolder“ soll bei Rheinberg-Orsoy entstehen.
Unterzeichnung im Rees Bürgerhaus: Vertreter aus Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden fixieren die weiter enge Zusammenarbeit im Hochwasserschutz. Foto: D-NL Arbeitsgruppe Hochwasser am Rhein