
Kalkars Bürgermeisterin Britta Schulz: „Wir sind ein ganzes Stück vorangekommen“
Die Amtszeit von Bürgermeisterin Britta Schulz war prägend, aber auch bunt
KALKAR. Drei Blazer habe sie sich nach der Wahl zur Kalkarer Bürgermeisterin gekauft. „Ich habe sie auch an den ersten Tagen im Rathaus getragen, aber ich habe schnell gemerkt: Da fühle ich mich nicht wohl drin. Das bin ich einfach nicht“, erinnert sich Britta Schulz. Die Blazer habe sie also schnell wieder in ihren Kleiderschrank zurückgehängt und sie dort gelassen. Geschadet hat ihr das nicht – ganz im Gegenteil: Sie setzte nicht nur mit ihren meist farbenfrohen und stets modischen Outfits Akzente („Die Bürgermeister-Konferenz im Kreis Kleve habe ich definitiv bunter gemacht“). In Schulz‘ insgesamt zehnjähriger Amtszeit fielen auch wichtige und richtungsweisende Entscheidungen wie der Umbau des Kalkarer Marktplatzes, der „Ringtausch“ im Kalkarer Schulzentrum oder der Neubau des Bau- und Betriebshofes. Dabei sah der Lebensplan der promovierten Agrarwissenschaftlerin und Mutter von inzwischen vier erwachsenen Kindern eigentlich nie vor, überhaupt Bürgermeisterin zu werden.
„Bis heute denke ich manchmal: Das kann nicht wirklich wahr sein, dass ich die Bürgermeisterin bin. Vor der Wahl 2015 hatte damit ja auch keiner gerechnet“, erinnert sich Schulz. Es sei aber eine gewisse „Wechselstimmung“ in der Stadt zu spüren gewesen. Die Stimmung im Rat sei schlecht gewesen – auch weil die CDU stark dominiert habe und Entscheiden alleine habe treffen wollen. „Ich bin ja damals auch aus der CDU ausgetreten, weil ich unzufrieden war“, sagt die 66-Jährige. Die Wählergemeinschaft Forum Kalkar habe sich deshalb gegründet. „Und ich war nunmal das Gesicht des Forum Kalkar. Ich habe mir damals gedacht: Ich kann nicht nur rumnörgeln – und dann wurde ich gewählt“, sagt Schulz. Erst sprachen sich die Mitglieder der Wählergemeinschaft intern für Schulz als Bürgermeisterkandidatin aus, im September 2015 folgten dann die Kalkarer Bürger, die Schulz zur ersten Bürgermeisterin der Stadt machten und den damaligen Bürgermeister Gerhard Fonck (CDU) nach 16 Jahren im Amt abwählten.
Leicht seien die ersten fünf Jahre ihrer ersten Amtszeit allerdings nicht gewesen. „Das fing schon damit an, dass ich eine Einarbeitung hatte, die keine war. Fonck und ich hatten ein 30-minütiges Gespräch – das war’s“, erinnert sich die gebürtige Mönchengladbacherin. Die ersten Wochen und Monaten seien auch deshalb nicht leicht gewesen. „Ich wusste abends oft nicht mehr, mit wem ich morgens gesprochen hatte – und war wirklich völlig fertig“, berichtet Schulz. Doch sie arbeitete sich immer weiter in die verschiedenen Thematiken ein. In der Verwaltung sei sie von Anfang an gut aufgenommen worden. „Das war immer ein sehr schönes Miteinander. Ich habe meinen Mitarbeitern auch immer vertraut und sie ein Stück weit machen und selbstständig arbeiten sowie Ideen entwickeln lassen“, sagt Schulz. Damit sei sie in den vergangenen zehn Jahren gut gefahren.
Deutlich schwerer habe es ihr allerdings der Rat gemacht. „Die Politik kann schon echt nerven. Dabei geht es doch eigentlich nicht um Ideologien. Wenn ich ein Loch in der Straße habe, muss ich doch zusehen, wie wir es zu machen. Aber stattdessen ging es dann erstmal darum, ob wir es überhaupt zu machen müssen. Da habe ich mir oft gedacht: Das kann doch nicht sein. Da habe ich mich sicherlich auch in der ersten Zeit zu sehr provozieren lassen, anstatt einfach mal den Mund zu halten“, meint Schulz. Nach einiger Zeit sei ihr das aber immer besser gelungen – auch dank Martin Lindau, Personalleiter im Kalkarer Rathaus. „Er hat mir während der Ratssitzungen oft einen Zettel zugeschoben auf dem stand: Ruhigbleiben. Zurücklehnen. Das hat wirklich geholfen“, verrät Schulz. Zudem könne sie von Natur aus Angriffe oder andere Sachen schnell wieder abschütteln: „Das war sicherlich auch wichtig.“
Insgesamt hätten ihr die ersten fünf Jahre ihrer Amtszeit aber deutlich mehr Nerven gekostet als die zweiten fünf Jahre. „Im zweiten Durchgang war das nicht mehr so. Da lief die Arbeit im Rat deutlich besser, aber da waren auch andere Leute dabei“, sagt Schulz. Rückendeckung bekam sie 2020 allerdings auch von der Bevölkerung, die sie direkt im ersten Wahlgang mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigten. „Die Wiederwahl war mir enorm wichtig. Fünf Jahre sind einfach nichts, um etwas zu erreichen. Deshalb war die zweite Amtszeit notwendig. Ich wollte Ergebnisse sehen – und das ist mir ein Stück weit gelungen. Wir sind ein ganzes Stück vorangekommen“, sagt Schulz. Die Umgestaltung des Kalkarer Marktplatzes, der „Ringtausch“ im Kalkarer Schulzentrum und der damit einhergehenden Modernisierung seien natürlich die größten Projekte gewesen. Besonders gefreut habe sie sich aber über den Neubau des städtischen Bau- und Betriebshofes. Denn um den zu erreichen, musste Schulz einige politische Bretter durchbohren. „Bei Schulen ist es einfacher etwas zu erreichen, denn da geht es ja um unsere Kinder. Bei den Mitarbeitern der eigenen Stadt ist das etwas anders – und das obwohl die Unfallkasse den vorherigen Bauhof schon beanstandet hatte“, erinnert sich Schulz. Am Ende fand der Rat aber dann doch eine Einigung und entschied sich für den Neubau des städtisches Bau- und Betriebshofes, der 2024 bezogen werden konnte.
Am liebsten seien Schulz aber immer die Gespräche mit den Bürgern gewesen. „Das habe ich unglaublich gerne gemacht. Ich habe den Kontakt zu ihnen auch bei Festen oder anderen Veranstaltungen immer sehr gemocht“, sagt Schulz, die bei einer Beschwerdemail eines Bürgers auch immer gerne selbst zum Telefon griff, anstatt eine vielleicht am Ende des Tages sogar unglücklich formulierte E-Mail zu versenden: „Da hatte ich bei den meisten schon direkt einen Stein im Brett. Sie haben sich gefreut, dass sie die Bürgermeisterin persönlich anruft. Das hatten sie wohl nie erwartet.“
Nach zwei Amtszeiten und zehn Jahren sei nun aber der richtige Zeitpunkt gekommen, das Amt weiterzugeben. „Wenn ich noch zehn Jahre jünger wäre, hätte ich vielleicht weitergemacht. Aber ich glaube auch, dass man irgendwann auch nicht mehr so kritikfähig ist und selbstgefällig wird, und das wollte ich nie. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt da, um aufzuhören“, meint Schulz. Am 31. Oktober wird ihr letzter Arbeitstag sein. Mit ihrer Nachfolgerin Alexandra Schacky (CDU) hat sie bereits ein Übergabegespräch geführt – und das habe deutlich länger gedauert als ihres vor zehn Jahren mit ihrem Amtsvorgänger. Doch der vielleicht holprige Start schadete Britta Schulz schlussendlich nicht – ebenso wenig wie ihr meist farbenfroher und stets modischer Kleidungsstil, den sich die promovierte Agrarwissenschaftlerin auch als Bürgermeisterin nicht nehmen ließ: „Ich bin einfach ich selbst geblieben.“
Sabrina PetersKalkars scheidende Bürgermeisterin Britta Schulz setzte gerne auf modische Farbakzente, aber auch auf Bürgernähe und sachlichen Austausch. NN-Foto: SP