
Hindernisse beim Solarausbau: Landesverband äußert Kritik
Landesverband Erneuerbare Energien übergibt Landesumweltminister Vorschläge für Gesetzänderungen
Zwar gibt es in NRW bei der Solarleistung in 2024 einen Zuwachs von 2.000 Megawatt zu verzeichnen, jedoch geht diese Zahl größtenteils auf private Dächer zurück. Bei Ansätzen wie Floating-PV-Anlagen – also schwimmenden Solarparks – sei der Ausbau aufgrund unzureichender Rahmenbedingungen noch stark verbesserungswürdig, kritisiert der LEE. Das belegen auch die Zahlen: Ende 2024 kam NRW auf gerade einmal sechs schwimmende PV-Anlagen bei einer Gesamtleistung von rund 14 Megawatt. Wenngleich das Interesse der Unternehmen groß sei, behindere die derzeitige Gesetzeslage den wirtschaftlich effektiven Ausbau derartiger Anlagen.
Dabei bezieht man sich beim LEE vor allem auf das 2022 mit dem „Osterpaket“ veränderte Wasserhaushaltsgesetz (WHG): Demnach dürfen die Solarmodule bei einem Mindestabstand von 40 Metern zum Ufer lediglich 15 Prozent der Wasserfläche bedecken. „Diese restriktiven Vorgaben schränken das Potenzial schwimmender Solarparks in einem Maße ein, dass sich viele Projekte wirtschaftlich nicht rechnen“, kritisiert der LEE-Vorsitzende Hans-Josef Vogel. Außerdem entsprächen die gesetzlichen Begrenzungen nicht dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot. Dabei seien viele der künstlichen Gewässer wie Baggerseen, Kiesgruben und Talsperren von der Nutzung her noch unberührt. „Dieses Potenzial dürfen wir nicht ungenutzt lassen“, sagt Vogel. Auf diese Weise ließe sich außerdem etwas vom Konkurrenzdruck zum Beispiel auf Ackerflächen nehmen. Darauf geht der Brief an das Ministerium ebenfalls ein: „Floating-PV-Anlagen bieten den Vorteil, dass die Solarmodule einfach auf der Wasseroberfläche installiert werden können und durch die Kühlung des Wassers eine höhere Effizienz aufweisen. Somit können neue Flächenpotenziale erschlossen werden, ohne dass eine Nutzungskonkurrenz zu landwirtschaftlichen Flächen oder Bauland entstünde“, heißt es darin.
Übergabe in Wachtendonk
Mit dem Brief, den Hans-Josef Vogel und Paula Backhaus vom Gesamtvorstand des LEE NRW in Wachtendonk direkt an Landesumweltminister Oliver Krischer überreichten, weist der Landesverband die Politik auch auf konkrete Projekte hin, deren Umsetzung derzeit durch die Gesetzeslage verhindert wird. Deshalb schlägt der LEE nicht nur eine Korrektur des WHG vor, sondern außerdem, die Installation von Floating-PV auf künstlichen Gewässern im Bundesbaugesetz zu privilegieren. „Das würde die Planung und die Genehmigung solcher Vorhaben erheblich erleichtern“, sagt Backhaus.
Auch in Wachtendonk haben die Entscheidungsträger mit Blick auf die guten Voraussetzungen das Potenzial von Floating-PV-Anlagen erkannt. Auf dem Kiessee der Firma Klösters Kies & Beton an der Kempener Straße möchte die Firma zusammen mit den Gemeindewerken und der lokalen Bürgerenergiegenossenschaft eine schwimmende Solaranlage realisieren. Doch bis dahin müssen an Ort und Stelle noch einige größere und kleinere Hürden überwunden werden, wie Alexander Pasch, Geschäftsführer der Gemeindewerke, in seinem Vortrag erläuterte. Und zu diesen Hürden gehöre – neben Aspekten wie dem Planungsrecht und Netzausbau – eben auch das erwähnte WHG.
In ihrer aktuellen Form sorgt die Gesetzeslage nämlich dafür, dass die ursprünglich angedachte Leistung von circa zehn Megawatt auf vier Megawatt beschränkt werden müsste. „Für den Klimaschutz macht es schon einen Unterschied, ob wir mit der Anlage jährlich drei oder nur eine Million Kilowatt Solarstrom produzieren“, sagte Pasch. Er führte aber auch wirtschaftliche Gründe an: Gemessen an den Fixkosten, etwa für die Änderung eines Flächennutzungsplans und den Netzanschluss, sei der Unterschied zwischen einer größeren und kleineren Anlage nämlich nicht allzu groß. Ein überarbeitetes WHG hätte aus seiner Sicht zudem den Vorteil, noch weitere Flächen zu erschließen. „Das Gesetz bezieht sich auf viele Seen, die wir sofort betrachten könnten, wenn wir anders kalkulieren dürften.“
Angesichts der Umstände stellte er aber auch die grundsätzliche Frage nach der Nachnutzung besagter Fläche in den Raum: „Der See liegt zwischen einer Landstraße und einer Autobahn. Ein Feriengebiet oder eine Anglerstätte dürfte hier eher weniger entstehen. Die für die Gesellschaft sinnvolle Nachnutzung muss also noch gefunden werden.“
Einen anderen Rückschlag hatte es in Wachtendonk zwischenzeitlich hinsichtlich der Finanzierung des Projekts gegeben: Weil die Genehmigung für die PV-Anlage ausblieb, verfiel die zuvor vom Land NRW getätigte Förderzusage in Höhe von 830.000 Euro.
Schaut man darüber hinaus auf die Region, geht es beim Solarstrom aber auch voran. Über einen frischen Förderbescheid von 900.000 Euro durften sich nämlich die Stadtwerke Kempen freuen. Auch sie arbeiten mit der Firma Klösters an einem eigenen Floating-PV-Projekt, das für den östlichen Teil des Königshüttesees angedacht ist.
Zuspruch vom Minister
Minister Oliver Krischer zeigte sich sehr offen für die Vorschläge und Anliegen der Anwesenden, erläuterte aber auch mehr zu den Hintergründen. „Mit dem Osterpaket haben wir eine ganze Menge für die erneuerbaren Energien möglich gemacht.“ Auch Floating-PV sei zuvor nicht genehmigungsfähig gewesen. Somit habe man 2022 zumindest einen wesentlichen ersten Schritt gemacht, um das Thema voranzubringen und gleichzeitig einzuschätzen zu können, wie groß der Bedarf sei. Den erreichten Fortschritt könne man heute an den Genehmigungs- und Zubauzahlen ablesen.
Dennoch betonte Oliver Krischer auch, sich der Problematik hinter den Regelungen bewusst zu sein, die vor allem das Ergebnis eines turbulenten Diskussionsprozesses gewesen seien. „Mir war klar, dass es nicht so bleiben konnte und sollte, aber es war zu der Zeit nicht anders möglich.“ Auch fachlich gesehen ließen sich die 15 Prozent und 40 Meter im WHG nicht begründen. Daher unterstütze er – auch in Absprache mit Mona Neubaur als Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie – die Initiativen, die eine Änderung des Gesetzes anstrebten. „Mit der anstehenden Bundestagswahl wird sich das alles jedoch neu sortieren müssen“, gab er zu bedenken. Er hofft, dass sich die Frage in einem Koalitionsvertrag bereits von allein kläre. „Aber das ist noch Spekulation. Sollte eine künftige Regierung das nicht klären, werden wir von NRW aus eine Bundesratsinitiative starten, die diese Zahlen verändert, sodass die Projekte wirtschaftlich gestaltet werden können.“
Für NRW als talsperrenreichstes Land Deutschlands sieht Krischer großes Potenzial. „Wir haben eine ganze Menge künstlicher Wasserflächen. Dieses Potenzial sollten wir so gut es geht erschließen.“ Dabei zieht er jedoch einen klaren Trennungsstrich: „Wir sollten uns auf die künstlichen Seen und jene beschränken, die nicht ausdrücklich dem Naturschutzinteresse dienen.“
Hans-Josef Vogel (3.v.r.) und Paula Backhaus (vorne) vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW überreichten Minister Oliver Krischer (4.v.r.) einen Brief mit Vorschlägen, um bestehende Probleme beim Ausbau der Solarenergie zu beheben. NN-Foto: Theo Leie