Auf „Klassenfahrt“ am Rhein: Harald Schmidt (l.) und Bernd Gnann kommen ins Stadttheater Emmerich. Fotos: NN/Michael Bühs, Nora Zimmer
12. April 2025 · Emmerich

Harald Schmidt: „In Emmerich gilt es!“

Der Entertainer und Schauspieler gastiert am 13. Mai mit seinem „alten Bekannten“ Bernd Gnann im Stadttheater. Zuvor haben sich beide Zeit für ein Interview mit den NN genommen.

EMMERICH. Sie haben die gleiche Schauspielschule besucht, üben ähnliche Berufe aus und haben sich noch immer viel zu erzählen: Entertainer, Schauspieler und Fernsehmoderator Harald Schmidt und Bernd Gnann, ausgebildeter Schauspieler, Hörspielsprecher, Moderator und Geschäftsführer des Kammertheaters Karlsruhe. Gemeinsam sind sie unterwegs mit „Harald Schmidt schwätzt mit Bernd Gnann – ein völlig unvorbereiteter Abend“, ein spontaner Schwatz unter Freunden, ein Gespräch ohne Vorbereitung, dafür aber mit umso mehr Humor. Am Dienstag, 13. Mai, 20 Uhr, sind sie zu Gast im Stadttheater Emmerich. Zuvor haben sie sich Zeit für ein Interview mit den NN genommen.

Herr Schmidt, Herr Gnann, haben Sie mitgezählt, wie viele Auftritte sie absolviert haben mit Ihrem „unvorbereiteten Abend“?

Bernd Gnann: 24 oder 25?

Harald Schmidt: Sowas hätte ich auch geschätzt. Die genaue Zahl habe ich nicht im Kopf, aber im Schnitt kommen wir auf zwei Auftritte im Monat.

Kann man bei dieser doch großen Anzahl von Auftritten überhaupt noch von einem „unvorbereiteten Abend“ sprechen?

Gnann: Von meiner Seite aus schon. Ich bereite mich auch nicht darauf vor.

Schmidt: Wir haben natürlich mittlerweile feststehende Blöcke oder Nummern, die immer wiederkommen und die wir auch brauchen an so einem Abend. „Unvorbereitet“ heißt natürlich auch, wie der Abend entstanden ist: Wir gehen auf die Bühne und unterhalten uns, ohne Proben, ohne geschriebene Texte. Der Abend läuft zu 60 bis 70 Prozent zwar immer identisch ab, ist dabei aber nicht fest reguliert. Mindestens die ersten 15 bis 20 Minuten sind immer tagesaktuell.

Tagesaktuell oder auch ein Stück weit abhängig von dem Ort, an dem Sie auftreten?

Schmidt: In Maßen. Wenn ein Kabarettist oder ein Comedian ein, zwei Sätzchen zu dem Ort sagt, wo er ist, spürt man immer, dass der sich nicht wirklich in dem Ort auskennt. Es wirkt dann immer ein bisschen aufgesetzt. Wir waren kürzlich zum Beispiel in Landau, da war natürlich klar, dass das Thema die dicken Kinder von Landau kurz angesprochen wurde – aber das war ja dann wirklicher Bezug. Aber irgendetwas über die aktuelle Straßenbahn oder die Blumenkübel in der Fußgängerzone zu sagen, wirkt immer ein bisschen müde.

Gnann: Ich glaube, die tagesaktuelle Politik ist dann doch interessanter. Ab und zu nimmst du, Harald, auch die Lokalpolitiker, die vielleicht im Bundestag sitzen, mit ins Programm.

Merken Sie, dass das Publikum es zurückspielt, wenn Sie diesen lokalen Bezug herstellen oder auch tagesaktuellen Dinge mit aufnehmen?

Schmidt: Das Tagesaktuelle auf jeden Fall. Unser Eindruck ist: Das Publikum ist zurzeit wesentlich mehr politisiert als noch vor ein paar Jahren, weil es die Leute einfach unmittelbar betrifft. Das heißt: Was passiert mit der Bundeswehr? Was passiert mit der Nähe zur Ukraine? Was passiert mit dem, was aus Amerika von Trump kommt? Die Börse, die Zinsen, die Zölle, all das trifft die Leute am wichtigsten Punkt, nämlich am Geldbeutel. Das ist nicht mehr so theoretisch, wie es vielleicht noch vor 40 Jahren war, als ich beim Kommödchen war. Damals war man gegen Franz-Josef Strauß im Kabarett und unterstützte Willy Brandt. Diese Rechts-links-Denke ist heutzutage völlig vorbei.

Gnann: Und die Zuschauer saugen das wirklich auf, die Reaktionen sind extrem, gerade in den ersten 20 Minuten.

Extrem in welcher Hinsicht?

Gnann: Sie gehen da mit. Harald trifft den Nagel auf den Kopf. Momentan ist es natürlich auch sehr dankbar, wie Harald selbst immer sagt: Die Themen geben ihm das tägliche Futter. Er macht die politischen Sachen, und ich mache eher die tagesaktuellen dörflichen Geschichten, wo ich halt herkomme. Jeder macht eigentlich das, was er kann. Ich mache ein bisschen Musik und habe noch einen einen Ziehharmonika-Spieler dabei. Man merkt schon: Die 20 Minuten Politik am Anfang, die tun dem Abend extrem gut.

Herr Gnann, Sie hatten auch die Idee zu diesem Abend?

Gnann: Ja, aus der Not heraus. Ich bin Intendant in Karlsruhe, und das Theater läuft nicht so gut. Daher dachte ich: Mensch, soll doch mal Harald ein bisschen mithelfen. Bei der Beerdigung unseres gemeinsamen Schauspielschulchefs Felix Müller bin ich bei der Trauerfeier auf ihn zugegangen und habe gesagt: Mensch, Harald, jetzt wäre es Zeit; Felix würde sich bestimmt freuen, wenn wir beide ein Programm zusammen machen. Seine Antwort war eindeutig: Ich mache es, aber ohne Vorbereitung und ohne Proben.

Das klingt, als hätten sie auch nicht lange überlegen müssen, Herr Schmidt.

Schmidt: Musste ich tatsächlich nicht, denn ich kannte ja Bernd, und wir hatten beide das Gefühl, dass wir dem Schauspielschuldirektor Felix Müller viel zu verdanken haben. Es war auch wie ein tolles Treffen mit Ehemaligen, wir hatten uns zum Teil 40 Jahre nicht gesehen – und es war sofort wieder so, als ob man in der Schule noch mal in der Mensa beim Kaffee saß; es war eine sehr schöne Atmosphäre. Ich wusste auch, dass Bernd das Theater in Karlsruhe hat, und da gab es für mich eigentlich nichts zu überlegen.

Gnann: Wir haben dann zwei Vorstellungen gemacht und gemerkt, dass es funktioniert.

Was war für Sie entscheidend: Die Aussicht, noch mal mit einem „alten Bekannten“ auf der Bühne zu stehen, oder tatsächlich der Aspekt, sich nicht vorbereiten zu müssen?

Schmidt: Für mich war es schon die Schauspielschule. Was uns natürlich verbindet, ist die schwäbische Herkunft, diese gewisse mentale Gleichheit. Nachdem es in Karlsruhe so fantastisch lief, haben wir gesagt: Im Grunde können wir ja damit auch ein bisschen auf Tournee gehen. Allerdings nicht eine Tournee, wie man sie als Kabarettist macht, mit 90 Städten am Stück. Für uns ist es immer wichtig, dass es ein schönes Gasthaus in der Nähe gibt und dass man nicht um 17 Uhr am Nachmittag das letzte Bier kriegt.

Gnann: Und selbst wenn, so wie in Dessau, haben wir es auch geschafft.

Schmidt: Ja, Bernd hat dann für solche Fälle immer was dabei, stimmt‘s?

Im Mai steht nun Emmerich auf Ihrem Tournee-Plan.

Schmidt: Das ist für uns auch toll. Ich bin großer Fan des Niederrheins. Mein großes Vorbild war Hans Dieter Hüsch, der den Niederrhein im Grunde in die Literatur gebracht hat – zumindest in die kabarettistische. Hinzu kommt die Nähe zu Holland: Das ist eine Ecke, wo man nicht so häufig hinkommt. Als dann die Möglichkeit kam, einen Abend hier zu machen, haben wir sofort gesagt: Ja klar, fahren wir hin.

Wenn Sie im schwäbischen Raum unterwegs sind, spielt auch die schwäbische Sprache eine große Rolle. Wie ist es jetzt, wenn Sie an den Niederrhein kommen?

Gnann: Harald ist sowieso hochdeutsch unterwegs, aber ich möchte schon mein Lokalkolorit behalten. Meine Geschichten stammen halt auch aus diesem kleinen oberschwäbischen Dorf, wo ich herkomme. Aber das ist eigentlich nur ein Pseudonym: Man kann diese Geschichten in jedem Dorf, in jeder Stadt finden – auch in Emmerich. Da geht es um den Bauernhof, da geht es um Kühe. Ich glaube nicht, dass die holländischen oder die Emmericher Kühe von der Sprache her anders ticken als die oberschwäbischen. Das Lokalkolorit, wo ich herkomme, und die Sprache mit der russischen Musik, die ich verbinde, das ist immer wieder ein Experiment. Aber egal, wo wir es bislang gespielt haben, es funktioniert.

Wie muss man sich einen Abend mit Ihnen vorstellen? Wie eine Talkshow oder eher wie ein Podcast vor Publikum?

Schmidt: Könnte man so sagen. Wobei wir natürlich auch immer wieder kurz szenisch ins Spielerische gehen. Aber es lebt ganz klar vom Text und von Pointen. Der Vergleich mit dem Podcast ist nicht schlecht. Aber im Grunde war ja Stand-Up-Comedy auch nie etwas anderes als ein langer Monolog.

Gnann: Wobei du, Harald, schon ein Meister der Spontanität bist. Ein Podcast ist sehr einseitig, und Harald ist ein absoluter Spezialist in Sachen Reaktionen: Wenn es irgendwas gibt aus dem Publikum, wird reagiert, und das macht den Abend noch mal sehr dynamisch – dynamischer als ein Podcast.

Gab es auch schon mal einen Abend, wo es so gar nicht gefunkt hat zwischen Ihnen und dem Publikum?

Schmidt: Nein, definitiv nicht. Das ist wie ein Fußballspiel: Es gibt Abende, an denen man in der ersten halbe Stunde 1:0 zurückliegt. Aber dann muss man so eine Real-Madrid-Denke haben und sagen: Wir gewinnen am Ende immer! Das habe ich schon bei Lore Lorentz gelernt: Das Publikum hat immer recht. Das Publikum kauft sich eine Karte, und wir erheben den Anspruch: Wir können euch unterhalten. Es ist dann unsere Aufgabe, das Publikum zu kriegen.

Gibt es bei Ihnen einen festen Rhythmus, wie Sie in Ihr Gespräch einsteigen?

Schmidt: Ja, den haben wir schon. Zuerst kommt Musik, dann kommt Bernd raus und macht eine Begrüßung, bei der er ein bisschen mit den Leuten ins Gespräch kommt. Dann komme ich mit dazu und steige meistens mit einer tagesaktuellen Situation ein, einem Thema also, das sehr präsent ist bei den Leuten. Danach kommt eine Nummer, von der wir schon wissen, dass sie funktioniert, und dann nimmt der Abend Fahrt auf.

Ist der Einstieg von Ihnen, Herr Gnann, eine erste Möglichkeit für Sie beide, reinzufühlen, wie das Publikum gerade drauf ist?

Gnann: Ja, wie Harald schon sagte: Wir müssen irgendwie anfangen, aber zum Schluss müssen wir gewinnen. Man merkt tatsächlich, ob sie offener sind oder nicht, vor allem auch dem Schwäbischen gegenüber. Ich fange gleich von Anfang an, leicht schwäbisch zu babbeln und geh mit den Leuten in Kontakt. Manche Geschichten, gerade in der Eröffnung, funktionieren dann schon sehr gut, manche noch nicht, aber völlig wurscht: Da bleiben wir natürlich alle cool. Ich bin eigentlich ein bisschen der Claqueur für Harald Schmidt. Denn deshalb sind sie gekommen. Wegen mir kommen die Leute nicht nach Emmerich.

Schmidt: Aber wir treten schon ganz klar als Trio mit unserem Musiker Ernst Kies auf. Und wir ergänzen uns. Der große Vorteil ist: Wir wollen beide nichts mehr werden, und auch Ernst Kies will nichts mehr werden; er möchte einfach „Heiße Lippen“ singen als Zugabe. Dadurch entsteht bei uns auch kein Konkurrenz-Denken. Jeder von uns hat sein eigenes Revier und sein eigenes Standbein. Und wir haben einfach Spaß, in Abständen immer wieder so einen Betriebsausflug unter echten Männern zu unternehmen. Ich glaube, das überträgt sich auch auf das Publikum.

Gnann: Ich glaube, das ist der große Unterschied: Wir dürfen, aber wir müssen nicht. So ist es am Ende wirklich wie eine Klassenfahrt.

Sie sind bereits in zahlreichen, auch rennomierten Spielstätten aufgetreten. Gibt es einen Ort, bei dem Sie sagen: Da wollen wir noch spielen?

Schmidt: Das weiß man oft nicht. Vieles ergibt sich per Zufall. Wir waren auch zu anderen Gelegenheiten an allen möglichen Orten. Letztlich gleicht sich alles auch irgendwie: Man geht durch den Bühneneingang rein, der Pförtner sagt hallo, die Bühnenmannschaft freut sich, dass mal Leute kommen, die in Theatergesetzen denken und nicht direkt die Sporttasche auf die Bühne schmeißen und eine Cola-Dose umkippen. Unsere Devise ist: Wo wir sind, ist Madison Square Garden.

So hat das Stadttheater Emmerich noch niemand bezeichnet.

Schmidt: Aber so ist es doch. Wenn Leute sagen: Wieso Emmerich?, dann sage ich: Entschuldige bitte, Burgtheater kann jeder. Aber in Emmerich gilt es!

Vorverkauf

Karten für „Harald Schmidt schwätzt mit Bernd Gnann“ am 13. Mai im Stadttheater Emmerich gibt es ab 45 Euro im Theaterbüro Emmerich, Grollscher Weg 6, Telefon 02822/752000, in den Geschäftsstellen der NN sowie unter www.niederrhein-nachrichten.de/ticketshop.

Verlosung

Die NN verlosen 3 x 2 Tickets für „Harald Schmidt schwätzt mit Bernd Gnann“ am 13. Mai im Stadttheater Emmerich. Einfach eine E-Mail mit Name, Anschrift, Telefonnummer und dem Betreff „Harald Schmidt“ an gewinnspiel@nn-verlag.de senden. Einsendeschluss ist Mittwoch, 30. April. Die Namen der Gewinner werden unter www.niederrhein-nachrichten.de veröffentlicht.

Auf „Klassenfahrt“ am Rhein: Harald Schmidt (l.) und Bernd Gnann kommen ins Stadttheater Emmerich. Fotos: NN/Michael Bühs, Nora Zimmer