Fritz Poorten – der 93-Jährige war bei der Vorstellung des Films nicht dabei – dafür aber auf dem Großbildschirm im AV-Studio erklärend präsent. NN-Foto: HF
13. Mai 2025 · Kleve

Fritz Poorten und die Kapellenfenster

Ein Film über den Architekt und Künstler ist der Auftakt zu einer neuen Reihe

KLEVE. Dinge kommen abhanden. Menschen gehen verloren. Es bleiben: Spuren. Es gibt Instrumente gegen das Vergessen: Früher waren es Bücher, dann Fotos. Heute können es Filme sein. Wie wäre es, dachten sich Anette von Eimeren und ihr Mann Heinz-Josef – wie wäre es, filmische Denkmale zu bauen? Menschen vorstellen, ihre Kunst – die Spuren des Denkens.

Eine Idee entstand. Jetzt ist das erste Ergebnis des Nachdenkens sichtbar. Hörbar. Erlebbar. Es ist ein Film über den Architekten und Künstler Fritz Poorten und eines seiner Werke: Die Fenster der Kapelle in der Wasserburg Rindern. Wie nähert man sich einem Künstler? Man gewährt Redezeit. So gibt ein Film Einblicke ins denkerische, ins gedachte, in denkende Innenleben eines Mannes, den viele kennen.

Wie stemmt man ein solches Projekt? Man tut sich zusammen. In diesem Fall waren es die Freunde Klever Museen und das Kisters AV-Studio. Das Ziel: Einen Menschen vorstellen und dabei – ganz nebenbei – einem Bildungsauftrag nachzukommen. Bildungsauftrag ist ein bürokratisches Wort. Vielleicht sollte man sagen: Der Neugier Platz einräumen. Manuel Funda, einer der Beteiligten, erinnert sich: „Als Kameramann denkst du in Einstellungen. Bei einem Künstlerportrait denkst du an einen Menschen, der ruhig im Bild zu sehen ist. Die typische Interviewsituation eben.“ Dann kam Fritz Poorten. Der Mann ist 93 – wird im Juni 94 und zeigte Funda, dass es schwer sein kann, dass Planung das eine ist und die Wirklichkeit das andere. Funda: „Der Mann war ständig in Bewegung und ich war ständig damit beschäftigt, ihn im Bild zu halten.“ Diagnose: Es ist gelungen. Da sieht man einem Menschen zu, der Denken in Bewegung gießt – dem man folgen muss. Und irgendwie denkt man: Genau darum geht es doch. Da erzählt einer ein Stück Geschichte, erzählt von seinem Plan, von den Fenstern einer Kapelle, von der Kapelle, von den ersten Ideen, von der Umsetzung und greift dann zur Mundharmonika. Da ist dieses Stück, das für Poorten zu diesen Fenstern passt – zu der Zeit in der sie entstanden. Er setzt die Mundorgel an und spielt „We shall overcome“.

Es entsteht ein irgendwie atemlosmagischer Augenblick und es wird schlagartig klar, dass man andere Töne nicht gebraucht hätte. Aber die Dinge haben sich verselbständigt. Der Film, so wird erklärt ist quasi der 1st Serve, der erste Aufschlag, zu einer Reihe. „Da sollen weitere Filme folgen, weitere Portraits“, sagen Anette van Eimeren, Jutta Tönnissen und Hubert Wanders von den Museumsfreunden.

Die Frage „Wer soll das bezahlen“ stellt sich dankenswerterweise nicht, denn da ist von Seiten der Museumsfreunde Ehrenamtspower im Spiel und von Seiten des AV-Studios der bereits erwähnte Bildungsauftrag. Sechseinhalb Minuten dauert der erste Streich. Ein handliches Format. Wer den Film sehen möchte, surft zu www.freundeklever-museen.de. Man denkt an einen altberühmten Film: Casablanca. Zwei Dinge haben dem Film zum Bleiben verholfen. Da wäre erst einmal der Filmsong „As time goes by“ und dann der letzte Filmsatz, den Claude Reims zu Humphrey Bogart sagt: Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Die Variation: Das ist der Beginn einer wunderbaren Reihe. Die Frage nach dem „Who‘s next?“ bleibt fürs Erste offen. Lassen wir uns also überraschen.

Fritz Poorten – der 93-Jährige war bei der Vorstellung des Films nicht dabei – dafür aber auf dem Großbildschirm im AV-Studio erklärend präsent. NN-Foto: HF