Erste „Wendeltreppe“ für wandernde Fische eröffnet
NRW-Pilotprojekt bei Kranenburg für bessere Durchgängigkeit von Flüssen
KRANENBURG. Umweltminister Oliver Krischer hat am Niederrhein nahe Kranenburg eine neue, in Deutschland bislang einzigartige Vislift-Wendeltreppe in Betrieb genommen. Mit dem Pilotprojekt setzt Nordrhein-Westfalen auf innovative Lösungen, um die Durchgängigkeit seiner Flüsse zu verbessern und damit den ökologischen Zustand der Gewässer zu stärken.
Viele heimische Fischarten – darunter Aal und Nase – müssen im Laufe ihres Lebens weite Strecken zurücklegen, um ihre Laichplätze zu erreichen oder neue Lebensräume zu besiedeln. Doch Stauwehre und andere Bauwerke unterbrechen vielerorts die natürlichen Wanderwege. Damit gehen nicht nur wertvolle Lebensräume verloren, sondern auch ein Stück biologische Vielfalt.
Die neue Fischaufstiegsanlage bietet eine innovative technische Lösung: Durch eine Art Wendeltreppe überwinden Fische selbständig das Stauwehr. Das System wurde von einem niederländischen Unternehmen entwickelt, ist bei den Nachbarn bereits etabliert und entspricht vom Aufbau dem Prinzip eines Schneckengehäuses. Das Modellprojekt am Niederrhein nahe Kranenburg wird vom Land Nordrhein-Westfalen zu 80 Prozent gefördert und findet in Zusammenarbeit mit dem Deichverband Kleve-Landesgrenze statt. Die vorgefertigte Anlage kann innerhalb weniger Tage am Gewässer installiert werden – deutlich schneller und kostengünstiger als herkömmliche Anlagen.
„Wir müssen neue Wege gehen, um alte Wege wieder freizumachen. Durchgängige Flüsse sind die Lebensadern unserer Natur. Wenn wir Wehre und Barrieren überwinden, helfen wir wandernden Arten, verbessern die Wasserqualität und bringen neue Dynamik in unsere Gewässer. Diese Treppe ist ein spannendes Beispiel für die Verbindung von Technik und Naturschutz“, sagte Umweltminister Oliver Krischer bei der Einweihung der Anlage.
Günter Steins, Deichgraf des Deichverbands Kleve-Landesgrenze, sagte: „Wir sind sehr erfreut darüber, dass die Fischaufstiegsanlage nach dem niederländischen Modell ,Vislift‘ im Rahmen eines Pilotprojektes pragmatisch und zielorientiert nach einer relativ kurzen Planungsphase umgesetzt werden konnte.“
In das System ist Sensortechnik integriert, die mithilfe von KI erfasst, welche Fischarten die Anlage nutzen. Diese Daten helfen künftig, Aufstiegsanlagen gezielter zu planen und deren Wirksamkeit wissenschaftlich zu bewerten. Das Pilotprojekt, das im engen Austausch mit dem Wasserverband „Rivierenland“ auf der niederländischen Seite geplant wurde, wird in den kommenden drei Jahren intensiv beobachtet. Dabei wird auch überwacht, welche Fischarten die Anlage nutzen und ob sie für alle Fische gleichermaßen gut funktioniert.
Staudämme und Wehre gehören zu den größten Hindernissen für wandernde Wasserbewohner wie Fische, Biber oder Krebse. Sie unterbrechen nicht nur die natürlichen Wanderwege, sondern stören auch den Austausch von Sedimenten und Nährstoffen. Erst wenn Flüsse wieder durchgängig werden, können sich Populationen erholen, ausbreiten und stabile Lebensgemeinschaften bilden. Projekte wie der „Vislift“ leisten damit einen wichtigen Beitrag, um den ökologischen Zustand der Gewässer in NRW nachhaltig zu verbessern und unter anderem die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen.
Die neue Fischaufstiegsanlage bei Kranenburg ist ein Pilotprojekt für Nordrhein-Westfalen. Foto: MUNV NRW