 
          Eine neue Kulturschlagader?
Kunst und Kultur sind die Herzkammern in jedem sozialen Gefüge
KLEVE. Es gibt einen neuen Verein in Kleve. Er heißt „Aorta“ und so viel sei gleich gesagt: Es handelt sich weder um eine Herzsportgruppe noch um eine Interessenvertretung niedergelassener Gefäßchirurgen...
Aorta kümmert sich künftig in freier Regie und quasi uninstitutionalisiert um Kunst und Kultur in der Schwanenstadt. Der Name passt also doch, denn Kultur und Kunst könnte man auch als die Herzkammern einer Stadt bezeichnen. Lucas Hans gehört zu den zehn Gründungsmitgliedern. Sie sind Gleiche unter Gleichen. Die Idee: keine Hierarchie, keine gläsernen Decken. Hans: „Die Idee kam Anfang des Jahres auf. Wir hatten ursprünglich gedacht: Wir starten mit einem Open-Air-Festival.“ Schnell stellte sich heraus: Ein zu großer Brocken, um ihn in der Kürze der Zeit an Ort und Stelle zu rollen. Immerhin verfügt der Verein momentan über eine Zentrale: Sie ist in der Hagschen Straße 9 zu finden. Ein Leerstand – noch. „Und solange das Ladenlokal leer steht, dürfen wir es benutzen“, sagt Hans. Ein Klavier steht da, an der Wand hängt eine E-Gitarre und dann wäre da noch eine Konzertgitarre. Aber – make no mistake: Bei Aorta geht es nicht nur um Musik. Die Gründer sehen Kultur als Gesamtwarenkorb. „Hier kann alles stattfinden“, so Hans. Theaterproben, Ausstellungen vielleicht, Lesungen. „Natürlich suchen wir auf Dauer einen festen Standort“, sagt Hans. Das lässt sich nachvollziehen. Im O-Ton einer Tischvorlage findet sich unter dem Punkt „wichtige Eckdaten“ unter anderem folgendes Ziel: Intensiver Fokus auf gemeinsame Ziele und Visionen. Man denkt an Helmut Schmidt und erwidert: Wer Visionen hat, muss nicht zum Arzt gehen, sondern in die Kultur. Unter „Ziele“ findet man: Bewusstmachung von Leerstand in der Innenstadt und Erarbeiten von Alternativen im Umgang damit. Und: Zusammenarbeit mit jungen Menschen/Studierenden. Und: Interkultureller Austausch (vor allem) mit den Niederlanden. Fest steht: Aorta wird, um zu einem funktionierenden (und pulsierenden) Organ zu werden, viel Manpower einsetzen müssen. Da sind die Gründer und man meint, ihnen eine Aufbruchsstimmung anzumerken. Wie kam es eigentlich zum Namen des Vereins? Demokratisch, versteht sich. Viele Namen wurden diskutiert, bis man sich auf Aorta einigte. Lucas Hans: „Das hat ja sowohl etwas von Art als auch von Ort.“ Und klingt allemal besser als Kunstverein. Die Gründer fallen nicht mit der Tür ins Haus - aber mit dem Herz ins Denken.
Und die ersten Veranstaltungen finden bereits am 8. und 9. November statt. Ort des Geschehens: Ein Leerstand in der Neuen Mitte. Hans: „Am 8. November beginnen wir um 13 Uhr und enden um 22 Uhr. Es finden Konzerte (Jazz, Rock, Pop, Impro) statt, wir veranstalten Theaterworkshops, eine Tanzperformance und eine Ausstellung.“ Unter anderem ist eine Ausstellung von Rosa Vogt geplant, Miqla tritt um 13 Uhr auf, abends ab 20.30 Uhr die Gruppe Treams.
Am Samstag (11 bis 14 Uhr) geht es unter dem Stichwort „remember“ um die Erinnerung an die Pogromnacht. Hans: „Wir wollten diesen Tag nicht einfach mit Programm füllen, sondern der Bedeutung dieses Datums Rechnung tragen. Das Ganze wird also eine Art Gedenkveranstaltung auf der Ebene eines künstlerischen Umgangs mit Geschichte mit Konzerten, Performance und einer Installation.“ Letztere steuert Max Knippert bei. Der Eintritt ist an beiden Tagen frei. Hans: „Wir bieten Getränke an und hoffen, damit ein paar erste Einnahmen für den Verein zu generieren. Natürlich würden wir uns auch über Spenden freuen.“
Eine Initiative wie Aorta ist nichts Einmaliges. Pessimisten würden sagen: „Alles schon da gewesen.“ Aber es fühlt sich gut an, dass da eine Gruppe von vorwiegend jungen Menschen Verantwortung übernehmen. Ab sofort ist also im Konzert der Kulturschaffenden ein neuer Herzton zu vernehmen. Man wünscht den Gründern Glückauf, viele gute Ideen und vor allem Erfolg.
Die Gründungsmitglieder von „Aorta“. Foto: privat