
Die Vorteile des „Walking Football“
Seit Oktober 2024 ist der SV Viktoria 1922 Winnekendonk mit einer eigenen Abteilung in der aufstrebenden Trendsportart aktiv / Weitere Mitspieler willkommen
WINNEKENDONK. Bewegung ist gesund: Doch was tun, wenn Alter und körperliche Beschwerden den Lieblingssport zunehmend erschweren oder fast unmöglich machen? Wenn es um Fußball geht, könnte die Antwort „Walking Football“ lauten. Erfunden wurde er 2011 in England – beim SV Viktoria 1922 Winnekendonk hat der Trendsport im Oktober 2024 als eigene Abteilung Einzug gefunden. Was dahinter steckt, erklärt der 1. Vorsitzende Peter Schlossarek.
„Vor ungefähr einem Jahr habe ich erstmals von Walking Football gehört“, erinnert er sich. Als dann der Fußballverband Niederrhein zu einem Workshop einlud, nutze er die Gelegenheit, um sich einmal persönlich einen – sehr positiven – Eindruck zu verschaffen.
Noch mehr Fahrt nahm die Geschichte schließlich auf, als Schlossarek in den Niederrhein Nachrichten von der Walking-Football-Truppe von Viktoria Alpen las. „Nach der ersten Kontaktaufnahme sind wir mit fünf Mann für ein Spielchen nach Alpen gefahren. Da haben wir festgestellt: Das macht echt Spaß.“
Das Konzept
Das Prinzip hinter Walking Football ist leicht erklärt: Laufen ist verboten, stattdessen wird im Gehen gespielt, mit kleineren Toren von drei mal einem Meter und mit sechs gegen sechs Spielern. „Wir spielen manchmal aber auch mit acht gegen acht oder neun gegen neun. Da sind wir flexibel“, ergänzt Peter Schlossarek. Dabei dürfe der Ball maximal hüfthoch gespielt werden. Auch harter Körperkontakt wie Grätschen sei verboten, ebenso wie es keine strenge Trennung von Männern und Frauen mehr gebe. „Der Fußballverband präferiert gemischte Mannschaften sogar“, sagt Schlossarek. Weitere Änderungen zum herkömmlichen Fußball: Es gibt keinen Torwart und die Abseitsregel ist aufgehoben.
Das macht Walking Football vor allem für ältere Spieler reizvoll, die nicht mehr so gut laufen können. Mehr noch: „Es ist für Leute mit Einschränkungen jeglicher Art geeignet“, ganz gleich, ob es um Übergewicht oder (altersbedingte) Gebrechen geht. In Winnekendonk bewegt sich das Alter der Spieler daher zwischen 50 und 80 Jahren. „Wir haben zum Beispiel Spieler mit künstlichen Hüft- oder Kniegelenken“, erzählt Schlossarek.
Indem sie den Walking Football in Winnekendonk etablieren, möchten Peter Schlossarek und seine Mitstreiter interessierten Menschen in ihrer Heimat wieder zu einem neuen Ballgefühl und Bewegung verhelfen. „Man tut etwas für seine Gesundheit. Insofern ist es auf gewisse Art auch Prävention“, merkt er an. Ein wichtiger Ansatz sei aber auch die Geselligkeit und damit verbunden das ein oder andere Wiedersehen mit alten Weggefährten. „Wir haben Zulauf von Spielern, die 30 Jahre nicht mehr gespielt und Kontakt zum Verein hatten“, sagt er – zum Beispiel auch aus umliegenden Kommunen wie Geldern und Sonsbeck. Da versteht sich die „dritte Halbzeit“ im Grunde von selbst: „Gemütlich zusammensitzen, etwas Trinken und über goldene Zeiten sprechen. Da kommt auch die ein oder andere Legende hoch.“
In und um Winnekendonk mussten sich die Spieler nicht lange bitten lassen: Nach dem Gastspiel in Alpen und einer kleinen Werbephase mit Flyern und Social-Media-Posts hatten sich schnell 25 Interessenten gefunden, erzählt Schlossarek. Mittlerweile sind es rund 30 Köpfe in der Abteilung, die seit ihrer Gründung im Oktober 2024 einmal in der Woche trainiert. „Meisten sind wir mit circa zehn Leuten.“
Das Projekt hat mittlerweile auch über das Dorf hinaus Nachahmer gefunden. „Es gibt einen gewissen Schneeballeffekt. Von Anfang an hatten wir einen Spieler aus Weeze dabei und dort haben sie jetzt auch mit Walking Football angefangen.“ Dasselbe in Labbeck. „Es tut sich was in der Region!“, sagt Peter Schlossarek hörbar erfreut.
Die Erfolge in Winnekendonk wussten sogar bei der neugegründeten Initiative Ballgefühl zu überzeugen. Diese suchte zuletzt nach Projekten in Vereinen, die für ihr eigenes Förderprojekt in Frage kämen: Durch den Verkauf von fünf Skulpturen waren 100.000 Euro für Fußballvereine in NRW zusammengekommen. Durch ihr Engagement im Walking Football erfüllte der SV Viktoria 1922 Winnekendonk die Kriterien und konnte sich somit am Ende über 5.000 Euro freuen – zusammen mit 19 weiteren Gewinnern. Damit kauft der Verein nicht nur neue Tore, Bälle und Trikots. Mit 4.000 Euro ging der Großteil in die Erneuerung des Soccerfeldes an der Sportanlage in der Nähe des Feuerwehrgebäudes, die darüber hinaus mit Leader-Mitteln finanziert wurde. „Der Rest des Gewinns geht in die Jugendkasse“, ergänzt Schlossarek.
Auch die feierliche Verleihung im deutschen Fußballmuseum in Dortmund sei etwas Besonderes gewesen. „Der Präsident des DFB, Bernd Neuendorf, war vor Ort, genauso wie der Präsident des Fußballverbands Niederrhein, Peter Frymuth. Im Namen des Fußballverbands überreichte uns aber die frühere Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg den Scheck. Da wir aus ihrer Heimatregion kommen, konnte sie auch etwas mit Winnekendonk anfangen. Sie hat sich sehr gefreut.“
Ausruhen möchte sich das Team aber nicht auf seinen Erfolgen. Am 30. Mai fand zum Vernumer Jugendturnier erstmals ein eigenes Walking-Football-Turnier statt. „Daran haben zehn Mannschaften teilgenommen, darunter wir.“
Das nächste Turnier lässt nicht lange auf sich warten: Am 14. Juni geht es zum Tag des Breitenfußballs in Moers rund. Eine spannende Zeit also, auch für Peter Schlossarek: „Ich bin gespannt, wie die Schiedsrichter werten werden. Ist man noch gegangen oder schon gelaufen? Einige Spieler sind natürlich mobiler als andere.“
Wer Lust hat, in Winnekendonk mitzuspielen, kann sich bei Peter Schlossarek unter Telefon 0172/2539489 oder per E-Mail an p.schlossarek@t-online.de wenden. Trainiert wird mittwochs um 18 Uhr oder samstags um 15 Uhr.Thomas Langer
Das Team des SV Viktoria 1922 Winnekendonk ist vom Walking-Football überzeugt. NN-Fotos: Gerhard Seybert