In einer zünftigen Schenke wird zu den Getränken auch Musik serviert... Foto: Lucas Hans
9. September 2025 · Kleve

Das Theater wird zur Kneipe

Theater im Fluss spielt mit famosem Ensemble eine Revolutionsgroteske

KLEVE. Der 14. Juli 1789 ist ein bedeutendes Datum der Weltgeschichte. Damals fand in Paris der Sturm auf die Bastille statt. Längst wird das Datum als Symbol für den Beginn der französischen Revolution markiert. Arthur Schnitzler hat eines seiner Stücke – „Der grüne Kakadu“ – an eben diesem Tag angesiedelt.

Das Theater im Fluss hat sich Schnitzlers Stück vorgenommen – hat es textlich erweitert (Gedichte von Fancois Villon), Musik hinzugefügt (Volks- und Revolutionslieder) und ... umbenannt. Aus dem grünen Kakadu ist „Zum torkelnden Storch“ geworden – eine Revolutionsgroteske.

Alles spielt sich, wie auch beim Original, in einer Schenke ab. Kein Wunder also, dass der Theaterraum kurzerhand in eine Kneipe verwandelt wird. Dort mischen sich Publikum und Schauspieler und werden zu einer Handlungs-Betrachtungs-Einheit. Im torkelnden Storch: Eine Melange aus Volk und Aristokratie. Da wird der Adel mit harschen Versen (Francois Villon) verspottet und begreift nicht, dass der Kipppunkt kurz bevorsteht – dass der beißende Spott bald das Revolutionspulver zur Explosion bringen wird.

Das Theater als Geschichtstransportband wird fühl- und ob der Nähe zwischen Ensemble und Publikum im wahrsten Sinne des Wortes auch greifbar.

So, wie die Aristokraten im Stück erst spät begreifen, was da auf sie zu kommt – dass es am Ende der Späße um Leben und Tod gehen wird – braucht auch das Publikum Erlebniszeit, um bei der Erkenntnis einzutreffen: Das hier ist kein Schaukasten fürs Vergangene – das hier ist eine Versuchsanordnung, ein Pulverfass des Postfaktischen, der Fake News und der falschen Propheten. Das hier ist ein hausgemachtes Pulverfass des Gegenwärtigen.

Und während im Theaterraum das groteske Unheil unaufhaltsam an Fahrt gewinnt, kann das geneigte Publikum – man ist ja in einer Schenke – trinkend teilhaben. Man braucht keinen Fernseher – man ist live dabei.

Harald Kleinecke: „Die Leute können zwischen Rotwein, Weißwein, Apfelschorle und Wasser wählen.“ Und damit das durstende Schauvolk nicht störend Bestellungen ins Stück rufen muss, wird es Bestellkarten zum Hochhalten geben: Rot, weiß, grün und blau. Und damit das Theater die Revolution finanziell überleben kann, sind die Kartenpreise leicht angehoben: (Die Wirtschaft in der Wirtschaft.)

Die Galgen-Ballade von Francois Villon: „Ach, Brüder, lasst uns hier nur ruhig schweben am langen Strick. Wir haben sowieso von diesem Hundeleben den Hals bis oben voll gehabt. Wir haben nie, wie ihr, in einem weißen Bett gelegen, wir lagen Nacht für Nacht im schwarzen Regen, vom Wind zerfressen und vom Wurm zerschabt. Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit, ist auch der Teufel nicht mehr weit.“

„Zum torkelnden Storch“ verspricht beste Unterhaltung und gleichzeitig Ausblicke auf mögliche Untergänge: Panem et circenses eben. Brot und Spiele. Und wie (fast) immer in der Geschichte der Geschichte, werden alle den Untergang erst dann bemerken, wenn er nicht mehr zu stoppen ist. Theater at its best.

Aufführungensind Freitag, 12. September, 20 Uhr (Premiere); Samstag, 13. September (20 Uhr); Sonntag, 14. September (18 Uhr); Freitag, 19. September (20 Uhr). Eintritt (inklusive Getränke): 20 Euro, ermäßigt zwölf Euro. Kartenvorbestellungen an info@theaterimfluss.de oder telefonisch unter 02821/979379.

In einer zünftigen Schenke wird zu den Getränken auch Musik serviert... Foto: Lucas Hans