Stefanie Bodden-Bergau und Luis Kaas klären gegen Betrug auf. Foto: J.Kurschatke
12. Dezember 2024 · Issum

Referenten der Polizei und Sparkasse klären über aktuelle Betrugsmaschen auf

So wird man „Klüger gegen Betrüger“

SEVELEN. Enkeltrick, Phishing-Mails, Schockanrufe und falsche Polizeibeamte: Betrüger lassen sich einiges einfallen, um an das Hab und Gut ihrer Opfer zu gelangen. Klingen die Maschen im ersten Moment noch leicht zu durchschauen, zeigen Fallzahlen und Schadenssummen, dass das Gegenteil der Fall ist. Um mehr Menschen vor den Betrügereien zu schützen und für den Umgang mit verdächtigen Situationen zu sensibilisieren, veranstaltete die Polizei NRW in Zusammenarbeit mit der Sparkasse Krefeld die Vortragsreihe „Klüger gegen Betrüger“. Bis zuletzt nahmen an insgesamt 14 Veranstaltungen etwa 2.200 Interessierte teil.

Nach Vorträgen in Kerken (Adlersaal, etwa 160 Teilnehmende) und Geldern (Lise-Meitner-Gymnasium, 200 Teilnehmende) ist der Bürgersaal Sevelen die dritte Anlaufstelle im Gelderland, die von den Organisatoren für ihre Präventivarbeit genutzt wird. Im Publikum sitzen 120 Personen, von denen manche bereits selbst Opfer geworden sind. „Betrüge passieren fast einmal die Woche“, sagt Mitorganisator Jochem Dohmen, Vorstandsmitglied der Sparkasse Krefeld. Erst neulich habe eine Kollegin einen Betrug verhindert, bei dem es um nicht weniger als 20.000 Euro ginge. Fragen des Bankpersonals bei Barauszahlungen größerer Summen seien genau dazu da, um sicher zu stellen, dass das Geld am Ende auch aus einem „schönen Grund“ abgeholt werde und nicht etwa, weil ein vermeintlicher Enkel in Schwierigkeiten stecke. „Seien Sie geduldig, wir fragen nicht umsonst“, appelliert Dohmen eingehend an das Publikum.

Die Sparkasse fungiere in diesem Fall als erster Sicherheitsfaktor, der seinen Kunden noch einmal die Chance gebe, über ihr Vorhaben mit dem Geld nachzudenken. Was aber wenn das Geld schon Bar zu Hause liegt? Kriminalhauptkommissarin Stefanie Bodden-Bergau weiß: Vor allem bei älteren Menschen kann dies der Fall sein. Und das machten sich die Täter nach Angaben der Experten zunutze. „Die Täter suchen sich Sie aus: Sie mit ihren Emotionen und Schwächen. Das ist das Perfide daran“, betont Dohmen weiter. Aus welchen Motiven die Täter handeln lasse sich nur vermuten. Ist es Neid oder Missgunst? Fest stehe: Trickbetrug sei aktuell so erfolgreich wie nie zuvor denn „die Betrüger denken sich immer wieder etwas Neues aus“, sagt Bodden-Bergau weiter. „Als ich vor acht Jahren bei der Polizei Kreis Kleve anfing, sprachen wir von einer Schadenssumme von etwa 200.000 Euro im Jahr. Zwischenzeitlich stieg diese Zahl auf etwa 585.000 Euro an. Mittlerweile liegen die Schäden bei etwa 957.000 Euro.“ Und das nur aus den Fällen, die zur Anzeige gebracht worden seien. Die Kommissarin spricht von einer möglichen Dunkelziffer – zweimal so hoch.

Die Betrugsmaschen

Wie kann man sich also schützen? Das hänge von der Art der Betrugsmasche ab. So gelten beim Betrug an der Haustür drei Grundpfeiler: „Seien Sie sich selbst am nächsten und lassen keinen Fremden ins Haus der unangekündigt vor der Tür steht (Zum Beispiel Handwerker, vermeintliche Versicherungsvertreter), halten Sie energisch gegen Forderungen und stellen Sie Öffentlichkeit her. Machen Sie auf sich aufmerksam und schließen Sie die Tür“, sagt die Referentin. Immer wichtig sei, dass man eine Person des Vertrauens hinzuziehe oder anrufe, um in der Situation nicht allein zu sein. Im Notfall helfe der bekannte Polizei-Notruf unter Telefon: 110.

Bekannt sind außerdem Anrufe sowie SMS- oder WhatsApp-Nachrichten, die mit „Hallo Oma/Opa“ oder sogar „Hallo Mama/Papa“ beginnen. „Die Täter erhalten Ihre Telefonnummer auf unterschiedlichste Art. Entweder werden mit künstlicher Intelligenz willkürlich Telefonnummern generiert und ausprobiert bis eine passende Nummer gefunden ist oder die Betrüger kaufen die Telefonnummern als geklaute Daten auf dem Online-Schwarzmarkt. Dafür gibt es spezielle Netzwerke. Auch wenn man selbst zu unvorsichtig ist und seine Daten im Internet eingibt, können Täter sie herausfinden“, erklärt Bodden-Bergau. Die Anrede ist bei den Nachrichten dann bewusst unpersönlich gewählt: „Die Täter zielen darauf ab, vom Opfer den Namen des Angehörigen zu erfahren, der sie gerade vermeintlich anruft. Dabei lassen sie sich gerne viel Zeit, um Vertrauen aufzubauen. Man kommt von einem Thema zum anderen, manche Opfer sprachen eine Stunde lang mit einem Betrüger, der vorgab ihr Enkel zu sein.“ Irgendwann bringe der Betrüger aber dennoch das Thema Geld auf. Hier sei zu beachten nie auf Zuruf, Geld zu überweisen. „Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und versuchen Sie, das Gespräch zu verschieben, um Zeit zu gewinnen. Wichtig ist es auch, die Person, die Sie vermeintlich anruft unter der Ihnen vorher bekannten Nummer zu kontaktieren. Fragen Sie Vertrauenspersonen, ob Ihr vermeintlicher Enkel wirklich in Schwierigkeiten steckt“, betont die Polizistin.

Es sei eine regelrechte Gehirnwäsche, denen die Opfer unterzogen würden. So auch bei dem nächsten Fall: falsche Polizisten. Vermeintliche Beamte rufen an und fragen, ob alles in Ordnung sei, es habe in der Umgebung Einbrüche gegeben. Anschließend fragen die falschen Polizisten, ob man Wertsachen zu Hause habe, die Polizei könne diese zur Sicherheit verwahren. „Es ist regelrechter Telefonterror. Bei manchen Opfern haben wir 60 bis 80 Anrufe am Tag festgestellt“, erzählt Bodden-Bergau. „Menschen haben ihr ganzes Geld abgeholt, sie haben alle ihre Schließfächer ausgeräumt, um ihre Wertsachen einem fremden Polizisten zu geben.“ Hier wichtig zu beachten: „Wir von der Polizei nehmen niemals Geld oder Wertgegenstände in Verwahrung“, betont die Kommissarin weiter.

Phishing und Datenklau

So wie man in der echten Welt aufpassen muss, gilt das auch für das Internet. Luis Kaas, Notfallbeauftragter der Sparkasse Krefeld erläutert, wie man sich vor Datenklau schützt.

Ob per SMS, E-Mail oder Brief: „Betrüger kontaktieren Sie und bitten um die Verifizierung Ihrer Daten. Sie sollen dann zum Beispiel über einen QR-Code oder Link auf einer Internetseite Ihren Online-Banking Pin, die Tan oder Passwörter eingeben. Die jeweiligen Internetseiten können täuschend echt gefälscht sein. Das ist Betrug. Ihre Bank oder andere seriöse Händler werden nie solche sensiblen Daten von Ihnen verlangen“, erläutert Kaas. Erhält man solche Nachrichten, gilt wieder: „Ruhe bewahren und im Zweifel in der Filiale Ihrer Bank nachfragen. Sie zahlen in dem Moment vielleicht nicht mit Geld, dafür aber mit ihren Daten. Das ist, als würden Sie einem Fremden auf der Straße Ihren Haustürschlüssel anbieten.“

Erkennen könne man betrügerische E-Mails oder Webseiten vor allem am Namen: „Institutionen wie zum Beispiel die Sparkasse treten auf Internetseiten, bei denen man sich anmelden kann, immer mit einer Spezifikation des Orts auf. Zum Beispiel Sparkasse Krefeld, Sparkasse Rhein-Maas“, erklärt Kaas. Gefälschte Webseiten hätten diese Angaben meist nicht. Auch bei verdächtigen E-Mails könne ein Blick auf die E-Mail-Adresse Auskunft über einen Betrug geben. „Seriöse Unternehmen haben in ihrer E-Mail-Adresse hinter dem At-Zeichen immer den Firmennamen, keine Angaben wie ‚Info‘ oder ähnliche stehen.“

Aber was, wenn man auf einen dieser vielen Tricks hereingefallen ist? Kaas rät: „Lassen Sie umgehend Ihr Konto sperren oder sperren Sie sich selbst, indem Sie einige male ein falsches Online-Banking Passwort eingeben. Anschließend Zugangsdaten ändern und Ihre Bank informieren. Es ist außerdem gut E-Mails, Briefe oder SMS aufzubewahren. Diese können als Beweis dienen. Danach gilt: bei der Polizei Anzeige erstatten.“ Die bundesweite Hotline zur Sperrung des Kontos oder Bankkarten erreichen betroffene unter Telefon: 116116.

Stefanie Bodden-Bergau und Luis Kaas klären gegen Betrug auf. Foto: J.Kurschatke