Aufruf zu mehr Einsatz für pflegende Angehörige

Pilgertour von Detmold bis Xanten mit dem Ziel, Aufmerksamkeit für behinderte und an ALS erkrankte Menschen zu erlangen

NIEDERRHEIN. Die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose – abgekürzt ALS – erlangte durch die Ice-Bucket-Challenge große Bekanntheit. Prominente ließen sich kübelweise Eiswasser über den Kopf schütten, um Spenden zu sammeln für Menschen, die unter  dieser unheilbaren Krankheit leiden. Kaum ist das mediale Interesse verebbt, geraten die ALS-Patienten wieder in Vergessenheit.

Die Pilgergruppe vor dem Dom in Xanten (v.l.): Robert Kik, Michaela Sobomcinszki, Arnold Schnittger mit Sohn Nico, Marina Reff und einige, die sich für eine Etappe angeschlossen haben. NN-Foto: Lorelies Christian
Die Pilgergruppe vor dem Dom in Xanten (v.l.): Robert Kik, Michaela Sobomcinszki, Arnold Schnittger mit Sohn Nico, Marina Reff und einige, die sich für eine Etappe angeschlossen haben. NN-Foto: Lorelies Christian

Der Verein „Chance zum Leben ALS“ möchte das nicht so hinnehmen. Er unterstützt Betroffene und ihre Familien mit Spendengeldern, damit ihnen die Chance zur Teilnahme am öffentlichen Leben ermög­licht werden kann. Gerade hat der Verein zum Spendensammeln eine „Pilgerreise“ hinter sich gebracht, die am Freitag in Xanten endete. Der 2. Vorsitzende Robert Kik erläutert: „Wir sind vor drei Wochen in Det­mold am Hermanns Denkmal gestartet und über die Römer-Lippe-Route bis  Xanten gewandert. Dabei wurden wir begleitet von Marina Reff und Arnold Schnittger mit seinem Sohn Nico vom Verein ,Nicos Farm‘. Wir wollten gemeinsam ein Zeichen setzen, wachrütteln, aufmerksam machen und das Bewusstsein unserer Mitmenschen sensibilisieren. In vielen Städten sind wir sehr nett empfangen worden, doch leider haben sich unserer Gruppe nur einige Menschen angeschlossen.“
Arnold Schnittger ergänzt: „Wir würden uns mehr Unterstützung wünschen für Menschen, die ihre Angehörigen pflegen. In diese Situation kann jeder leicht kommen. Gerade Eltern von behinderten Kindern fühlen sich regelrecht im Stich gelassen. Unser Verein ,Nicos Farm‘ wird mit Hilfe eines Investors in der Nähe von Lüneburg eine Wohnsiedlung errichten, in der Familien generationsübergreifend ein Zuhause finden. Behinderte Menschen können dort auch als Erwachsene weiter eigenständig wohnen. Dafür haben wir jahrelang gekämpft, denn trotz aller Diskussionen über Inklusion wollen viele Menschen keine Behinderten in ihrer Nachbarschaft aufnehmen.“ Wie bereichernd das Leben mit einem geistig behinderten Kind sein kann, weiß Nicos Vater nun schon seit 21 Jahren. Mit seiner Fröhlichkeit steckte Nico auch die kleine Wandergruppe an und eroberte im Nu alle Herzen, obwohl das Schieben seines Rollstuhls durch Wald und Flur einige Mühen bereitete.
Robert Kik ist bereits 7.000 Kilometer  durch ganz Europa  gewandert, seitdem sein  an ALS-erkrankter Vater  verstarb. „Robbe pilgert“ schreiben die Medien über ihn und erwähnen auch seinen Gang zum Papst. Kik möchte es hinausschreien: „ALS ist tödlich. Es muss endlich Forschung stattfinden!“.  Auch er persönlich machte die Erfahrung, dass pflegende Angehörige allein gelassen werden.  Daher sieht er in Arnold Schnittger einen Verbündeten darin, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf fehlende Integrationsmöglichkeiten und fehlende finanzielle Unterstützung zu lenken. Beide wünschen sich, dass Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung mehr Verantwortung für Menschen in Pflegesituationen übernehmen, damit sie eine Chance auf ein möglichst „normales“ Leben haben.
Mit ihrem Anliegen traten sie auch vor dem Altar im Xantener Dom und entzündeten Kerzen. Weitere Infos unter www.chancezumleben-als.de und www.nicosfarm.de

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