GOCH. Das Schicksal der jüdischen Familie Valk gab 2013 den Anstoß zur Gründung der Gocher Stolpersteininitiative. Für Leni und ihre Eltern Erna und Walter Valk wurden damals in Goch die ersten Stolpersteine verlegt. Mit diesem Kunstprojekt von Gunter Demnig wird seit vielen Jahren europaweit an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Immer vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der Menschen werden die Messingtafeln mit Namen und Daten in das Pflaster eingelassen. 103 Steine erinnern inzwischen an die jüdischen Opfer aus Goch.

2023 wäre Leni Valk 90 Jahre alt geworden und es jährt sich zum 80. Mal ihr Todestag: Am 21. Mai 1943 starb die damals erst Neunjährige im Konzentrationslager Sobibor. Diese beiden Jahrestage möchte die Gocher Stolpersteininitiative für zwei Aktionen nutzen. So soll am kommenden Sonntag, 21. Mai, ab 16 Uhr, ein Rundgang auf den Spuren von Leni Valk stattfinden. Bärbel Neumann und Ruth Warrener, Mitglieder der Initiative, werden an jeder Station etwas zum Schicksal der Familie berichten. Der Rundgang beginnt an der Brückenstraße, vor der Sparkasse, wo früher das Geburtshaus von Leni Valk stand. Weiter geht es zum Markt; dort besaß Lenis Vater seit 1930 ein Geschäft für Herren- und Knabenbekleidung, das er später wegen der Repressalien durch die Nationalsozialisten aufgeben musste.

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Gedenkstein

Auf der Herzogenstraße 8, an der ehemaligen Gocher Synagoge, geht es um die Reichspogromnacht am 9. November 1938. Dort wird auch ein Gedenkstein für Leni Valk niedergelegt. „Es ist jüdische Tradition, beim Besuch am Grab einen Stein abzulegen“, erklärt Pfarrerin Rahel Schaller. Das wolle man mit dem Gedenkstein aufgreifen. Die letzte Station ist die Herzogenstraße 36. Leni Valk und ihre Mutter waren bei Verwandten untergekommen und erlebten dort die Schrecken der Pogromnacht. Leni Valk wird schließlich in die vermeintliche Sicherheit zu Verwandten in die Niederlande geschickt und von dort aus 1943 ins KZ Sobibor deportiert. Zu ihrem 90. Geburtstag, am 28. September, soll Leni Valks kurzer Lebensweg ab 18 Uhr im „M4“ als Lesung dargestellt werden. Geplant ist außerdem noch am 10. November ein Konzert im Rathaus mit dem Tschida-Ensemble, das jüdische Lieder vorträgt.
Die Initiative möchte ihre Arbeit fortsetzen und weitere Stolpersteine in Goch verlegen, denn diese sind nicht nur für die jüdischen Opfer gedacht, wie Ruth Warrener unterstreicht. Geforscht werde nun auch zu anderen Opfergruppen, zum Beispiel Kommunisten, Euthanasieopfern, Fremdarbeitern, Sinti und Roma, Homosexuellen und Zeugen Jehovas. Das gestalte sich aber schwieriger: „Hier gibt es keine zentralen Listen wie bei den jüdischen Opfern“, so Ruth Warrener. Deshalb sei man auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen. Wer Informationen hat, kann sich bei Ruth Warrener melden: ruth.warrener@t-online.de. „Es ist keine ,Abarbeitung‘ von Geschichte“, würdigt Dr. Stephan Mann, Fachbereichsleiter Kultur und Integration das bürgerschaftliche Engagement der Initiative, „es ist eine lebendige Sache, die immer weiter geht.“
Und eines ist der Stolpersteininitiative sehr wichtig: „Kein Stein ist von Verwandten bezahlt worden, alle wurden aus Spenden finanziert“, so Ruth Warrener. Weitere finanzielle Unterstützung ist deshalb gern gesehen, Kontaktdaten finden Interessierte hier: www.heimatverein-goch.de.

Bild: Den Opfern eine Stimme geben: Heinz van de Linde, Dr. Stephan Mann (Fachbereichsleiter Kultur und Integration), Bärbel Neumann, Ruth Warrener und Pfarrerin Rahel Schaller (v. l.) stellen die geplanten Aktionen der Stolpersteininitiative vor. NN-Foto: CDS

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