Ein Thema – 60 Antworten

GELDERN. Es ist Donnerstag, 18. Mai, 10.30 Uhr. Peter Busch sitzt in der Küche des Gelderner Wasserturms am Bahnhof und wartet. Heute werden die ersten Teilnehmer ihre Werke für die Ausstellung abgeben. „Ich sehe was, was du nicht siehst!“, wird in zwei Tagen eröffnet …

Ein Unding … eigentlich

Rund 60 Teilnehmer haben sich angemeldet. Ein Unding eigentlich, dass innerhalb von 48 Stunden 60 Kunstwerke auf die vier Etagen des Turms „verteilt“ werden müssen. Peter Busch ist zuversichtlich: „Wir haben es bisher immer hinbekommen“, sagt er. „Das wird auch diesmal klappen.“ Ein paar Arbeiten sind schon bei Busch gelandet – unter anderem ein Foto, das Joseph Beuys zeigt. Gemacht hat es Jhonathan Derks. Es zeigt – natürlich – den Mann mit Hut. Er blickt aus dem Bild – irgendwohin nach schräg unten. Derks, sagt Busch, habe ihm dazu gesagt, er wisse, wohin Beuys schaue …

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NN-Foto: HF

Verteilt wird am Ende

Noch hat das Bild keinen Platz. Es liegt adresslos und Blick zur Decke auf einem Tisch im Erdgeschoss des Turms. „Verteilt wird erst, wenn es einen Überblick gibt“, sagt Busch. Das erscheint sinnvoll. Planen lässt sich eine Ausstellung wie diese nicht im Vorhinein. „Wir wissen ja nicht was kommt, bis die Sachen hier sind“, sagt Busch.
Eröffnet wird „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ am Samstag, 20. Mai, um 11 Uhr, ist damit Teil der Kreis Klever KulTourtage und auch am Sonntag zwischen 11 und 17 Uhr zu sehen. Busch: „Zusätzlich zeigen wir die Ausstellung noch am Pfingstsonntag, ebenfalls zwischen 11 und 17 Uhr.“

“Das macht die Spannung aus”

Das Besondere an der Ausstellung ist, dass wirklich jeder mitmachen kann. „Das macht die Spannung aus“, sagt Peter Busch. Dahinter steckt ein Konzept der Schrankenlosigkeit. Dergleichen funktioniert nur, wenn man sich bedingungslos einlässt. Busch: „Da entstehen Dialoge – im wörtlichen und vor allem auch im übertragenen Sinn. Jeder kann auf jeden treffen – alles zueinander in Beziehung geraten. Jeder Kurator eines Museums würde da natürlich Schnappatmung bekommen – vor allem angesichts des finalen Zeitfensters von gerade einmal 48 Stunden, die für den Aufbau bleiben.“

Frage oder Antwort?

Was im Turm zu sehen sein wird, ist die Auseinandersetzung mit einer Gegebenheit: Es ist das Thema. „Aber auch da wissen wir nicht, ob uns jemand einfach ein Werk bringt, das schon vor der Festlegung des Themas existierte, oder ob es um das Ergebnis des Nachdenkens über eine gestellte Aufgabe ist.“ Das stimmt. Und es stimmt auch wieder nicht, denn Kunst ist nicht an Zeitfenster gebunden und natürlich besteht die Möglichkeit, dass ein Werk, das schon lange existiert, ein Beitrag zum Thema ist. Busch: „Man muss die innere Bereitschaft mitbringen, das Thema als einen riesigen Raum zu betrachten, in dem Vieles stattfinden kann. Und wenn es um den Umgang mit Kunst geht, die ja an sich das Ergebnis am Ende eines Gedankens darstellt – wer will dann, bitte schön, kommen und einen Stempel mit dem Aufdruck ‚Thema verfehlt‘ zum Einsatz bringen?“
Ausstellungen wie diese sind eine Spurensuche. Man muss sich aufmachen. Busch: „Ich verstehe Kunst nicht als Antwort – für mich geht es darum, Fragen zu stellen. Und manchmal muss man Dinge aus einer anderen Perspektive betrachten. ‚Ich sehe was, was du nicht siehst!‘ – das könnte ja auch die Antwort sein und alle, die an der Ausstellung teilnehmen, befragen jetzt unser Thema.“ Man kommt zurück zum Beuys-Portrait, folgt dem Blick des Meisters durchs Mühlenrund und landet beim Fragment einer alten Bahnhofsuhr, die an der Wand hängt. Kaum zehn Prozent des Zifferblattes sind erhalten, aber beide Zeiger tummeln sich irgendwo fünf vor zwölf. „Ich sehe was, was du nicht siehst …“

Info: Ausstellung im Wasserturm: „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ Künstler äußern sich in Wort, Bild, Installation, Fotografie und Ton im Wasserturm in Geldern am Bahnhof. 20. und 21. Mai (Sa. und So.) jeweils von 11 bis 17 Uhr, sowie am 28. Mai, ebenfalls zwoschen 11 und 17 Uhr. Eintritt frei.

NN-Foto: HF
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