GOCH. Der Ärztemangel in Goch soll bald der Vergangenheit angehören. Insbesondere im Hinblick auf die Ansiedlung von Kinder- und Hausärzten soll ein kommunales Versorgungszentrum geschaffen werden. Seit 2015 haben auch Kommunen die Möglichkeit, Ärztesitze zu erwerben und damit ein MVZ zu betreiben.

Dafür hat Bürgermeister Ulrich Knickrehm Gabi Theissen mit ins Boot geholt. Die 69-Jährige ist seit dem 1. Mai offiziell Beauftragte Gesundheitsversorgung der Stadt Goch. „Ich bin aus meiner Sicht auf ein Juwel gestoßen“, kommentiert Knickrehm und sieht der Zusammenarbeit optimistisch entgegen. 16 Jahre war Gabi Theissen stellvertretende Bürgermeisterin, davon fünf Jahre an der Seite von Ulrich Knickrehm. Sie kennt die Stadt und ist innerhalb des Gesundheitssystems weit vernetzt. Das sind aber nur ein einige der Gründe, wieso die Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Ärztemangels zustande kam. Lange Jahre war Gabi Theissen Regionaldirektorin des Katholischen Karl Leisner Klinikums (KKLE). „Es ist wichtig, dass wir jemanden haben, der die gleiche ,Sprache‘ wie die Ärzte spricht“, erläutert Knickrehm. Insgesamt sammelte Gabi Theissen 50 Jahre lang Fachwissen im Gesundheitsbereich an. Jetzt im Ruhestand, möchte sie dieses Wissen gerne weitergeben. „Ich sehe das als eine sinnstiftende Tätigkeit“, freut sie sich auf die vor ihr liegende Aufgabe.

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Netzwerke aufbauen

Dafür wird sie 20 Stunden im Monat beschäftigt sein. Sie macht klar: „Mein erstes Vorhaben ist es, alle Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen. Das sind die Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhäuser, die Ärzteschaft sowie die Verwaltung. Wir müssen ausloten, wie man gegen den Ärztemangel vorgehen kann – miteinander sprechen, nicht übereinander.“ Außerdem möchte sie einen Runden Tisch für die Gocher Ärzteschaft ins Leben rufen, bei dem sich dann regelmäßig über Fragen der Gesundheitsversorgung ausgetauscht wird. Das MVZ soll nicht nur die Gesundheitsversorgung sicherstellen, sondern auch ein attraktives Angebot für junge Ärzte sein, sich auf dem Land niederzulassen. „Viele Mediziner suchen heutzutage nicht mehr die Selbstständigkeit, sondern streben nach einer guten Work-Life-Balance. Das heißt, sie sind lieber irgendwo angestellt. Das wollen wir ihnen bieten“, erklärt Knickrehm. „Als Arzt will man heutzutage nicht mehr 24 Stunden am Tag arbeiten. Man will eine Familie gründen oder die Möglichkeit haben, auf Teilzeit zu arbeiten. Ohne familienfreundlich zu sein, kann man nichts verändern“, erläutert Gabi Theissen weiter. Ein MVZ sei dafür eine perfekte Lösung: „Beruf und Familie, das lässt sich im MVZ unter einen Hut bringen.“ Vor allem mit Blick darauf, dass inzwischen 80 Prozent der Mdezinstudenten weiblich seien. Im MVZ könnten sich Ärzte einen Sitz teilen und die Arbeitszeit flexibel gestalten.

Keine Konkurrenz

Beide stellen klar, dass das Vorhaben der Stadt dabei in keiner Konkurrenz zu Krankenhäusern oder anderen MVZ in Goch und der näheren Umgebung stehen soll. „Die flächendeckende, ambulante Versorgung ist nicht die Aufgabe der Krankenhäuser. Es muss ein stationärer und ambulanter Austausch stattfinden“, sagt Theissen. Eine Übernahme von Patienten durch das MVZ soll also als Entlastung dienen. „Wie viele Patienten gehen in die Notfallambulanz, weil sie keinen Termin bei ihrem Hausarzt bekommen. Das muss sich ändern“, so Theissen. Von einer Zusammenarbeit, bei dem ein Teil der Gesundheitsvorsorge ambulant sichergestellt werde, könnten beide Seiten profitieren. Nur gemeinsam könne man an Lösungen arbeiten und Strategien entwickeln. Fakt sei: Die Situation würde sich noch weiter verschärfen. Diesem Fall wolle man entgegenwirken, wie der Bürgermeister noch einmal klarstellt: „Die Menschen in unserer Stadt müssen versorgt werden.“ Denn der Ärztemangel auf dem Land sei auch immer noch etwas anderes als in einer Großstadt, weiß Theissen: „Wenn eine Mutter bis nach Xanten zum Kinderarzt fahren muss, dann wird es schwierig.“ „Die KV will uns das notwendige Know-how für ein MVZ vermitteln“, erklärt Ulrich Knickrehm das weitere Vorgehen, das ein wenig von der „Huhn-Ei“-Problematik habe. Denn: „Für das MVZ brauchen wir zunächst einen leitenden Arzt, dann können wir die Standort-Frage klären.“ Wobei eine Möglichkeit das ehemalige Tertianerinnen-Kloster wäre, das Gebäude habe wenig Innenwände und biete viel Platz.

Bild: Bürgermeister Ulrich Knickrehm und Gabi Theissen, neue Beauftragte Gesundheitsversorgung der Stadt Goch, wollen die schwierige Aufgabe gemeinsam angehen. NN-Foto: CDS

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