KREIS KLEVE. 6.600 Menschen im Kreis Kleve stehen unter einer gesetzlichen Betreuung, 3.000 davon werden ehrenamtlich geführt. Der Betreuungsverein der Diakonie im Kirchenkreis Kleve begleitet seinerseits 600 ehrenamtliche Betreuer mit Rat und Tat. Viele Informationen hat er für sie in einem umfassenden Handbuch gebündelt. Dieses wurde nun über mehrere Monate umfassend überarbeitet und aktualisiert – auch im Hinblick auf eine neue Gesetzgebung.
In Kraft getreten ist die neue Reform zum Vormundschafts- und Betreuungsrecht bereits zum 1. Januar. „Sie stellt die Wünsche der Betreuten noch mehr in den Vordergrund und es sind höhere Anforderungen gestellt an das, was Betreuer leisten und mitbringen müssen“, erläutert Claudia Knickrehm, stellvertretende Amtsgerichtsdirektorin und Betreuungsrichterin beim Amtsgericht Kleve. Gemeint sind damit unter anderem höhere Qualifikations- und Nachweispflichten seitens der rechtlichen Betreuer. „Die Kontrolle ist eng“, erläutert Knickrehm. Auch wenn das für die Betreuten von Vorteil sei – etwa, wenn es um den Schutz der eigenen Vermögenswerte geht – fördere es bei einigen auch die Sorge, dass sie diesen Anforderungen vielleicht nicht gewachsen seien. Hier kommt ein Betreuungsverein wie jener der Diakonie ins Spiel.

Viele Ursachen

Zunächst aber zur Einordnung: Zu einer rechtlichen Betreuung kann es auf unterschiedliche Weise kommen, etwa nach einem Unfall oder bei fortschreitender Demenz. „Wenn Volljährige aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für sich entscheiden können, kann ein Betreuungsverfahren eingeleitet werden“, sagt Knickrehm.
Erst einmal wird aber geprüft, ob es bereits eine Vorsorgevollmacht gibt. Wenn ein rechtlicher Betreuer gefunden werden muss, haben Familienangehörige von Rechts wegen Vorrang. „Viele fühlen sich auch in der Pflicht“, sagt Helma Bertgen, hauptamtliche Betreuerin bei der Diakonie. Das spiegelt sich in den Zahlen wider: 60 Prozent der rund 600 ehrenamtlichen, zum Diakonie-Betreuungsverein gehörenden Betreuer widmen sich einem Familienmitglied, die restlichen 40 Prozent dagegen aus sozialem Engagement heraus ihnen fremden Personen.
Schlussendlich kann es passieren, dass eine Betreuung auf der Grundlage eines Gutachtens ausgeweitet werden muss. Vor allem Familienangehörige wüssten laut Bertgen oft nicht, was dann auf sie zukomme. Neben Antragsstellungen und Schriftwechsel mit verschiedenen Institutionen – wie dem Rententräger oder der Krankenkasse – können unter Umständen auch außergewöhnlichere Themen auf den Plan treten: eine Wohnungsauflösung oder der Verkauf eines Hauses zum Beispiel.

Kostenlose Mitgliedschaft

Im Rahmen der kostenlosen Mitgliedschaft kann der Betreuungsverein besonders für diese Menschen als begleitender Berater eine große Stütze sein. Das zum Beispiel durch Einzelberatungen, der Verein hilft auch bei den anfallenden Antragsstellungen und dem Schriftverkehr. Im Vorfeld gehört auch die „Ausbildung“ aller Ehrenamtler dazu: Neben Infoabenden haben angehende Betreuer einmal im Jahr die Möglichkeit, ein Seminar über sechs Freitage hinweg zu besuchen, um wichtiges Rüstzeug mit auf den Weg zu bekommen. Aber auch, wer fremde Personen betreuen möchte und vielleicht schon etwas Vorbildung mitbringt, kann durch den Verein neben einer Begleitung unter anderem auf die Vermittlung von Kontakten zählen. Wie Helma Bertgen erwähnt, sind alle Mitglieder außerdem mit einer Berufs- und Dienstreisehaftpflichtversicherung geschützt. „Bei aller Sorgfalt: Fehler können passieren“, weiß sie. Auch Gochs stellvertretende Bürgermeisterin Anne Peters war vor ihrer politischen Laufbahn einmal ehrenamtliche Betreuerin und weiß von den Vorteilen der angebotenen Hilfen.
Als ständigen Begleiter gibt es obendrauf noch das nun überarbeitete Handbuch. „Für viele Ehrenamtlichen ist es wichtig, etwas an der Hand zu haben, wenn wir Hauptamtlichen einmal nicht erreichbar sind. Viele Ehrenamtliche schätzen diese Arbeitshilfe, wie wir von den Rückmeldungen wissen“, sagt Bertgen. Interessierte Nicht-Mitglieder können das Handbuch für etwa zehn Euro erwerben.

Mehr Zulauf

Von den circa 3.000 ehrenamtlich geführten Betreuungen im Bereich des Amtsgerichts Kleve sind derzeit nur rund 1.000 bei den drei vorhandenen Betreuungsvereinen bekannt. Allerdings glaubt der Diakonie-Geschäftsführer Joachim Wolff, dass das nicht so bleiben werde. Unter anderem weil die Betreuungsbehörde verpflichtet sei, darüber aufzuklären, dass es Betreuungsvereine gebe, rechnet er mit wachsendem Zulauf in den nächsten Jahren. Um dem zu begegnen, hofft er auch, zukünftig weitere hauptamtliche Mitarbeiter für den Betreuungsverein gewinnen zu können. Dennoch ist der der Betreuungsverein der Diakonie mit Sitz in Goch schon jetzt der größte seiner Art in NRW.
Trotz all der Möglichkeiten empfiehlt Wolff abschließend, durch eine frühzeitige Vorsorge eine rechtliche Betreuung zu vermeiden. „Dazu braucht man drei Dinge: eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht und ein Testament.“
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