KREIS WESEL. „Endlich ein Zuhause“ : So heißt ein Projekt, dem sich die Caritasverbände Moers-Xanten und Dinslaken-Wesel sowie die AWO Kreis Wesel seit 2019 widmen. Dabei erhalten jene Menschen Hilfe, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder sogar schon obdachlos sind. Mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds fördert das Land NRW das Projekt nun über weitere drei Jahre. Mit dem Kreis Wesel als Zuwendungsempfänger wurden nun die Weiterleitungsverträge unterzeichnet.

Die Themen „drohende Wohnungslosigkeit“ und „Obdachlosigkeit“ sind nicht neu und werden auch in Zukunft in ganz Deutschland und damit auch im Kreis Wesel eine große Rolle spielen. „Ende Januar 2022 hatten wir bundesweit 178.000 Fälle von untergebrachten wohnungslosen Personen“, sagt Kreisdirektor Ralf Berensmeier. Auch die Dunkelziffer sei sicherlich groß. 41 Prozent der bekannten Betroffenen seien alleinstehend und überwiegend männlich. Der Frauenanteil steige jedoch, sagt Guido Busch vom Caritasverband Dinslaken und Wesel. Viele Frauen seien schon jetzt unter jenen Menschen zu finden, die bei Freunden und Verwandten unterkommen, erzählt Florian Nick vom Caritasverband Moers-Xanten. Auch hierbei schätzt er die Dunkelziffer hoch ein. Abseits solcher Geschlechterfragen werde ihr Klientel laut Busch aber auch jünger: nicht selten spielen Probleme mit dem Elternhaus eine Rolle.

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223.000 Euro pro Jahr

Umso bedeutsamer sind Hilfsangebote, wie sie im Rahmen von „Endlich ein Zuhause“ angeboten werden. Insgesamt 223.000 Euro Fördermittel stehen bis Ende 2025 pro Jahr zur Verfügung. Die Mittel werden anteilig auf die Träger verteilt. So erhält der Caritasverband Dinslaken und Wesel 25 Prozent, der Caritasverband Moers-Xanten 50 Prozent und der AWO Kreisverband Wesel 25 Prozent. „Wichtig ist, die Menschen mit niedrigschwelligen Angeboten wie diesen zu erreichen“, sagt Landrat Ingo Brohl. Neben festen Anlaufstellen bieten die Projektträger mit Beratungsbussen zudem aufsuchende, mobile Hilfsmöglichkeiten an – auch außerhalb klassischer Bürozeiten.

„Für uns ist das Projekt eine sinnvolle Erweiterung unserer Arbeit“, sagt Guido Busch und bezieht sich damit auf die Fachberatungsstellen für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen. Nach einer ersten Phase sind er und seine Kollegen froh, das Projekt nun weitere drei Jahre und hoffentlich noch darüber hinaus fortführen zu können.

Zwei Elemente

Das Grundprojekt bestehe aus zwei Elementen: Da wäre einerseits der aufsuchende Aspekt über die Busse. „Mit ihnen konnten wir Menschen treffen, die wir so vorher nicht erreichen konnten“, sagt Busch. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft. „Alleine werden wir das Problem nicht lösen“, betont Florian Nick. Im Detail tun sich dabei aber Unterschiede für die Caritasverbände auf: Im Gegensatz zur linken Rheinseite gebe es rechtsrheinisch nämlich kaum große Wohnungsgesellschaften, sagt Busch. „Wir sprechen in der Regel den privaten Vermieter an.“

Aber egal, wer die Ansprechpartner sind: „Wir arbeiten eng zusammen, um die Akteure an einen Tisch zu bekommen“, sagt Florian Nick.

Dazu gehören auch die Kommunen. „Wir haben viele Kommunen, die unterschiedlich groß und unterschiedlich gefragt sind.“ Dementsprechend seien auch die Wohnraum-Nachfrage und das -angebot verschieden. „Deshalb sind wir froh, mit der Wohnungswirtschaft so eng zusammenarbeiten zu können, um im besten Fall Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“ Der Austausch sei auch angesichts der angespannten Wohnungslage wichtig – aber gerade zu Coronazeiten alles andere als einfach gewesen, wie Dr. Bernd Riekemann von der AWO Kreis Wesel erwähnt. „Viele Vermieter haben uns nicht in die Wohnung gelassen, um Kontakte aufzunehmen oder Besichtigungen durchzuführen.“

Breit gefächerte Hilfe

Aber wie sieht die Hilfe nun konkret aus und wie wird festgelegt, wo es mit den Bussen hingeht? „Wir haben mit den Kommunen feste Zeiten ausgemacht und die Sozialämter angefragt. Sie kennen sich in ihren Kommunen am besten aus und wissen, wo sich die Menschen aufhalten“, sagt Florian Nick. Aber auch Hinweise aus der Bevölkerung werden aufgegriffen.

Sind die Mitarbeiter schließlich mit den Wagen vor Ort, können sie im Notfall schon bei der Grundversorgung aushelfen: Das fängt bei der Flasche Wasser im Hochsommer an und geht weiter über Nahrungsmittel, Pflaster, Zahnbürsten, Schlafsäcke und mehr.
Wenn die Caritasverbände und die AWO auf anstehende Zwangsräumen hingewiesen werden, versuchen sie, vorsorgend tätig zu werden und diese abzuwenden. „Kann man mit dem Vermieter, der Stadt oder dem Jobcenter sprechen?“, erläutert Nick ein Beispiel. Wenn es am Ende doch eine neue Wohnung braucht, wird auch hierbei Hilfe geleistet.
Bedacht wird dabei aber auch ein anderer wichtiger Aspekt: Angesichts der vielen möglichen Problemlagen der Hilfesuchenden spricht Kreisdirektor Ralf Berensmeier die „ganzheitliche Betreuung von A bis Z“ an. Ein paar Beispiele nennt Sebastian Meyer von der AWO: „Oft fehlt etwa der Personalausweis oder die Versicherung.“

Die Mitarbeiter müssen Problemlagen erfassen und erkennen, warum jemand obdachlos geworden ist oder der Person eine Räumungsklage droht. Schulden, Sucht, der Verlust der Arbeit oder psychische Erkrankungen können solche Gründe sein. „Da setzen wir mit der Arbeit an“, sagt Florian Nick.

Schnell und nachhaltig

Weiterführend werden in bestimmten Fällen auch andere Hilfsnetzwerke in Betracht gezogen und an sie vermittelt, falls zum Beispiel eine Alltagsbegleitung notwendig sein sollte. „Je länger die Obdachlosigkeit herrscht, desto schwieriger wird es, in normale Strukturen zurückzukehren.“ Die Probleme sollen daher schnell, niedrigschwellig und vor allem nachhaltig behandelt werden, um Wiederholungen vorzubeugen.
Wer Hilfe sucht, kann sich unter anderem an den Caritasverband Moers-Xanten unter Telefon 02841/9010800 wenden. Infos auch unter www.mags.nrw/endlich-ein-zuhause sowie awo-kv-wesel.de/angebot/endlich-ein-zuhause-161/.

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