Gut gerüstet für den Winter

KVNO rät zur Grippeimpfung und appelliert bei Masken- und Isolationspflicht an Eigenverantwortlichkeit

NIEDERRHEIN. Die fünfte und sechste Impfung gegen das Corona-Virus machen zurzeit rund ein Drittel der Impfungen in den nordrheinischen Arztpraxen aus. Dabei ist der angepasste bivalente Impfstoff von Biontech/Pfizer mit einem Anteil von 73 Prozent der am häufigsten verimpfte Wirkstoff. „Wer sich bis jetzt noch nicht hat impfen lassen, den werden wir auch nicht mehr erreichen“, ist die Einschätzung von Dr. Frank Bergmann, dem Vorstandsvorsitzenden der KV Nordrhein. Gut sei, dass die vulnerablen Gruppen das Angebot nach wie vor annehmen und sich mit der Auffrischungs-Impfung vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen.

„Wir sind gut gerüstet für die nächsten Wintermonate“, sagt Bergmann, gibt aber auch zu bedenken: „Nach knapp drei Jahren Corona wissen wir, dass die Pandemie ein dynamisches Geschehen ist, das sich jederzeit wieder ändern kann.“ Wenigstens sei die Ausgangslage so günstig wie selten zuvor. Bergmann: „Viele Menschen sind immunisiert, die Zahl der Neuinfektionen in NRW ist rückläufig und auch für die Intensivstationen kann vorerst Entwarnung gegeben werden.“ Genau beobachten müsse man die Entwicklung der neuen Omikron-Subvarianten BQ.1 und BQ1.1, die noch nicht dominieren, aber das Potenzial dazu hätten. Nach jetzigem Kenntnisstand sei mit dem angepassten Impfstoff jedoch auch vor diesen Varianten ausreichender Schutz gewährleistet.

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Mehr „Gebot als Verbot“

Mehr „Gebot als Verbot“ würde sich Bergmann wünschen, wenn es um Themen wie Masken- und Isolationspflicht geht. Er appelliert an die Eigenverantwortlichkeit der Menschen. „Wer krank ist, sollte natürlich eine Maske tragen oder gleich ganz zu Hause bleiben, um andere zu schützen“, sagt der Mediziner. Außer Frage stünden sowohl das Tragen von Masken als auch ein entsprechendes Testangebot für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser. „Ansonsten ergibt die Maskenpflicht schlicht keinen Sinn mehr“, findet Bergmann. Zumal der Bund nicht für einen einheitlichen Rahmen gesorgt habe. Hinzu käme, dass die Kommission Krankenhaushygiene & Infektionsschutz am RKI festgestellt habe, dass die FFP2-Maske zwar im Laborexperiment besseren Schutz als ein medizinischer Mund-Nasenschutz („OP-Maske“) biete, aber keine „Real-life-Evidenz“ für die Überlegenheit der FFP2-Maske nachgewiesen werden konnte. Standard sei demzufolge ein medizinischer Mund-Nasenschutz, Ausnahmen müssten gut begründet werden. Es sei nicht nachvollziehbar, so Bergmann, weshalb beispielsweise im NRW-Nahverkehr eine OP-Maske vorgeschrieben sei, im Fernverkehr aber FFP2-Masken getragen werden müssen. Bergmann: „Das Unglückliche an der jetzigen Gemengelage ist, dass die neue Vorgabenvielfalt zu einer Zeit kommt, da viele der Corona-Regeln müde sind.“

Grippe-Welle rollt

Vorsicht sei momentan mit Blick auf die viel zu früh anrollende Grippe-Welle geboten. „Die Gesundheitsämter in NRW verzeichnen hier einen starken Anstieg“, weiß Bergmann. Aus Sicht der KVNO sei nun wichtig, dass die Patienten mit entsprechender Impf-Empfehlung – also vor allem die über 60-Jährigen, Schwangere ab dem 2. Trimenon und Menschen mit Vorerkrankung – jetzt in die Praxen gehen und sich gegen Grippe impfen lassen. Gemeinsam mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW und anderen Partnern des Gesundheitswesens engagiere sich die KV Nordrhein im Bündnis „NRW impft – Bleib gesund!“. Ziel sei, über den Schutz durch eine erneute Impfung gegen das Corona-Virus und auch über die Wichtigkeit der Grippeimpfung aufzuklären. Bergmann lobt den Schulterschluss mit der Politik auf Landesebene, den er sich auch auf Bundesebene wünschen würde.

„Mit ihrem Engagement haben die Praxen den Grund dafür gelegt, dass wir in Nordrhein heute gut gerüstet sind“, ist Dr. Carsten König, Vize-Vorsitzender der KVNO, überzeugt. Man dürfe sich nichts vormachen: „Seit dem Impfstart im ambulanten Bereich arbeiten die Praxisteams am Anschlag und auch über Kapazität. Leidtragende waren nicht zuletzt die Medizinischen Fachangestellten.“ Dringend angezeigt seien Entlastungen, doch investiert werde an anderer Stelle. König: „Viel Geld wird in die Krankenhäuser gesteckt – nicht in die Vertragsärzteschaft, die meist nicht einmal erwähnt wird.“ Das sorge für großen Frust.

Positiv bewertet die KVNO das vom NRW-Gesundheitsministerium finanzierte gruppentherapeutische Angebot für Kinder und Jugendliche, die unter den Folgen der Pandemie ganz besonders zu leiden hatten. Das niedrigschwellige Angebot ist gut angelaufen“, freut sich Bergmann. Mehr Infos dazu unter www.kvno.de.

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