Das Medikament Paxlovid führt nicht zu mehr positiven Corona-Tests

In einem Video online wird angedeutet, die Nebenwirkungen des Medikaments Paxlovid
würden „Herdenläufe zu Teststationen“ auslösen, da die Symptome einer Corona-Infektion ähneln. Paxlovid wird aber nur bei einer nachgewiesenen Corona-Infektion verschrieben. Einen Einfluss auf das Testergebnis hat das Medikament nicht.

Auf Telegram und Instagram kursiert ein Video, wonach das Medikament Paxlovid Nebenwirkungen auslöse, die den Symptomen einer Coronavirus-Infektion ähneln. Weiter heißtes: „Je mehr dieses Medikament zu sich nehmen, umso mehr Symptome wird es geben, welche wiederum Herdenläufe zu Teststationen auslösen, woraufhin wieder etliche Falschergebnisse eine neue Welle begründen werden.“

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Die Annahmen im Video sind größtenteils falsch. Die Symptome einer Corona-Infektion
und die Nebenwirkungen von Paxlovid unterscheiden sich. Die Verschreibung von Paxlovid
beeinflusst laut medizinischen Fachleuten die Fallzahlen nicht, denn das Arzneimittel wird
nicht vorbeugend, sondern nur zur Behandlung der Krankheit Covid-19 verschrieben. Seine
Einnahme beeinflusst auch nicht das Corona-Testergebnis.

Paxlovid ist seit dem 28. Januar 2022 in der EU bedingt zugelassen. Ärzte können das
Medikament in Deutschland seit Ende Februar verordnen. Laut Verpackungsbeilage wird es zur Behandlung von Covid-19 bei Erwachsenen eingesetzt, die ein erhöhtes Risiko für einen
schweren Verlauf haben und keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen. Als antivirales
Arzneimittel soll Paxlovid „die Vermehrung des Virus in den Zellen und damit auch die Vermehrung des Virus im Körper“ stoppen.

Nebenwirkungen von Paxlovid unterscheiden sich von den häufigsten Symptomen
einer Corona-Erkrankung

Zu den bisher gemeldeten häufigsten Nebenwirkungen des Medikaments zählen laut Verpackungsbeilage ein veränderter Geschmackssinn, Kopfschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) teilt uns auf Anfrage mit, dass zwar eine gewisse Überschneidung des Nebenwirkungsprofils von Paxlovid mit den Symptomen einer Corona-Erkrankung bestehe. „Allerdings sind die häufigsten Symptome einer Corona Erkrarıkung (Husten, Fieber und Schnupfen) keine bekannten Nebenwirkungen von Paxlovid.“ Auch seien die Mehrzahl der „weiteren Symptome“ einer Corona-Infektion keine bekannten Nebenwirkungen des
Medikaments.

Paxlovid wird nur bei positivem Corona-Test verschrieben und beeinflusst Fallzahlen nicht

Ab Sekunde 38 heißt es in dem Video, dass in sozialen Netzwerken kursierte, je mehr Menschen Paxlovid einnähmen, desto mehr Symptome werde es geben. Dies werde zu zahlreichen falschen Testergebnissen und einer „inszenierten“ Welle im Herbst führen. Diese Schlussfolgerung ist jedoch falsch. Das Bfarm schreibt in seiner Antwort an uns, dass die Verschreibung von Paxlovid zwingend einen positiven Corona-Nachweis voraussetze. Auf seiner Website gibt das Bundesinstitut an, dass hierzu zunächst ein Schnelltest reiche. Ärztinnen und Ärzte müssen in solchen Fällen jedoch zusätzlich einen PCR-Test veranlassen.

Paxlovid werde nicht vorbeugend eingesetzt, schreibt auch Stefan Kluge. „Das Medikament
erhalten Patient:innen, die seit kurzer Zeit symptomatisch und noch nicht schwer erkrankt
sind, aber Risikofaktoren für einen schweren Verlauf haben.“ Die Therapie mit Paxlovid müssen in den ersten fünf Tagen nach Einsetzen der Symptome beginnen. Dass ein Testergebnis vorliegen muss, bestätigten uns auch Beate Grüner, Leiterin der Sektion Klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Ulm, und die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie.

Eine infizierte Person wird laut Robert-Koch-Institut (RKI) in der Statistik als Fall
gezählt, wenn die Infektion durch einen PCR-Test nachgewiesen wurde. Die Aussage, dass
sich durch die Einnahme von Paxlovid die Fallzahlen erhöhen, ergibt daher keinen Sinn. Wie
wir in einem Faktencheck im November 2021 erläuterten, zählt das RKI eine Infektion nicht
mehrfach — würde sich eine Person während der Einnahme von Paxlovid erneut testen lassen, würde dies nicht als neuer Fall in die Statistik des RKI eingehen.

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