Der unsichtbare Zweite oder: Verliebt in Gott

Uchenna Aba hatte eine Zwillingsschwester. Sie überlebte ihre Geburt nur um Minuten. Auch auf Uchennas Leben hätte niemand gewettet …„Hallo. Kommen Sie rein“, sagt Aba. Irgendetwas ist da, denke ich. Es ist dieses Lächeln: einnehmend ohne zu vereinnahmen. Uchenna Aba ist 46 und kommt aus Nigeria. Er ist seit zehn Jahren in Deutschland. Er ist Priester: Verliebt in Gott, denke ich und frage: Ist Gott Ihr Partner? „Nein. Er ist Vater und Freund. Er und ich – das ist nicht dieselbe Ebene.“

Uchenna: Gottes Wille

Abas Weg zu Gott begann mit der Geburt. „Mein Vorname Uchenna bedeutet ‚Gottes Wille‘.“ In Nigeria studierte Aba Theologie und Philosophie. Philosophie, denke ich, bedeutet Fragen stellen. „Natürlich ist Glaube oft mit Zweifeln verbunden“, sagt Aba, „aber die Zweifel haben mich stark gemacht.“ Aba hat sieben Geschwister. Er ist der Älteste. Sein Vater: Grundschullehrer im Ruhestand. Die Mutter: Mutter und Hausfrau.
Wenn Aba über den Glauben spricht, wirkt er nicht wie ein Handelsvertreter. Ist Gott eigentlich eine Idee? „Nein. Für mich ist Gott real.“ Für Aba ist die Instanz des Realen die: „Ich weiß, dass er da ist.“ Drei Wochen nach seiner Priesterweihe sagte ihm sein Bischof: „Sie gehen jetzt nach Deutschland.“ Die Stationen: Deutschkurs in Hamminkeln. Studium und Promotion (Liturgiewissenschaft) und dann Kessel: Goch-Kessel. Dritte Heimat: Der Glaube, Nigeria, Kessel. Das Leben: eine Lupe.

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Mehr als eine Idee

Ist Gott eigentlich ein Mann? „Gott ist weder ein Mann noch eine Frau. Er hat auch keine Hautfarbe.“ Also doch eine Idee? „Nein. Gott ist mehr als eine Idee.“ Glaube ist eine Herausforderung. Glaube ist das Gegenteil von Beliebigkeit. Glaube ist eine Haltung. Der Grundstein: Liebe. „Ich kann niemandem etwas vermitteln, wenn ich nicht die Liebe zu den Menschen habe. Das ist der Grundstein.“ Wenn man mit Aba spricht, schwebt irgendwie immer ein ‚Ja‘ im Raum. Es ist ein Ja ohne Bedingungen – ein Ja, das Platz lässt.
Hat Aba nie an eine eigene Familie gedacht? An Frau und Kinder? „Ja. Manchmal. Vor allem während der Corona-Zeit. Ich habe mich manchmal einsam gefühlt.“ Was hat ihn getragen: die Freunde. Gespräche.

Ein Stück Heimat

Abas Glauben ist das Eine, aber da ist auch die Umsetzung. Er als Pastor ist ja auch Manager. „Der Umgang mit Menschen ist eine Kunst“, sagt er und man hört, dass auch ein Priesterleben nicht aus permanenten Seligkeiten besteht. Aba, das vermitttelt er mit jeder Faser, ist überzeugt von seinem Glauben. Was wäre, wenn morgen ein Anruf käme, er zurück müsste nach Nigeria? „Meine Eltern würde sich freuen. Für mich ist Kessel ein Stück Heimat geworden – ein Platz, an dem ich zuhause bin.“
Ist das Leben ein Plan Gottes, in dem es keine Zufälle gibt? „Nein. Das sehe ich nicht so, aber: Dinge passieren und sie beeinflussen unser Leben. Meine Schwester starb bei der Geburt. Ich lebe noch. Menschen verändern unser Leben. Bei mir war es ein Priester, der dafür gesorgt hat, dass ich zum Gymnasium gehen und studieren konnte. Jetzt bin ich hier.“ Man muss die Dinge annehmen. Das hat nichts mit Beliebigkeit zu tun.

Wenn es eng wird

Aba, denke ich nach 60 Minuten Unterhaltung, wäre einer von denen, zu denen man ginge, wenn es eng wird im Leben. Da ist es wieder – das Lächeln. Einnehmend ohne zu vereinnahmen. Glauben, denke ich, bedeutet immer auch: Zweifel auszuhalten. Es braucht Vertrauen und Menschen mit Haltung. Abas Kraft kommt aus seinem Glauben und aus einem Vertrauen, das nie erblindet.

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