Irreführende Grafik: Doch, der Rohölpreis in Euro ist im Vergleich zu Juli 2008 gestiegen

Eine Facebook-Grafik stellt Preise für Rohöl in US-Dollar und für Benzin in Euro von Juli
2008 und März 2022 gegenüber. Dadurch entsteht der Eindruck, Sprit sei heute teurer und
Öl billiger. Doch der Rohöl-Preis in Euro ist im Vergleich zu Juli 2008 gestiegen.

„Mal was zum Nachdenken“, heißt es auf einem Bild auf Facebook. Darunter ist eine Tabelle zu sehen, die den jeweiligen Preise für das Barrel Öl und Superbenzin im Juli 2008 und im März 2022 gegenüberstellt. Der Ölpreis sei demnach von 150 US-Dollar auf 140 US-Dollar gesunken und der Super-Preis von „1,58/l“ auf „2,32/l“ gestiegen. CORRECTIV.Faktencheck hat überprüft, ob diese Angaben stimmen.

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Mit „1,58/l“ und „2,32/l“ sind wahrscheinlich die Preise für Sprit in Deutschland, also in Euro gemeint. Der Preis pro Liter Superbenzin lag laut ADAC im Juli 2008 durchschnittlich bei 1,52 Euro. Es stimmt jedoch Medienberichten zufolge, dass er zeitweise – wie in der Collage behauptet – bei 1,58 Euro pro Liter lag. März 2022 war laut ADAC der bis dahin „teuerste Tank-Monat aller Zeiten“. Durchschnittlich lag der Preis für Super im März bei 2,15 Euro. Am teuersten Tag des Monats, dem 14. März, lag der Durchschnittspreis für Super bei 2,26 Euro.
Der durchschnittliche Preis im März lag folglich niedriger als 2,32 Euro. Da Spritpreise jedoch regional und von Stunde zu Stunde stark schwanken können, ist es möglich, dass es Tankstellen in Deutschland gab, an denen der Liter Super im März so viel gekostet hat.

Ebenso wie der Spritpreis kann der Ölpreis stark schwanken. Der Preis für das Barrel Öl kletterte Mitte Juli 2008 laut Medienberichten auf eine Rekordsumme von fast 150 US-Dollar. Einer der Preistreiber war die damalige Finanzkrise.

Im März 2022 dagegen kostete ein Barrel der Rohölsorte UK Brent durchschnittlich 117 US-Dollar. Es kam laut einem Bericht des Handelsblatts aber am 7. März 2022 vor, dass Rohöl zum Handelsstart in Asien kurzzeitig bei 139 Dollar pro Barrel stand.

Der Rohölpreis ist in Euro umgerechnet nicht gesunken, sondern gestiegen

Um die Preise zwischen Barrel Öl in USDollar den Spritpreisen in Euro in Bezug zu setzen, muss jedoch der Wechselkurs beachtet werden, der sich zwischen 2008 und 2022 stark verändert hat. Auch ein Nutzer schreibt in den Kommentaren auf Facebook: „Bitte mal den Dollarkurs von 2008 und 2022 checken“. Das haben wir getan: 147 Dollar entsprachen im Juli 2008 bei einem durchschnittlichen Wechselkurs in diesem Monat (1 US-Dollar = 0,64 Euro) 93 Euro. 117 Dollar waren im März 2022 umgerechnet mit dem durchschnittlichen Wechselkurs des Monats (1 US-Dollar = 0,91 Euro) rund 106 Euro.

Fazit: Der Ölpreis in US-Dollar und der Spritpreis in Euro lassen sich nicht vergleichen, ohne den jeweiligen Wechselkurs zu berücksichtigen. Der Preis für Rohöl ist umgerechnet in Euro nicht gesunken, sondern gestiegen. Während also der Rohöl-Preis im Vergleich zu Juli 2008 in Euro gestiegen ist, ist es auch der Spritpreis.

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