EMMERICH. Nachdem die Vertreter der teilnehmenden Schulen des Hanseroman-Projekts zuletzt Ende 2021 ihren Weg nach Emmerich gefunden hatten (die NN berichteten), gab es nun im Rahmen einer Projektwoche ein feierliches Wiedersehen in der Stadt am Rhein – zumindest für einige der Besucher. Denn dieses Mal waren erstmals auch die Schüler dabei, die den Roman schreiben. Für die Gäste aus dem polnischen Danzig, dem niederländischen Hardewijk, dem litauischen Kaunas und der Hanse-Metropole Lübeck gab es ein breites Programm, das auch einen Besuch des Hansetags in Neuss umfasste.

Hansestadt sein: Das wollen viele, aber nur wenige schaffen es in den Städtebund „neue Hanse.“ Emmerich gehört dazu. Eine der Stärken der Stadt, wie Wolfgang Tyssen betont. Er ist Lehrer an der Gesamtschule Emmerich und einer der Projektverantwortlichen. Als Privatperson hatte er 2019 am Hansetag im russischen Pskow teilgenommen, wo er nicht nur zu den Delegierten Kontakte knüpfte. Über diesen Weg fand er schließlich nach und nach mit den Lehrern der Partnerschulen für das aktuelle Romanprojekt zusammen. Hierbei schreiben Schüler einer jeden Schule für das Buch eine eigene Geschichte zum Thema Hanse.

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Das offensichtliche Ziel ist es, am Ende einen Roman in Printform und digital in den Landessprachen zu veröffentlichen, der mit seinen Geschichten die Hanse aufwertet und die jeweiligen Städte präsentiert. Ein weniger offensichtliches, doch nicht minder wichtiges Ziel des Romanprojekts und der Projektwoche ist laut Tyssen aber auch der Kontakt zwischen den Schülern. Das soll das Verständnis zwischen den Nationen fördern.

Erziehung zum Frieden

Die letzten Ereignisse in der Welt haben dafür gesorgt, dass einige Projektpartner nicht mehr dabei sind. Der Kontakt zur isländischen Lehrerin ist durch die Pandemie abgebrochen. Die Partner aus Russland schieden nach dem Angriff auf die Ukraine aus. Ein Umstand, den Tyssen hofft irgendwann nach Kriegsende beseitigen zu können. „Sie können ja nichts für die Situation.“

Aber im Licht dieser Geschehnisse zeigt sich nun umso eindringlicher, wie wichtig das Hanseprojekt ist. Tyssens Vision und Hoffnungen für das Projekt sind klar: „Die Beteiligten ziehen den Kreis weiter und begeistern andere für das Projekt.“ Durch so ein Schneeballsystem könnte es in Zukunft nicht nur weitere Bände geben, sondern sich das Wissen um die Gemeinsamkeiten in den Köpfen der Menschen weiter verfestigen. Und das soll zeitgleich dabei helfen, andere so anzunehmen, wie sie sind. Denn auch Unterschiede wird es immer geben, das Individuelle. So hat das Projekt das Potenzial, eine „Erziehung zum Frieden“ zu leisten.

Das erste echte Treffen

Kontakt untereinander aufnehmen konnten die Schüler schon zuvor über einen geschlossenen Chat, wo sie Tipps austauschen oder Skizzen teilen. In der Projektwoche kamen die Schüler jedoch erstmalig direkt zusammen. Im Vordergrund stand dabei der Spaß: Egal ob bei selbst kreierten Kennenlernspielen oder beim gemeinsamen Kochen. Einige der Gäste kamen bei vier Emmericher Familien unter, die anderen kehrten im Ortschen Hof ein.

Dann war da natürlich noch das eigentliche Programm: Den Anfang machte ein Besuch bei Bürgermeister Peter Hinze. Gemeinsam kreativ wurden die Partner hingegen, als sie im Schulgebäude am Grollschen Weg unter Anleitung von Lehrer und Künstler Pierre Vanhems ein großes Wandbild zur Hanse malten.

Als letzte große Aktion ging es zusammen zum Hansetag nach Neuss, inklusive eines Treffens mit den Bürgermeistern von Lübeck und Neuss. Hier repräsentierten zwei Gesamtschüler Emmerich als Jugendabgeordnete mit Stimm- und Rederecht. Da aber das Gemeinsame auch außerhalb einer Weggemeinschaft wie der Hanse zu finden ist, waren zum abschließenden Grillen nach dem Hansetag auch die ukrainischen Schüler eingeladen.
Nicht nur das passt gut zu Tyssens Motto „Ziehe den Kreis nicht zu klein“, das er auch auf das Projekt anwendet. Entsprechend dazu haben auch Emmericher Schüler, die nicht am eigentlichen Projekt teilnehmen, mitgeholfen, die Woche zu gestalten. Zwei von ihnen sind nun sogar ins Projekt eingestiegen.

Es ist nicht lange her, da hat die Pandemie die Arbeiten am Buch regelrecht zum Stillstand gebracht. „Wir sind etwa zwei Jahre zurückgeworfen worden“, erläutert Tyssen. Mittlerweile geht es mit dem Roman aber wieder voran. Hetzen wollen sich die Beteiligten trotzdem nicht. Auch deshalb, weil noch die Möglichkeit im Raum steht, dass weitere Partner dazukommen: etwa aus Dänemark, Brügge oder wieder aus Island.

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