STRAELEN. Es ist ein potenzielles Leuchtturm-Projekt, mit dem Straelen bei Gelingen als Vorreiter für die ganze Agrobusiness-Region vorangehen würde: Nach dem vergangenen Erfolg beim Landeswettbewerb folgt nun eine Machbarkeitsstudie, um die Möglichkeiten zu prüfen, zukünftig Geothermie für die CO2-freie Wärme-Energieversorgung im Gartenbau zu verwenden. Umsetzen werden diese die Stadt Straelen, die Fraunhofer IEG und Draek Gartenbau mit den assoziierten Partnern Agrobusiness Niederrhein, Gelsenwasser, Landgard, LWK-NRW-Gartenbauzentrum Straelen und Wans Roses.

Seinen Anfang nahm das Projekt 2021 mit der Teilnahme am Wettbewerb „Wärme aus Tiefengeothermie in NRW“ des Landes NRW. Die Stadt Straelen entschied sich mit dem Gartenbaubetrieb Draek dazu, das früher schon besprochene Thema „Wärmeversorgung des Gartenbausektors aus Tiefengeothermie“ aufzugreifen. Mit der Fraunhofer IEG arbeitete man diesen Beitrag aus – mit Erfolg. Als einer von drei Gewinnern erhielten die Partner für die im März bewilligte Machbarkeitsstudie eine Förderung von 90 Prozent. Vom Gesamtvolumen in Höhe von 470.000 Euro sind das rund 420.000 Euro.

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Für Straelen ist das Projekt eine sinnvolle Option für die Zukunft. Thomas Linßen von der Stadt Straelen erklärt: „Straelen liegt im Herzen der Agrobusiness-Region Niederrhein.“ Allein um die Stadt herum gebe es circa 170 Hektar Unter-Glas-Gewächshäuser. „Die haben einen enormen Energiebedarf, vor allem für den Wärmesektor.“ Rund 200 Gigawatt-Stunden kämen hier im Jahr zusammen.

Seit Beginn steht das Ziel, die Wärme-Energieversorgung CO2-frei zu gestalten. Mit Geothermie, der Förderung heißen Thermalwassers, könnte das gelingen. Im Untergrund wird dabei poröses Gestein gesucht, das heiße Wasser heraufgepumpt, über Wärmetauscher übertragen und das abgekühlte Wasser über eine zweite Bohrung nach unten gepumpt. So muss das benötigte Wasser nicht mehr anderweitig erwärmt werden.

Schwieriger und dringlicher wird das Thema hingegen durch die aktuelle Lage: „Durch die veränderte geopolitische Lage, durch die Verknappung von Gas und anderen fossilen Brennstoffen ist eine Dynamik ins Projekt gekommen, mit der wir bei der Bewerbung damals nicht gerechnet haben.“ Neben dem Fokus auf Klimaschutz hätten auch die Versorgungssicherheit und die Wirtschaftlichkeit für die Gartenbaubetriebe immer mit im Vordergrund gestanden. Die Abhängigkeit von russischen Gasen war den Verantwortlichen natürlich bekannt, Tiefengeothermie würde aber auch hier für Energieunabhängigkeit sorgen können. Man wolle die Region stabilisieren und auf eine gute Grundlage in der Energieversorgung setzen.

Ergebnisse in einem Jahr

In einem Jahr sollen voraussichtlich die ersten Ergebnisse vorliegen. Eine Tendenz verraten schon erfolgreiche Projekte aus den Niederlanden. Linßen selbst ist jedenfalls zuversichtlich angesichts solcher Erfolge und der Tatsache, dass am Niederrhein Massen- und Kohlenkalk vorhanden sind. „Das sind die nutzbaren Horizonte, wo genug heißes Wasser zirkulieren kann, um es für die Energieversorgung heranzuziehen.“

Bei der Studie selbst gehe es laut Dr. Oliver Ritzmann von der Fraunhofer-Einrichtung darum, „alle vorhandenen Daten zusammenzufassen und den Untergrund zu charakterisieren. Das ist in der Geologie immer eine unsichere Geschichte.“ Man wolle Computermodelle und unterschiedliche Szenarien entwickeln, um sich mit Simulationen auf die Eventualitäten vorzubereiten.

Bei positiven Auswertungen wird die Studie eine Empfehlung für weitere Maßnahmen geben. Daraus folgen in einem zweiten Schritt eventuell weitere, zum Beispiel seismische Untersuchungen, um weitere Daten zu generieren. Ans Bohren geht es erst, wenn es konkrete Hinweise auf nutzbare geologische Horizonte gibt.

Bis die Pläne realisiert werden könnten, rechnen die Fachleute mit vier bis fünf Jahren. Es gelte nämlich auch, Risiken auszuschließen, sowohl geologischer als auch wirtschaftlicher Art. „Das sind extreme Investitionen“, sagt Linßen. Eine Bohrung auf zwei Kilometer koste etwa anderthalb bis zwei Millionen Euro. Nicht nur muss man die Wirtschaftlichkeit berechnen, auch die Verteilmodelle zu den Gartenbaubetrieben und mögliche Standorte wollen noch überblickt werden.

Für Unternehmer wie Matthias Draek ist der Druck wegen der explodierenden Energiekosten jedenfalls extrem. Trotz aller Zuversicht ist es aber nicht der Plan, alles auf eine Karte zu setzen. „Wir müssen neben der Tiefengeothermie auch andere Alternativen prüfen, um den Standort zu sichern“, sagt Linßen.

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