XANTEN. Trotz einer langen Zeit des Zwangs-Stillstands und der Herausforderungen einer, an den Besuchern orientierten, zukünftigen konzeptionellen Neuausrichtung hat das Team des Stiftmuseums Xanten eine neue Sonderausstellung feierlich eröffnet: „Von Rom nach Xanten – der Künstler Wilhelm Achtermann und das weiße Gold“. Die Leihgaben der Domkammer Münster und der Kunstpflege des bischöflichen Generalvikariats sind kostenfrei bis Sonntag, 25 September, am Kapitel 21 zu bestaunen.

Herzstück der Ausstellung sind die sechs erhaltenen Kopffragmente von Achtermanns monumentalen, christlichen Marmor-Skulpturen zur „Kreuzabnahme“ und „Pietá“.
Bei der ersten Skulptur handelte es sich um eine Figurengruppe, die die Abnahme Jesu vom Kreuz nach seinem Tod zeigt.

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Die ausgestellten Köpfe der Figuren sind ein Beweis für die Besonderheit von Achtermanns Skulpturen. Die Interimsleitung des Museums, Claudia Kienzle, hebt hier vor allem „die Qualität und den Ausdruck seiner Skulpturen“ hervor. Er habe es geschafft, „tiefe Gefühle der Menschen in kostbarem Carrara-Marmor zu verewigen“. Achtermann habe sich mit einer ausgeprägten Körperstudie bestmöglich der Perfektion genähert.

Ungewöhnlich für einen Künstler war hingegen sein Wunsch, dass andere seine Werke kopieren mögen. Das lag vor allem an der mit ihnen verbundenen christlichen Botschaft. Und sein Wunsch ging in Erfüllung, wie die Ausstellung ebenfalls zeigt. In seiner „Pietá“, bei der Maria ihren Sohn beweint, kommen die Emotionen ebenso durch die detaillierte Ausarbeitung zur Geltung. Beide Skulpturen wurden im zweiten Weltkrieg Opfer von Bombenangriffen. Nach dem Krieg wurden die schwer beschädigten Figuren endgültig zerschlagen und die Bombentrichter mit ihren Resten gefüllt. Erst 1965 entdeckte man ihre Köpfe erneut.

Das Marmor aus Carrara in der Toskana, aus dem seine Figuren bestehen, wurde schon ab dem 1. Jahrhundert vor Christus aus den Steinbrüchen gewonnen. Damals vor allem auf sehr mühselige Art, wie die Ausstellung erläutert. Zu Festtagen wird diese Arbeitsweise aber noch heute kultiviert. Dieser weiße „Statuen-Marmor“ gilt als die reinste Form – und damit teuerste. Von der gehobenen Qualität können sich Besucher übrigens selbst überzeugen, wenn sie die ausliegenden Proben bearbeiteter Marmor-Oberflächen berühren. Die Werkzeuge zur Bearbeitung liegen ebenfalls aus.

Filmreifer Aufstieg

Nicht nur Achtermanns Werke sind etwas besonders, sondern auch sein Werdegang. Kienzle vergleicht es mit der filmreifen Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär. Geboren 1799 in Westfalen, wuchs er in einfachen Verhältnissen auf und arbeitete als Schweinehirte und später als Schreinergeselle.

Die Schnitzkunst lag ihm immer schon, aber erst im Alter von fast 30 Jahren startete er seine künstlerische Ausbildung. Fast mittellos kam er nach Berlin, wurde aber trotz mangelnder Lese- und Schreibkenntnisse aufgrund prominenter Empfehlungen an der königlichen Akademie der Künste aufgenommen. Wegen mangelnder Aufträge zog er nach seinem Abschluss als klassizistischer Bildhauer nach Carrara, wo er als Marmorarbeiter in den Steinbrüchen arbeitete, später als Sachverständiger. Seine letzte Station bis zu seinem Tod 1884 war Rom – wo auch der Papst zu seinen Bewunderern zählte.

Wer mehr erfahren und sich von den Skulpturen überzeugen möchte, kann dies kostenfrei zu den regulären Museumszeiten tun: dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr sowie sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr. Weitere Informationen unter www.stiftsmuseum-xanten.de.

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