Sparen E-Autos erst nach 219.000 Kilometern Fahrt Emissionen?

Nein, E-Autos sparen nicht erst nach 219.000 Kilometern Fahrt Emissionen im Vergleich zu einem Diesel!

Um eine bessere Klimabilanz zu haben als ein Diesel, müssen E-Autos viel weniger Kilometer fahren, als behauptet. Das zeigen aktuelle Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung.

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„Forscher: E-Autos sind kaum besser als moderne Verbrenner“, heißt es im Netz. Angeblich dauere es 14,6 Jahre oder 219.000 Kilometer, bis ein Elektroauto CO2-Emissionen gegenüber einem Diesel-Fahrzeug einspare. Bei einem „neuwertigen Benziner“ seien es 8,5 Jahre oder 127.500 Kilometer. Als Beleg für die Aussage wird ein Artikel des Münchner
Merkur verlinkt.
Unser Faktencheck zeigt jedoch: Die Aussagen im Artikel beruhen auf einem veraltetenBericht von 2019, dessen Daten aktualisiert wurden. Eine aktuelle Berechnung zeigt, dass E-Autos deutlich weniger Kilometer fahren müssen, bis sich ein Vorteil gegenüber einem Diesel einstellt. Je nach Größe der Batterie und der Art des getankten Stroms variiert die Klimabilanz von E-Autos aber stark.
Merkur-Artikel beruht auf einer veralteten Quelle.
Der Artikel des Merkur beruht auf einem Bericht des ADAC von August 2019. Darin wird eine Auftragsarbeit des Unternehmens Joan neum Research Forschungsgesellschaft für den Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring-Club, den ADAC sowie die Internationale Automobilvereinigung genutzt, um die CO2-Bilanz eines E-Autos mit einer 40 Kilowattstunde großen Batterie zu berechnen und anschließend mit der von Verbrennern zu vergleichen.
Der Knackpunkt: Die Daten sind veraltet. Die Firma Joanneum Research schrieb 2019, für
die Produktion einer Batterie würden durch
schnittliche 171 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde verursacht. CO2-Äquivalent ist eine Maßeinheit, mit der der Einfluss verschiedener Treibhausgase auf die Erwärmung der Erde so umgerechnet werden kann, dass er mit dem Erwärmungspotential von CO2 vergleichbar ist.
Dabei bezog sich das Forschungsunternehmen auf eine Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts von 2017, die 175 Kilogramm CO2-Äquivalente Emissionen pro Kilowattstunde Energiegehalt der Batterie veranschlagt hatte. Die schwedische Studie wurde allerdings im September 2019 überarbeitet und kam in der aktuelleren Version auf
Werte zwischen 61 und 106 Kilogramm CO2
pro Kilowattstunde. Gesamtbilanz des E-Autos ist laut Fraunhofer-Institut besser als die von Verbrennern. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Umweltbilanz von E-Autos ist neben der Batterie die Art des getankten Stroms. Wird Strom aus regenerativen Energien getankt, fallen keine weiteren Emissionen an. Sind im Strommix jedoch fossile Energieträger enthalten, wie Kohle oder Gas, dann verschlechtern diese die Bilanz des E-Autos.
Eine Berechnung, die das berücksichtigt, hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer-ISI) im Januar 2020 durchgeführt. Für ein Elektroauto mit einer 40 Kilowattstunden großen Batterie ergaben die neueren Berechnungen, dass – je
nach angenommenem CO2-Ausstoß bei der
Batterieproduktion – zwischen 55.000 und
115.000 Kilometern gefahren werden muss,
um einen Klimavorteil gegenüber einem Die
sel zu erreichen. Bei einem Benziner sind es
etwa 52.000 bis 98.000 Kilometer. Legt man der Berechnung nicht den deutschen Strommix zugrunde, sondern einen, der zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien stammt, verbessert sich die Klimabilanz der E-Autos deutlich. Dann sind laut Fraunhofer ISI bei einer 40 kWh großen Batterie nur noch etwa 17.000 bis 42.000 Kilometer für einen Klimavorteil gegenüber dem Diesel beziehungsweise etwa 18.000 bis 40.000 Kilometer im Vergleich zu einem Benziner nötig.

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