NIEDERRHEIN. Mit den Veränderungen in der Bestattungskultur waren auch Grabsteine über die letzten Jahrzehnte einem Wandel unterzogen. Noch vor 20 Jahren machten sich die Menschen zum Beispiel keine Gedanken über Urnengräber – heute sieht das anders aus. Die Sonsbecker Steinmetze Marcus van Huet und Reiner Weber erzählen mehr von den Veränderungen und den Konstanten.

Sarg- und Urnengräber sind heute die beiden Hauptkategorien, wenn es um Bestattungen geht. Schaut man sich die Grabsteine an, gibt es vor allem einen Unterschied: die Größe, die wiederum von der Größe der Grabfläche abhängt. Diese ist zwar letzten Endes variabel, aber der Standard für Urnen lässt sich etwa mit einem Meter mal einem Meter bemessen, während die Fläche beim Sarg beziehungsweise Wahlgrab mit etwa 2,50 Meter mal 2,50 Meter größer daherkommt. Wie groß dann die Grabsteine letztlich seien, das sei laut der beiden Steinmetze von Landstrich zu Landstrich unterschiedlich. Und es kommt auf die Anlage an.

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Ein weiterer Unterschied: bei einem Wahlgrab für Sargbestattungen sind es vermehrt – aber nicht ausschließlich – quer stehende Breitsteine, bei der Urne dagegen hochformatige Stelen. Die verwendeten Steinarten sind allerdings bei beiden Typen gleich. Eine Stele mit mehreren Urnengräbern, die jeweils mit kleinen Grabplatten an der Vorderseite verschlossen sind, heißt übrigens Kolumbarium.

Veränderung durch Globalisierung

„Nach dem Krieg verwendete man vor allem einheimische Steine, in Verbindung mit Betonwerkstein. Naturstein war sehr teuer“, erzählt van Huet. Das waren vor allem dunkle Steine. In den 1970er Jahren seien die Marmorsteine dazugekommen, weißlich und mit Struktur. In den 1980er und 90er Jahren stellte sich wiederum eine Weiterentwicklung ein, die sich bis heute hält: die Globalisierung und die damit einhergehende Öffnung des Weltmarkts. Die Steine kommen seitdem von überall her. Die Globalisierung sorgte für eine Materialvielfalt. Egal ob aus Indien, Afrika, Südamerika oder Skandinavien. Somit fanden auch bunte Granite und ähnliche Gesteine ihren Weg nach Deutschland. Das sorgte zudem über die Jahre dafür, dass neben der Gleichförmigkeit vieler Steine bei anderen wiederum zwei oder mehr unterschiedliche Materialien und Farben kombiniert wurden.

Einen kontinuierlichen Trend gibt es bei alledem jedoch nach wie vor, wie die beiden Steinmetze betonen: Schwarz bleibt stabil und zeitlos. Allerdings habe die Pandemie das Potenzial, dem globalen Markt entgegenzuwirken und wieder lokale Steine ins Licht zu rücken. Etwa, indem sie für eine teurere Containerfracht sorge, auch die Lieferzeit steige unter Umständen.

Von gerade bis geschwungen

Was die Form angeht, hat sich seit Kriegsende einiges getan. Waren es nach 1945 besonders viele rechteckige Platten, kamen später immer mehr Formsteine dazu. Durch den Import sind die Formen komplizierter geworden. Aber die einfachen, geraden und modernen Steine gibt es nach wie vor. Auch bei den Stelen sind die Formen zahlreich, wie bei den größeren Vertretern. Von geschwungen und barock bis hin zu gerade und schlicht ist vieles möglich.

Findlinge, also Naturformen, finden vor allem bei Naturliebhabern großen Anklang. Wobei die Natürlichkeit eher eingeschränkt natürlich ist: Früher holte man solche Steine noch oft aus dem Flussbett, heute würden sie eher so bearbeitet, dass sie wie Findlinge aussehen.

Bei Grabsteinen darf zudem oft die persönliche Gestaltung nicht fehlen. Aufwändige Ornamente gab es sowohl früher als auch heute. Heute aber gibt es neben christlicher Symbolik auch vermehrt weltliche. Sonnenuntergänge oder Pusteblumen sind Beispiele dafür. Früher sah das noch ganz anders aus. Die Friedhofssatzungen sind offener geworden. Dennoch lässt so eine Satzung nicht an jedem Ort alles zu, etwa wenn es um das Grab komplett abdeckende Grabplatten geht. Das ist regional unterschiedlich.

Jeder Auftrag einzigartig

Verschieden ist auch die Einstellung der Hinterbliebenen gegenüber dem Grabstein. Die einen haben eine konkrete Vorstellung, die anderen gehen ohne eine solche an das Thema heran. Um eine Eigenschaft wie die „Lebenszeit“ eines Steins müssen sich Hinterbliebene keine Gedanken machen, aber ein paar unterschiedliche Eigenschaften bringen Steinarten dann doch mit sich. Weichgesteine sind nicht mehr so beliebt, da sie mehr Wasser aufnehmen und daher schneller grün und dreckig werden. Gleichzeitig sollte man nicht die optischen Vorlieben vergessen. Und hier bietet zum Beispiel das Weichgestein Sandstein wärmere Farben.

Da es sich immer um sehr persönliche Situationen handelt, sind Steinmetze eigentlich immer mit besonderen Aufträgen konfrontiert. „Aber es gibt immer wieder Steine, an denen man etwas mehr hängt“, verrät Weber. Etwa, wenn es einmal um einen prominenten Menschen geht oder um ein junges Kind. „Das ist emotional schon sehr aufgeladen.“

Zwar wählen Angehörige immer wieder einen Stein aus dem bestehenden Sortiment aus, hervorstechendere Sonderanfertigungen gebe es aber auch. „Aber eigentlich ist jeder Stein im Grunde etwas Einzigartiges.“

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