XANTEN. Ein deutschlandweiter Wettbewerb und 215 Konkurrenten. Um hier aufs Treppchen zu kommen, braucht es Talent und vielleicht eine Prise Glück. Erstgenanntes hat Tobias Schrörs aus Xanten in jedem Fall bewiesen, das zeigt der zweite Platz im Ökumenischen Liedwettbewerb. Da der Sonntag als wöchentlicher Feiertag in diesem Jahr seinen 1.700. Geburtstag feiert, hatte das katholische Deutsche Liturgische Institut in Trier und das Gottesdienst-Institut der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in Nürnberg den Wettbewerb ausgerufen. Mit diesem Hintergrund sollten Teilnehmer ein Lied schaffen, dessen Inhalt sich auf die Feier des Sonntags als Tag der Auferstehung Christi konzentriert. Zudem sollte die Relevanz des Sonntags für den Menschen von heute aufscheinen.

Was sicherlich geholfen hat, ist die Tatsache, dass Schrörs kein blutiger Anfänger im Songwriting ist. Rund 30 Kirchenlieder-Texte gehen mittlerweile auf sein Konto, viele von ihnen sind anlassbezogen. So hat er einmal das Lieblingslied eines Verstorbenen in deutscher Form umgesetzt. Eines seiner Lieder steht sogar im Kirchengesangbuch des Bistums Münster, seitdem es bei der Seligsprechung von Kardinal von Galen in Rom uraufgeführt wurde. Vor allem aber schrieb der Lehrer für katholische Religionslehre und Latein und Schulseelsorger am Städtischen Stiftsgymnasium in Xanten während seines Referendariats zusammen mit dem Kantor seines Kirchenchors viele Lieder. „Alle paar Wochen ist ein neues Lied entstanden“, sagt er.

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Seit er 2008 nach Xanten gezogen ist, hat diese Nebenbeschäftigung zwar ein wenig abgenommen, verschwunden ist sie aber nie. So schrieb er noch unter anderem ein Lied für Marienbaum. Dieses Jahr erhielt er dann von einem Freund aus Berlin den Hinweis auf den Wettbewerb, der ihn anstachelte, ein weiteres Mal den Stift aufzunehmen. Auch das besondere Thema motivierte: „Lieder direkt zum Sonntag gibt es eigentlich nicht.“

Eine Herausforderung

Ohne Schwierigkeiten lief es aber nicht ab: Trotz vieler Gedanken kam er nicht so recht voran. „Entweder hatte ich bisher zu einer Melodie einen Text geschrieben oder zu einem Text eine Melodie. Aber aus dem Nichts etwas zu schaffen, das fand ich schwierig.“

Also bat er zwei befreundete Kirchenmusiker um eine Melodie. Gereon Düsterhus, Kantor von Marienbaum, konnte aus Zeitmangel nicht aushelfen, Martin Kopp, Chorleiter in Selm, schon. Zunächst schlug Düsterhus jedoch vor, eine bekannte Melodie als Grundlage zu nehmen. „Die Zeit drängte, es waren nur noch zwei Wochen“, erinnert sich Schrörs. Als der Text einigermaßen fertig war, schickte er ihn Kopp mit der Bitte, die Melodie zu überprüfen.

Nach und nach werkelten beide sowohl am Text als auch an der Melodie herum, bis alles passte. „Dann stellten wir fest, dass die Ausschreibung doch eher für ein neues geistliches Lied gedacht war und unser Lied doch eher klassisch geprägt war.“ Zweifel, ob sie es überhaupt einreichen sollten, wischten sie aber beiseite. „Martin meinte, vielleicht bekommen wir noch einen Trostpreis“, erzählt Schrös mit einem Schmunzeln.

Eine besondere Würdigung

Nach einer langen Zeit der Stille kam im Sommer mit der frohen Botschaft die große Überraschung: der zweite Platz für „Am Sonntag wir bedenken“. Mittlerweile wurde das Lied schon in Bamberg, Limburg und Trier aufgeführt. In Xanten wird es noch ein wenig dauern, da die Rechte beim liturgischen Institut Trier liegen und vorher erst bei einem Verlag in den Druck gehen soll. Das ändert aber nichts daran, dass es für Schrörs eine ganz besondere Würdigung ist. Zu seiner Studentenzeit wurde er noch so manches Mal für sein Schaffen belächelt.

Inhaltlich macht sein Lied die Bedeutung des Sonntags für Christen deutlich. geht es in den fünf Strophen um den Sonntag als Tag der Schöpfung und des Lobes Gottes, der Auferstehung Jesu, des weltweiten Gotteslobes und -dienstes, der Feier des Abendmahls Jesu und der Sendung der Christen durch Wort und Sakrament. Der ökumenische Gedanke ist dabei grundlegend: Geschrieben hat er das Lied so, „dass evangelische und katholische Christen es singen können, ohne Bauchschmerzen zu haben.“

Eine bedeutsame Ökumene

Überhaupt hat die Ökumene für den Katholiken eine große Bedeutung: „Ich denke, um als Christen glaubwürdig zu sein, müssen wir gemeinsam ökumenisch den Glauben bekennen.“ Es gelte, voneinander zu lernen und zu schauen, was einen verbinde. „In versöhnter Verschiedenheit, wie es so schön heißt“, sagt er.

Diese Einstellung lebt er auch mit seinem Engagement in der evangelischen Kirche in Sonsbeck und ehrenamtlich in der Klosterkirche in Xanten-Mörmter. Seit 2008 spielt er in Mörmter die Orgel. Vor einigen Jahren war dann in Sonsbeck Not am Mann. „Aus dem ‚kannst du einmal vertreten?‘ ist dann der halbe Dienst geworden.“

Sein musikalischer Anfang liegt in seinem 16. Lebensjahr, als er sich selbst das heute nur noch selten gespielte Harmonium beibrachte. Dass er erst etwas später damit anfing, hatte auch mit einem Mitschüler zu tun: „Dieser wurde im wahrsten Sinne des Wortes zum Klavierspielen geprügelt. Daher hatte ich als Kind Angst vor dem Unterricht.“ Über den Schnäppchenmarkt in der Zeitung kam er an ein solches Instrument, „noch zum Treten“, ergänzt er. Als dann der Organist in Wesel einmal erkrankt war, spielte er vertretungsweise im Gottesdienst. „Da hat er mir irgendwann den Dienst im evangelischen Krankenhaus abgetreten.“

Der Sonntag und der Gottesdienst

Was die aktuelle Relevanz des Sonntags angeht, schmerzt der Schwund an Kirchenbesuchern Schrörs durchaus. Er kennt noch andere Zeiten, früher seien noch große Teile der Bevölkerung zu den Gottesdiensten gegangen. „Als ich Kind war, gab es in meiner Kirche in Wesel noch drei Sonntagsmessen, heute nur eine. Das ist schon ein Unterschied.“ Auch als Jugendliche habe man sich noch nach der Messe im Jugendheim getroffen. „Heutzutage sind sie Exoten, wenn sie in die Kirche gehen.“ Auch Corona habe dem Gottesdienst einen weiteren schweren Schlag versetzt.

Er würde den Menschen seinerseits nicht nur gerne die Bedeutung des Sonntags nahebringen wollen, sondern auch, welche Schätze in der Gottesdienstfeier liegen. Hier könne, wie in früheren Zeiten, auch die Kirchenmusik einen Teil zu beitragen. „Luther auf evangelischer Seite und Angelus Silesius auf katholischer Seite haben in ihrer Zeit durch die Kirchenlieder den Menschen den Glauben erklärt“, führt er aus.

Auch über den Glauben hinaus hofft Schrörs, dass der Sonntag als Tag der Erholung für die Menschen erhalten bleibt – sofern es der Beruf zulässt – und an dem man miteinander und füreinander etwas tun könne. „Wo der Mensch und nicht der Konsum im Mittelpunkt steht.“ Ist er am Wochenende als Organist unterwegs, nutzt Schrörs selbst gerne die Gelegenheit, um seinen Vater in Wesel zu besuchen.

Was das Preisgeld angeht, werden sich Kopp und Schrörs angesichts der Gemeinschaftsleistung das Preisgeld untereinander aufteilen. Was er mit seinem Anteil anstellen wird, weiß Schrörs zumindest zur Hälfte. „250 Euro gehen in die Restaurierung der Orgel in Mörmter“, verrät er. Ganz im Geiste der Ökumene.

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