GELDERN. Zum krönenden Abschluss der zweiten Auflage des Schreibworkshops „Gelderländer-Storyteller“ in der Bücherei in Geldern entführten die 16 teilnehmenden Kinder ihre Zuhörer in andere Welten – und bewiesen ganz nebenbei, welche schöpferischen Kräfte in ihnen schlummern. Angeleitet wurden sie fünf Tage lang vom in der Eifel lebenden Schriftsteller Björn Berenz.

Schon bei den zahlreichen Übungen bewiesen die Kinder, dass sie mit ihrer Kreativität, Fantasie und einem ausgeprägten schriftstellerischen Talent trotz ihres jungen Alters den meisten Erwachsenen einiges vormachen können. Das zeigten zum Abschluss der Veranstaltung auch ihre Geschichten, die sie ihrem Publikum in Auszügen vorlasen.

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Für jeden Geschmack etwas

Vom Krimi, über Fantasy und Abenteuergeschichten bis hin zu Grusel haben die Autoren so ziemlich jeden Geschmack bedient. So nahmen die Anwesenden zum Beispiel an den Bemühungen der Protagonistin in „Der kleine Horrordschungel“ teil, noch den Absprung vom Teller einer fleischfressenden Pflanze zu schaffen, indem sie für diese im Gegenzug drei Aufgaben erfüllt. „Wo ist Socke?“ hingegen lässt die Zuhörer an der Suche nach dem gestohlenen Hund „Socke“ teilhaben – eine Kriminalgeschichte der etwas anderen Art.

Dabei überzeugen die Jungautoren aber nicht nur mit ihren spannenden Handlungssträngen und thematischer Vielfalt, sondern garnierten diese zum Beispiel mit viel Humor oder auch mit ein wenig Gesellschaftskritik – etwa wenn es um den Umgang mit Tieren geht. Immer wieder blitzt dabei das Gespür für Details und den weiteren Handlungsverlauf auf, etwa als die zehnjährige Alma in „Das alte, gruselige Schloss“ selbiges in seinen Ausmaßen und seinem maroden Zustand beschreibt, welcher der Freundesgruppe noch so manches Problem bei der späteren Flucht beschert. Und was wäre eine Horrorgeschichte ohne eine bedrohliche Gestalt? Hier präsentiert sie sich „schwarz und mit roten Augen.“

Nachwuchs zeigt großes Interesse

Berenz zeigt sich vom Talent und Vorwissen seiner Schützlinge begeistert. „Ich war mit zwölf Jahren nicht so. Hätte ich das gekonnt…“, sagt er mit einem Lachen. Auch die Motivation der Teilnehmer fasziniert ihn: „Da kommen Kinder, die in ihrer Freizeit pünktlich an einem Ort sein müssen und das fünf Tage die Woche, um sich dann drei Stunden lang über Texte zu unterhalten und zu schreiben. Für viele ist das garantiert eine Horrorvorstellung.“ Wie Schwämme hätten sie alles aufgesogen, seien dann aber auch igendwann ein wenig genervt gewesen. „Dann wollten sie einfach nur schreiben. Ich bin total begeistert. Es hat eine Menge Spaß gemacht.“

Ganz ohne Theorie ging es jedoch nicht: Dazu zählte eine Exkursion in den als „Heldenreise“ bekannten klassischen Aufbau von Geschichten. So verinnerlichten die Kinder noch einmal, das eine Geschichte unter anderem einen Konflikt braucht sowie eine Wandlung der Hauptfigur. Aus diesen Erkenntnissen entwickelten sie gemeinsam ein „Rezept für Geschichten“. Die Zutaten: Figuren, ein Ort, ein Problem für die Helden und eine Lösung des Konflikts. Aber auch die Bedeutung des ersten Satzes und Absatzes dabei, den Leser zu bannen, verinnerlichten die Kinder. „Und der Anfang ist oft das Schwierigste“, sagt Berenz.

Kreative Übungen

Viele kreative Übungen sorgten trotz der Theorie für eine spielerische und praxisnahe Herangehensweise, die auch dem elfjährigen Jayden, ein Wiederholungstäter von 2019, besonders gut gefallen hat. Da wären die Schreibübungen: So mussten die Kinder etwa die Situation beschreiben, wie es ist, in einem Tennisball gefangen zu sein. Mit Lichtmalerei erschufen sie zudem ihre eigenen „Tiefsee-Kreaturen“, die sie nachher zum Star einer kleinen Geschichte machten. Der Beginn war dabei für alle gleich: „Alles ist dunkel, doch dann…“. Die zwölfjährige Jana zeigt sich angetan: „Das sah echt cool aus. Danach konnte man mit ganz viel Fantasie schreiben.“

Da Geschichten auch anders erzählt werden können, standen erneut eigene, kurze Stop-Motion-Filme auf dem Programm. Diese gehörten zu den Highlights für den 13 Jahre alten Ben und die zwölfjährige Ann-Kristin. „Letztes Mal ist das ein bisschen kurz gekommen, daher fand ich es schön, dass es dieses Mal so ausgeprägt war“, sagt Ann-Kristin, der dieser künsterische Input auch beim Schreiben dienlich war. Wie alle Teilnehmer möchte sie definitiv am Ball bleiben. „Mich hat Schreiben schon immer interessiert und deswegen werde ich daran auch festhalten.“ Neben donnerndem Applaus erhielten alle Teilnehmer zum Abschluss eine Urkunde, die sie sowohl an diese Zeit, als auch an ihr kreatives Talent erinnern werden.

Büchereileiterin Daniela Verhoeven ist glücklich, nach dem Ausfall 2020 wieder einen Workshop umgesetzt haben zu können. „Ich bin wieder schwer beeindruckt. Nicht nur von den Texten, sondern auch, wie die jungen Menschen sich vor Erwachsene hinstellen und ihre Ergebnisse vorlesen. Hut ab!“ Eine weitere Auflage steht noch nicht fest, aber einen Antrag auf Förderung möchte sie in jedem Fall stellen. Auch Berenz würde sich nicht bitten lassen müssen: „Ich liebe Geldern. Ich komme, wenn ich gerufen werde.“

Die Werkstatt wird gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW im Rahmen von SchreibLand NRW – einer Initiative des Verbandes der Bibliotheken des Landes NRW und des Literaturbüros NRW.

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