EMMERICH. Nach vielen Jahren Vorbereitungszeit ist es endlich vollbracht: Die Kulturscheune vervollständigt das Ensemble Schlösschen Borghees in Emmerich. Vom Schlösschen in die speziell auf die Bedürfnisse ausgerichtete Scheune verlegt nun auch das TIK Theater als Betreiber seine Veranstaltungen. Für die gebührende Einweihung veranstalteten die Verantwortlichen gleich ein ganzes Wochenende mit Programm.

Um den alten Pferdestall bedarfsgerecht umzubauen, gab es im Vorfeld eine ganze Menge zu tun: Zum Beispiel wurde das Dach gemäß den Vorgaben mit alten Ziegeln neu gebaut und eine Außenwand versetzt, um mehr Platz für die jetzt möglichen 80 Zuschauer zu gewinnen. Im Inneren gibt es nun eine feste Bühne. Und die Scheune bringt aucht eine Sache mit, die dem Schlösschen aufgrund des Denkmalschutzes fehlt: Barrierefreiheit. „Das war ein Hauptanliegen der Initiative“, erklärt Anke Neubauer, 1. Vorsitzende des Fördervereins Schlösschen Borghees. Die Scheune soll aber nicht nur die Inklusion von Menschen mit Einschränkungen ermöglichen. „Es sollen alle Bevölkerungsgruppen angesprochen werden: Alte, Junge und Familien“, sagt Neubauer.

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Gute Voraussetzungen

Die Geburt der Idee zur Scheune liegt bereits acht Jahre in der Vergangenheit. Die Betreiberinnen des TIK Theaters, Sandra Heinzel und Judith Hoymann suchten vor allem für ihr Figuren- und Marionettentheater, aber auch für normales Theater und Veranstaltungen wie Lesungen eine barrierefreie Möglichkeit mit fester Bühne. Im Schlösschen gibt es diese nicht, da es vor allem ein Ausstellungsgebäude für Gemälde und Fotos ist. „Hier musste die Bühne jedes Mal auf- und abgebaut werden“, sagt Neubauer. Die Kulturscheune Emmerich hingegen biete jetzt „richtige Theateratmosphäre. Der Raum lässt sich auch komplett verdunkeln.“

Nach der Idee fand damals schnell eine lose Interessensgemeinschaft zusammen, die „Schlösschenrunde“. Etwa zur selben Zeit wurde klar: Will man etwas erbauen, braucht es einen Förderverein. Gesagt, getan. Vor sechs Jahren starteten dann die ersten Gespräche mit der Stadt Emmerich. Ihr gehört das Schlösschen samt Grund und Boden, die Kulturbetriebe KKK hingegen sind die Pächter. Der Förderverein schloss schließlich für 50 Jahre ein Erbbaurecht mit der Stadt. Damit ist der Verein zum Beispiel solange Eigentümer, bis die Scheune nicht mehr ihren Zweck erfüllt.

Die lange Dauer des Projekts ließ sich kaum vermeiden. „Es waren viele bürokratische Hürden zu überwinden“, erklärt Neubauer. Auch die Kosten waren beachtlich: knapp 315.000 Euro. „Das Geld mussten wir erst einmal aus Spenden und Fördermitteln zusammenbekommen.“

Durch die eigenen Ansprüche, wie die Barrierefreiheit, kamen auch Fördermittel von der „Aktion Mensch“ dazu. In diesem Kontext entstanden weitere besondere Merkmale der Scheune, wie die Akustikdecke für Menschen mit Höreinschränkungen. Als Eigenleistung erfüllte der Förderverein mit der ehrenamtlichen Anbringung des Lehmputzes zudem weitere Bedingungen für mehr Förderung. Ein anderer Vorteil dabei: Der Putz ist gut für das Raumklima.

„Der größte Teil der Förderung kam von der NRW-Stiftung. Das waren etwa ein Drittel“, sagt Neubauer. Weitere Förderer waren die Sparkasse, die Volksbank, der Heimatfond NRW und „Aktion Mensch“.

Große Einweihung

Kulturscheune Emmerich
Ein ganzes Wochenende gab es zur Einweihung Programm.

Die Einweihung begann freitags mit 35 geladenen Gästen. Mit dabei war Landtagsmitglied Dr. Günther Bergmann. „Er hat uns bei der Förderung durch den Heimatfond geholfen.“ Der stellvertretende Bürgermeister Gerd Gertsen vertrat die Stadt Emmerich und Freddy Heinzel, Honorarkonsul der Niederlande, war ebenfalls vor Ort.

Ganz im Sinne der Kultur ließ Neubauer es sich zudem nicht nehmen, den Werdegang der Scheune in Gedichtform vorzutragen. „Das hat ein wenig Vorbereitungszeit gebraucht“, gesteht sie mit einem Lachen. Sie betont dabei zudem die Leidenschaft und das Engagement, die das ganze Team ins Projekt getragen habe.

Samstags fand eine Party statt, in dessen Rahmen zwei Ausstellungen eröffnet wurden, die auch derzeit noch laufen. Einmal stellt Anne-Cathrin Teunissen ihre Landschaftsmalereien im Schlösschen aus und Daniela Schlutz ihre Fotos in der Kulturscheune Emmerich. „Es geht um interkulturelle Freundschaften“, erläutert Neubauer. Am Sonntag führte das TIK „Der Zauberer von Oz“ auf. An allen Tagen konnten Besucher jedoch zur Besichtigung vorbeischauen. „Davon wurde rege Gebrauch gemacht.“ Für die nähere Zukunft hat das TIK bereits einige Events im Anschlag. Eine Liste gibt es im Internet unter schloesschen-borghees.de.

Tag für den Frieden

Ein großes Event fand bereits statt: die vierte Auflage des Festivals „Tag für den Frieden – Day for Peace“. Dafür trafen sich Kinder und Erwachsene verschiedenster Kulturen am Ensemble Schlösschen Borghees, Hüthumer Straße 180. Neben vielen Köstlichkeiten und Musik aus den unterschiedlichen Kulturen warteten Angebote für alle Altersgruppen: Dazu gehörten die Möglichkeit, Steine zu beschreiben und zu bemalen, Mini-Schnupperkurse zum „Waldbaden“ oder Filmkunst zum Nachdenken.

Die Scheune und passende Angebote stehen zwar nun, aber unter der Leitung von Hoymann und Heinzel geht es dennoch mit einem anderen Projekt weiter. Mit „Dritte Orte“ soll über drei Jahre unter Förderung nicht nur das kulturelle Leben vor Ort bereichert, sondern auch ein Schwerpunkt auf die Gartengestaltung gelegt werden. Dafür kooperieren der Förderverein, das TIK und die KKK.

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