EMMERICH/KREIS WESEL. Nachhaltig produzierter Wasserstoff kann einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten. Dazu wird der alternative Energieträger künftig auch über die Überseehäfen importiert werden müssen. Dabei kommt den DeltaPort Niederrheinhäfen (DPN) mit ihren Standorten in Emmerich, Rheinberg-Orsoy, Wesel und Voerde als Drehscheibe eine wichtige Rolle für die Versorgung des Ruhrgebiets und der Rheinschiene zu. Gemeinsam mit dem Hafen Rotterdam und Unternehmen und Institutionen der Region haben sich die DPN nun zur Arbeitsgemeinschaft „EcoPort 813 – H2UB DeltaPort“ zusammengeschlossen und in Wesel einen Letter of Intent unterzeichnet.

Ziel ist es, die Aktivitäten zu bündeln und durch den Einsatz von Wasserstofftechnik und Sektorenkopplung einen CO2-neutralen Hafen zu schaffen. Um Synergien zu schaffen, sollen zudem die Aktivitäten darüber hinaus in die Wasserstoff-Strategie des Landes NRW integriert werden. Das Projekt habe „eine Impulswirkung weit über die Region hinaus“, sagt Schirmherr Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW.

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Große Rolle in der Zukunft

Experten sind sich einig, dass nachhaltig produzierter Wasserstoff (H2) eine große Rolle im Energiemix der Zukunft spielen wird. Deswegen investieren Bund und Länder acht Milliarden Euro, um nationale Wasserstoff-Projekte zu fördern. Um die deutsche Wirtschaft langfristig klimaneutral umzugestalten, bedarf es allerdings mehr H2 als in Deutschland produziert werden kann.

In diesem Zusammenhang werden die auf Offshore-Windparks im Nordseeraum und die sonnenreichen Mittelmeeranrainerstaaten wichtige Produktionsstandorte werden. Der dort durch Wind- und Solarenergie entstandene Wasserstoff wird auf dem Weg zum Endverbraucher zunächst per Schiff in die Überseehäfen wie Rotterdam gelangen. Dort wird der Wasserstoff in Binnentanker verfüllt, die technisch umgerüstet wurden und gelangt über den Rhein zu den DPN. Alternativ könnte der Wasserstoff auch per Pipeline nach Wesel kommen, wo er in Druckgascontainer umgefüllt und an die Verbraucher in der Region verteilt würde.

Großer Bedarf

„Wir haben die Bedarfe in der Region abgefragt und waren erstaunt, wie viele Unternehmen planen, künftig auf grünen Wasserstoff als Energieträger zu setzen. Die Nachfrage ist also definitiv da“, sagt Klaus-Peter Ehrlich-Schnelting von der Wasserstoff-Projektentwicklungsgesellschaft H2 PEG. Die DPN bedienen künftig diesen Bedarf und werden damit zur Drehscheibe für die weitere H2-Verteilung ins Hinterland. „Die geographische Lage unserer Häfen und ihre trimodale Anbindung machen sie zu idealen Standorten, um den Wasserstoff von hier aus in Europas größten Ballungsraum weiter zu transportieren“, sagt Andreas Stolte, Geschäftsführer der DPN. Er verweist darauf, wie wichtig der Anschluss ans Kanalnetz für die klimaschonende Verteilung des Wasserstoffs sei.

Um die H2-Aktivitäten in der Region zu bündeln, ein Netzwerk zu schaffen und die Maßnahmen der Beteiligten systematisch zu verzahnen, haben sich die DPN mit ihren Partnern zur Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. „Nordrhein-Westfalen bringt alles mit, um Wasserstoffstandort Nummer eins in Europa zu werden. Gemeinsam mit unseren innovativen Industrien und den vielen Forschungseinrichtungen haben wir beste Voraussetzungen, die Wasserstoffwirtschaft der Zukunft zu gestalten“, sagt Pinkwart. „Die Signalwirkung des Projekts geht dabei weit über die Region hinaus: Es ist in seiner Form einzigartig und wird uns bei der Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie für Nordrhein-Westfalen wichtige Impulse liefern.“

Auch die Klimaziele sprach er an: „Wir sind das erste Bundesland, das sich vorgenommen hat, bis 2045 klimaneutral zu werden.“ Bis 2030 soll die CO2-Emission um 65 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden, bis 2040 um 88 Prozent. „Wir gehen ambitioniert voran.“

Wasserstoff sieht er in doppelter Hinsicht als „Enabler“ für die Industrie, um klimaneutral zu werden. Nötige energetische Prozesse könnten neben grünem Strom auf Wasserstoffbasis aufgesetzt werden. Zum anderen könnten auch Produktionsprozesse in sich durch Wasserstoff erleichtert und CO2-ärmer gestaltet werden. Als Beispiel nennt er den Hochofen: Der Reduktionsprozess von Kohlenstoff könne auf Wasserstoff umgestellt werden.

Innovative Techniken

Ein Beispiel, wie wichtig innovative Techniken und das Ziel einer grünen Kreislaufwirtschaft für die Arbeitsgemeinschaft sind, zeigt zudem ein Projekt des Sonsbecker Unternehmens GS-Recycling zur Produktion und Verwendung von Wasserstoff aus Schiffsgasen mittels einer neuartigen Hydriertechnik. Dabei werden die Ladetanks von anlegenden Schiffen entgast. Aus den Schiffsgasen lässt sich Dampf erzeugen, der sogenannte Spilling-Motoren antreibt. Der auf diese Weise gewonnene Strom versorgt wiederum einen Elektrolyseur, der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Beide Bestandteile finden direkt vor Ort in verschiedenen Prozessen Verwendung. Der bei der Wasserstoffproduktion anfallende Sauerstoff wird beispielsweise zur Belüftung der Klärbecken in der Abwasserbiologie eingesetzt.

Die DPN arbeiten zudem in vielen nationalen und internationalen Forschungsprojekten mit. So befassen sie sich beispielsweise im Rahmen des EU-Projekts Magpie als einziger deutscher Hafen mit dem Megatrend nachhaltige Logistik. Im Projekt H2Port untersuchen sie gemeinsam mit der Hochschule Rhein-Waal, wie die Binnenschifffahrt optimal für die Verteilung von grünem Wasserstoff eingesetzt werden kann.

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