Geschichte bewahren

KLEVE. Es geht in den Keller. Optische Höhepunkte sind gefragt. Der Fotograf probiert Sätze aus. „Augen auf, bitte.“ „Mehr Zähne, bitte.“ Und natürlich: „Mehr Lächeln.“ Gibt es rhetorische Bitten? Wenn ja, dann die, dass jemand Katrin Bürgel um ein Lächeln bittet.

Vollblutkommunikatorin

Ach ja: Katrin Bürgel ist die neue Leiterin des Klever Stadtarchivs. Und: Sie ist die erste Frau auf diesem Posten. Erster Eindruck nach einer anstrengenden Foto-Session: Bürgel ist Vollblutkommunikatorin. Beim Aufstieg zurück ins Büro ein leichtes Ächzen auf der Treppe: Hexenschuss. Bestimmt eine Folge eifriger Sportaktivitäten. Nein. „Falsch bewegt. Beim Schuhebinden.“ Kann passieren Dann wieder das Lächeln.
Gibt es Vorurteile, wenn man an Archiv-Menschen denkt? „Ja“, sagt Bürgel, „die gibt es.“ Aber es muss ja auch Menschen geben, die als Beweis des Gegenteils dienen, dass ja lautet: still, zurückgezogen, nerdig.

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Das möchte ich auch machen

Bürgel ist Jahrgang `76: Geboren in Kempen, Abitur 1996 am Johanna Sebus Gymnasium in Kleve. Die Idee, das die Arbeit in einem Archiv etwas für sie sein könnte, hat Bürgel … in Kleve gehabt. „Wir haben mit unserer Klasse das Stadtarchiv besucht, das sich damals noch an der Tiergartenstraße befand. Mein Vorgänger Bert Thissen hat uns herumgeführt und uns alles erklärt. Anschließend habe ich gedacht: Das ist ein toller Beruf. Das möchte ich auch machen.“

Von Gladbeck nach Kleve

Bürgel studierte Geschichte und Deutsch in Düsseldorf (1996 bis 2002), war anschließend vier Jahre wissenschaftliche Hilfskraft im Universitätsarchiv Düsseldorf und von 2006 bis 2008 Referendarin für den höheren Archivdienst im Landesarchiv Sachsen-Anhalt. Von 2009 bis Ende Januar dieses Jahres war sie (ebenfalls als erste Frau) Leiterin des Stadtarchivs Gladbeck. Für mich stand aber immer fest, dass ich zurück an den Niederrhein wollte.“ Na bitte: Ziel erreicht. Mal ganz dreist gefragt: „Ist Kleve denn Wunschort?“ „Ja. Auf jeden Fall. Ich werde 2043 in Rente gehen und wenn es nach mir geht, würde ich das gern hier tun.“ Na das ist mal ein Bekenntnis. Bürgels Bruder – er ist Neurochirurg – arbeitet in Kleve, „und auch meine Eltern leben hier“. Mit anderen Worten: Alles passt.

Oberstadt – Unterstadt

Bürgel gehört nicht zu der Sorte Mensch, die eine neue Stelle antreten und alles besser wissen. „Es ist natürlich eine große Aufgabe. Sich in eine Archivstruktur einzuarbeiten ist eine Sache – sich in die Geschichte einer Stadt einzuarbeiten, ist etwas ganz anderes.“ Der Vorteil: die Kolleginnen helfen. Bürgel ist eine, die sich zu fragen traut, aber auch eine, die Ziele hat. Seit Januar wohnt sie in Kleve. Es war nicht ganz einfach, eine Wohnung zu finden. Bürgels Ziel: „Ich wollte nach oben.“ Sie meint die Stadtgeografie: Oberstadt, Unterstadt.

Erhaltung und Aufbau

Was das Archiv angeht, sagt sie: „Ich möchte ein service-orientiertes und offenes Archiv, das von den Benutzern positiv aufgenommen wird.“ Und: „Ich möchte gern so wie bisher weiter führen.“ Zum Blick nach vorn sagt die Neue: „Die Zukunft und gleichzeitig die Herausforderung des Archivs liegt neben der Bestandserhaltung analoger Quellen im Aufbau eines elektronischen Archivs, um auch die Akten und Dateien aufzubewahren und für die Zukunft zu sichern.“
Gibt es Akzente in der Arbeit? „Ich möchte gern meinen bisherigen Schwerpunkt der Historischen Bildungsarbeit in Kleve weiterführen. Die Kooperation mit Schulen ist geplant.“

Jeder Tag ist anders

Was Bürgel an ihrem Beruf schätzt, ist schnell zusammengefasst: „Jeder Tag ist anders. Es gibt natürlich Dinge, die geplant sind, aber es kommen ja auch immer Anfragen, von denen man vorher nichts wusste.“ Womit wir wieder beim service-orientierten und offenen Archiv wären.
Immerhin: Man muss der Neuen den Niederrhein und die Menschen hier nicht erst erklären. Also: Willkommen zurück in Kleve und alles Beste.

NN-Foto: Rüdiger Dehnen

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