Zeigt her eure Schuh’ oder: Beuys per Pedes

KRANENBURG. Die Künstler treffen im verhaltenen Trab ein. „Alle mal in den Flur kommen“, ruft Frau Odenthal. Natürlich dauert es einen Moment, bis alle da sind. „Das hier sind Herr Dehnen und Herr Frost. Die schreiben für die Zeitung und machen Fotos.“ Das ist natürlich mal was anderes.

Wir sind zu Gast in der ‚Villa Kunterbunt‘ in Kranenburg und Iris Odenthal ist die Chefin. Ein Brief: „Hallo Herr Frost, wir haben mit den Kindern in den letzten beiden Wochen viele Bilder betrachtet und Gespräche über Joseph Beuys geführt. Die Kinder waren sehr neugierig und betrachten manche Installationen ganz anders als Erwachsene. Für die Kinder ist er ein cooler Sachensammler. Spannend finden die Kinder ebenfalls, dass er Fett nicht für Kuchen benutzt oder 7.000 Steine vor ein Schloss legt. Nun planen wir selber eine Schuhinstallation mit alten, bemalten Schuhen. Die wird dann in unserem Vorgarten und auf dem Kinderhaus-Dach präsentiert. Hätten Sie Lust darüber zu schreiben?“ Klar doch. Her damit.
Henry erzählt, dass der Beuys 7.000 Steine um einen Baum herum gelegt hat. (Darf der das?) Matthes sagt: „Und dann waren da ganz viele Eichen.“ Der Beuys, erfährt man, mochte Filz und Fett. Filz ist gut für die Wärme, Fett ist gut für die Haut. „Das Fett hat der auf einen Stuhl geklebt“, sagt Thore und Rose sagt: „Der Beuys ist aber tot.“
Ach ja: Der Beuys hat immer einen Hut aufgehabt. Und Eichhörnchen mochte er. Oder waren es Hasen? „Der Beuys hat auch in Kranenburg gelebt.“ Potzblitz.

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Eine Feuerwehrstiefel als besondere Trophäe. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

In der Villa Kunterbunt haben sie jetzt also Schuhe bemalt. „Schuhe halten ja auch warm.“ Die Kinder waren unterwegs und haben auch Besuch bekommen: Von wichtigen Leuten. Die Feuerwehr war da und es gab einen Feuerwehrstiefel zum Bemalen. Eine Trophäe. „Der Beuys mochte ja braune Farbe.“ Auch der Herr Dercks – „das ist unser Dorfpolizist“ – hat Schuhe gespendet: zum Anmalen. „Sie können uns auch Schuhe bringen, die Sie angemalt haben. Dazu hätten wir gern einen handgeschriebenen Text mit der Geschichte Ihrer Schuhe und ein Bild von Ihnen.“ Na – das sind dann mal zwei K.O.-Kriterien. Meine Schrift kann niemand lesen – und ein Foto? Bestenfalls von hinten. „Macht nix. Ist doch Kunst.“ Abgemacht.
Die Schuhe werden dann allesamt demnächst auf Bretter geschraubt und vor dem Kinderhaus ausgestellt. „Zehn Bretter vor dem Haus, zwei auf dem Dach“, sagt Frau Odenthal und fügt hinzu: „Das Ganze ist eine Aktion, die vom Tourist Info Center der Gemeinde kommt. Ab dem kommenden Wochenende soll es einen Rundgang zum Thema Beuys geben. Da machen aber auch noch andere mit.“ Hier die Teilnehmer: die Seniorenresidenz MediCare, der Kindergarten St. Elisabeth, die Kinderhäuser „Villa Kunterbunt“ und „Walfrösche“, die Christophorus Grundschule, der Initiativkreis „Bürger für Bürger“ und das Museum Katharinenhof.

Zeigt her eure Schuh’. NN-Foto: Rüdiger Dehnen

Iris Odenthal: „Alle haben sich was ausgedacht zum Thema Beuys, aber wenn Sie das genauer wissen möchten, fragen Sie am besten Frau Peimann. Die hat die Idee zu dem Projekt gehabt.“

Anne Peimann, Gemeinde Kranenburg, Tourist Info Center Alter Bahnhof. Ein Anruf: „Sie haben sich das also ausgedacht?“ „Genau.“ „Respekt. Das ist doch mal eine Idee.“ „Sagen Sie das mal weiter, damit auch viele Leute an diesem Kunstrundgang teilnehmen.“
„Ein Flyer führt die Teilnehmer an Orte, an denen die Kranenburger Künstler – in Anlehnung an Joseph Beuys – Kunst in verschiedensten Formaten in Verbindung mit ökologischen und sozialen Aspekten geschaffen haben. Die Kunstprojekte sind zum Teil stetig veränderbar, so dass man sich den ganzen Sommer lang immer wieder erneut auf den Spuren der Künstler inspirieren lassen kann. Der Flyer liegt bei allen Aktiven sowie im Foyer des Rathauses und dem Tourist Info Center aus“, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde. In Kleve, Kranenburg und Umgebung hat Joseph Beuys seine Kindheit und Jugend verbracht. Hier wurde er für sein späteres künstlerisches Schaffen inspiriert.

Joseph Beuys hat wie kein anderer Künstler seiner Zeit die Kunst mit gesellschaftlichen Prozessen verbunden, sie in einem universellen Anspruch der Politik, der Wissenschaft, der Philosophie, der Umwelt und der Wirtschaft als schöpferische, verändernd wirkende Kraft angeboten. Ein Beispiel hierfür ist sein Beitrag „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“, ein Landschaftskunstwerk, das auf der documenta 7 im Jahre 1982 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde“, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde.
Auch Iris Odenthal hat noch eine Bitte: „Wir freuen uns, wenn es Menschen gibt, die für unser Projekt noch Schuhe bemalen. Wer das tun möchte, kann sich bei uns in der Villa Kunterbunt Farben und Pinsel abholen. Zusätzlich hätten wir dann gern auch eine handgeschriebene Geschichte der Schuhe und ein Foto des Spenders.“
Die Kinder jedenfalls haben das Beuys-Projekt mit großem Spaß durchgeführt. Ab Samstag, 19. Juni kann sich jeder in Kranenburg auf Beuys‘ Spuren begeben.

Schuh(be)Maler Fynn. NN-Foto: Rüdiger Dehnen
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