Politiker könnten von Hühnern lernen

Die Zweibeiner sind sehr kommunikative Gemeinschaftswesen und sie folgen ihrem Boss, der klare Ansagen macht

VYNEN. Im Garten von Familie Gäbelein in Vynen herrscht reges Treiben. Hier haben die Hühner große Freiflächen, scharren im Erdreich, scheinen sich über fressbare Funde zu freuen und teilen das ihren Artgenossen mit. Die kommen sogleich angelaufen, denn gemeinsam scheint es den Tieren noch besser zu schmecken. „Hühner sind Gemeinschaftstiere“, erläutert die Halterin Angela Gäbelein und doch hat jedes Tier seine eigene Persönlichkeit. „Das ist für mich das Faszinierende“, freut sich die Tierliebhaberin, „als Kind habe ich schon Vögel gehabt und für mich war immer klar, wenn ich einen Garten habe, möchte ich auch Hühner haben.“

Bevor das Gefieder wächst, ist das Fell der kleinen Küken kuschelig weich. Fotos: privat

Dabei schränkt sie ein: „Hybridhühner, die für die Geflügelindustrie gezüchtet werden, kamen für mich nie in Frage. Mir geht es darum, Rassehühner als Kulturgut zu erhalten.“ Hühner als Kulturgut – das bedarf einer genaueren Erklärung. „Natürlich betrachte ich sie als Nutztiere und möchte auch, dass sie gut Eier legen. Doch auf keinen Fall will ich Überzüchtungen, die aufs Eierlegen getrimmt werden“, beschreibt sie den Unterschied. Ihre deutschen Wyandotten ist eine alte Rasse, die es in unterschiedlichen Farbschlägen gibt. Sie hat schöne Gelbe und Silberne mit schwarz gesäumtem Gefieder. Sie sind schön, aber nicht unbedingt makellos. Angela Gäbelein fährt mit ihnen nicht zu Ausstellungen, um Preise für sie zu bekommen.

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Die Glucke lässt sich beim Brüten nicht aus der Ruhe bringen.

Ihre Hühner haben Namen und Angela kann sie gut auseinanderhalten und auch die Eier entsprechend zuordnen. „Das ist auch wichtig für die Zucht“, erläutert sie. Sie möchte, dass sich ihre vitalsten und gut legenden Hennen vermehren. Die Eier legt sie in den Brutautomaten, manche Hennen brüten auch selbst ihre Küken aus. Nach 21 Tagen schlüpfen die niedlichen Kleinen aus dem Ei. Mit Kennerblick bestimmt Angela Gäbelein, ob sie Männchen oder Weibchen vor sich hat und wer ihre Eltern sind. Entsprechend erhalten sie bereits in den ersten Tagen Ringe um die Beine. „Meist hat man halbe halbe Hennen und Hähne. Die Hähne werden dann rund fünf bis sechs Monate alt, bevor sie geschlachtet werden.“ schaut sie in die Zukunft. Allerdings gibt es auch zwei Hähne auf dem Hof. „Hähne sind immer Bestandteil einer Gruppe. Der Hahn ist der Boss, er führt die Gruppe und hält sie zusammen. Die Gruppe ist fast immer gemeinsam unterwegs. Der Hahn warnt vor Gefahren, zum Beispiel wenn ein Greifvogel kommt. Er lockt die Hennen zum Futter, zeigt es ihnen, gibt es ihnen auch manchmal, pickt es vor. Er hat eine ganz besondere Sprache in der Kommunikation mit den Hennen. Manchmal lockt er sie auch nur raus, um sie zu begatten. Denn natürlich funktioniert die Vermehrung ja nur mit dem Hahn“, lacht die „Hühnermutter“.

Den Hühnerstall hat Dirk Gäbelein selbst gebaut und dabei besonders Wert gelegt auf Zweckmäßigkeit und auf die Bedürfnisse der Hühner.

Circa drei Wochen nach dem Schlüpfen ziehen die Küken um in den Stall, den Dirk Gäbelein selbst baut. „Er musss natürlich so groß sein, dass die Tiere genügend Auslauf haben. Er braucht Stangen und Nester, Tränke und Futterplätze, Fenster für Tageslicht und gute Belüftung. Hygiene ist die oberste Pflicht. Er muss gut zu reinigen sein zum Schutz vor Milben und Parasiten. Die Hühner müssen hier sicher sein vor Angriffen von Füchsen und Mardern. Wir bauen Wagen, die auf Rädern auch zu anderen Stellplätzen gefahren werden können und die hoch sind, dass die Ratten nicht reinkönnen.“ beschreibt Dirk Gäbelein sein Werk. Aber natürlich kann man auch Gartenhäuser entsprechend umbauen oder fertige Ställe kaufen. So schön das Haus auch ist, die Hühner brauchen den Aufenthalt im Freien. Sie lieben das Picken auf der Wiese, das Sandbad in der Sonne. „Wenn zum Beispiel Stallpflicht ist wegen der Geflügelgrippe, ist das ganz schlimm für die Tiere“, weiß Angela Gäbelein.

Und im übrigen: Hier bin ich der Boss!

Das ist ein Grund, warum sie nicht mehr als 20 Tiere gleichzeitig haben möchte. „Wenn neue hinzukommen, muss ich manchmal die Entscheidung treffen, zwei- bis vierjährige Hennen zu schlachten. Sie haben dann ein Gewicht von circa drei Kilogramm, Hähne wiegen sogar vier Kilogramm. Ich weiß, dass sie ein gutes Leben bei uns hatten und gutes Futter bekommen haben. Sie schmecken ausgezeichnet, trotzdem fällt es mir schwer, mich von ihnen zu trennen“, gibt Angela Gäbelein zu. Schließlich gehört zur Hühnerhaltung intensives Kümmern um die zweibeinigen Geschöpfe – da wachsen sie einem schon ans Herz.

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