GOCH. Das „Fünf-Ringe-Haus“ – erbaut im 15. Jahrhundert – neben dem Gocher Rathaus wertet das Stadtbild ohne Zweifel auf. „Es gilt als das schönste Gebäude, welches aus dieser Zeit am unteren Niederrhein noch zu finden ist“, sagt Gochs Bürgermeister Ulrich Knickrehm. Doch ein Blick lohnt sich nicht nur auf die Fassade, sondern auch ins Innere. Dort sind Anfang des Jahres zwei wertvolle Goldmünzen aus dem 15. Jahrhundert entdeckt worden. Bei dem Fund handelt es sich um ein „Bauopfer“, das in der mittelalterlichen Profan- und Sakralarchitektur zwar nicht gänzlich unbekannt, aber schon eine wertvolle Seltenheit ist.

„Vor 550 Jahren waren das Zahlungsmittel. Es ist ein wunderbares Erzeugnis aus vergangenen Zeiten“, sagte Knickrehm bei der Vorstellung der Fundsachen. Bei den zwei wertvollen Goldmünzen handelt es sich, wie Landesarchäologe Dr. Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, erklärte, um Goldgulden aus der Regierungszeit von König & Kaiser Sigismund (1387-1437). Sie wurden in der westlichen Hinterhausecke gefunden. Nach derzeitigem Kenntnisstand seien die Münzen in Kaschau/Kosice (Slowakei) und Budapest (Ungarn) geprägt worden. „Sie sind in einem hervorragenden Erhaltungszustand und frei von Abnutzungen. Das spricht dafür, dass sie nicht lange im Umlauf waren“, sagt Claßen. Die Münzen seien in einem Grapen, einem historischen Küchengerät aus dem 15. Jahrhundert im Haus zu den fünf Ringen deponiert gewesen. Dieser sei in den sandigen Boden eingedrückt worden. Exakt über dem Gefäßrand habe man seinerzeit mit der Errichtung der Mauerfundamente begonnen.

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Gefäß aus Metall

Neben den beiden Goldmünzen wurde auch ein Gefäß aus Metall gefunden. „Hier wissen wir noch nicht, um welches Metall es sich genau handelt. Das werden die weiteren Restaurierungsarbeiten im LVR-Landesmuseum zeigen“, sagt Claßen. Aufgrund des hervorragenden Zustandes der Münzen sei eine Restauration bei ihnen nur bedingt oder sogar gar nicht notwendig. Es erfolge jedoch noch eine genaue numismatische Einordnung.
Der Fund im Haus zu den fünf Ringen sei jedoch schon jetzt auf jeden Fall „außergewöhnlich“. Er nehme unter den bekannten mittelalterlichen Bauopferbefunden eine Sonderstellung ein. Schließlich seien im Haus zu den fünf Ringen – entgegen der sonst üblichen Norm – eher weniger wertvolle Dinge oder Gegenstände deponiert („geopfert“) gewesen – „also sprichwörtlich wirkliche Vermögenswerte ,in den Sand gesetzt‘ geworden“, meint Claßen. Die Annahme sei jedoch berechtigt, dass der Grapen und die beiden Goldmünzen persönliche Gegenstände des Bauherrn beziehungsweise der Bauherrenfamilie waren. Der schon damalige Wert der Gegenstände lasse darauf schließen, dass es eine wohlhabendere Familie gewesen sei. Schriftquellen zum Namen, zur Herkunft und sozialen Stellung würden jedoch fehlen. Die Forschung stimme jedoch darin überein, in solchen Funden heidnische beziehungsweise dem Aberglauben verhaftete Motive zu sehen. Sie sollten jenseitige/übernatürliche Mächte wie Geister, Dämonen oder Zauberei am Haus abwehren und die Bewohner vor Unglücken wie Feuer, Blitz- und Hagelschlag oder Krankheit schützen.

Eine der beiden Goldmünzen, die frei von Abnutzungen sind.

Das Haus zu den fünf Ringen wird zurzeit restauriert. Im Rahmen dieser Arbeiten fanden Anfang des Jahres archäologische Untersuchungen statt. Im Zusammenhang mit der statischen Ertüchtigung des Gebäudes war im Rahmen des denkmalrechtlichen Verfahrens vom LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland angeregt worden, die Arbeiten zu begleiten. Ziel dieser archäologischen Sachverhaltsermittlung war es, weitere Erkenntnisse zur Bau- und Nutzungshistorie des Gebäudes zu gewinnen. Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt sich mit insgesamt 1,3 Millionen Euro am Umbau des „Fünf-Ringe-Hauses“. Dieses soll zukünftig das städtische und historische Archiv, den Heimatverein Goch und eine Tourismus-Information im Erdgeschoss beheimaten.

Landesarchäologe Dr. Erich Claßen, Doris Mott (Denkmalbehörde der Stadt Goch), Franz van Beek (Heimatverein) und Bürgermeister Ulrich Knickrehm (v.l.) mit den Funden. NN-Fotos (3): Rüdiger Dehnen

Der Grapen und die Münzen gehen jetzt erstmal an das LVR-Landesmuseum in Bonn, wo der Grapen restauriert wird. Sobald die Arbeiten abgeschlossen sind, wird über die endgültige Verwendung entschieden. Die Stadt Goch bemüht sich, in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein, den Fund künftig dauerhaft ausstellen zu können – „aufgrund seines Wertes vielleicht zumindest als Replik“, hofft Franz van Beek, Vorsitzender des Heimatvereins Goch. Der LVR wird die Arbeiten an Münzen und Grapen auf seinen Social-Media-Kanälen begleiten. Die Stadt Goch wird die Postings hierzu bei „Goch erleben“ über Facebook und Instagram teilen.

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