NIEDERRHEIN. Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit – „ich war komplett außer Gefecht gesetzt“, sagt Yvonne. Die 45-Jährige arbeitet in einem Altenheim in Bedburg-Hau und erhielt Anfang Februar ihre zweite Impfung mit dem Wirkstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer. Auch einige ihrer Kollegen haben die zweite Schutzimpfung gegen das Corona-Virus nicht einfach so weggesteckt. Anders sah das bei den Bewohnern der Einrichtung aus. „Da gab es zum Glück keine Komplikationen“, ist die Altenpflegerin froh.

Seit Ende letzten Jahres stehen die ersten Impfstoffe gegen Covid-19 bereit. Sie sollen den Weg aus der Pandemie ebnen. In der EU zugelassen sind bisher die Mittel von Biontech/Pfizer, AstraZeneca und Moderna, weitere sollen folgen. Doch die Verunsicherung in der Bevölkerung ist nach wie vor groß. Im Raum steht etwa die Frage nach der Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die mutierten Virus-Varianten. Zudem wurde zuletzt häufig über Impfreaktionen diskutiert und einer der Wirkstoffe wurde jüngst gar von einem führenden Virologen als „zweitklassig“ bezeichnet. „Man darf nie vergessen, was die Alternative wäre“, gibt Dr. Ufuk Gündug zu bedenken. Er ist Chefarzt der Abteilung Innere Medizin am Klever St. Antonius Hospital und als Infektiologe mit der Diagnostik und Therapie von Infektions­erkrankungen bestens vertraut.

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Immunsystem reagiert
auf den Impfstoff

Er weiß, dass leichte Impfreaktionen durchaus erwartbar und auch üblich sind. Sie zeigen, dass das Immunsystem auf den Impfstoff reagiert. Das sind in der Regel lokale Reaktionen wie Rötungen, Schwellungen oder auch ein Gefühl von „Muskelkater“ rund um die Einstichstelle. Vereinzelt seien Reaktionen wie Fieber, Kopf- oder Gliederschmerzen, aber auch Übelkeit und Durchfall bekannt. „Aber grundsätzlich ist es ein gutes Zeichen, wenn der Körper reagiert“, sagt Gündug. Der Impfstoff bewirkt letztlich das, was er soll: Er löst eine Immunreaktion aus. Gündug selbst habe vor einigen Tagen die zweite Impfung mit Comirnaty erhalten – und sie gut vertragen. Generell sei zu beobachten, dass das Immunsystem mit zunehmendem Alter weniger heftig reagiert.

Die Alternative zu einer Impfung wäre, eine Corona-Erkrankung mit schwerem Verlauf zu riskieren. Das hat Gündug auch schon im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis miterlebt. „Ein Mediziner-Kollege von mir, der in der Türkei Corona-Patienten behandelt hat, 40 Jahre alt, sportlich und ohne Vorerkrankungen, lag damit auf der Intensivstation“, macht er deutlich, dass nicht nur ältere Menschen gefährdet sind. „Ich würde nicht darauf setzen, dass ich zu den 80 Prozent der Betroffenen zähle, die einen leichten Krankheitsverlauf haben“, sagt er.

Diskussion über Wirksamkeit
findet Dr. Gündug nicht angemessen

Dr. Ufuk Gündug vertraut allen drei Impfstoffen. Generell handele es sich dabei um aktive Impfungen, die, im Gegensatz zu passiven Impfungen, Zeit brauchen, um ihre Wirkung voll zu entfalten. Der Impf­stoff von AstraZeneca ist ein sogenannter Vektor-Impf­stoff. Er besteht aus einer harmlosen Sequenz des Oberflächenproteins von SARS-CoV-2, gegen das man Antikörper bildet. „Die Impf­stoffe von Moderna und Biontech/Pfizer gehören zu den mRNA-Impf­stoffen“, erklärt Gündug. Durch die Impfung gelangt die Erbinformation für ein Eiweiß, das auf der Oberfläche des Virus vorkommt, in den Körper. Das regt das Immun­system an, Abwehr­stoffe dagegen zu bilden.
Die Diskussion um die Wirksamkeit des Impfstoffs von AstraZeneca findet Gündug nicht angemessen, zumal sie laut Ständiger Impfkommission (Stiko) über dem notwendigen Zulassungswert liegt. „In der Vergangenheit sind Impfstoffe mit deutlich niedrigeren Raten auf den Markt gebracht worden“, sagt er. Entscheidend sei, dass die Impfung gut vor schweren Verläufen schützt und die Ausbreitung des Virus verhindert wird.

Mit Blick auf die Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die bislang bekannten Mutationen kann Gündug nur auf den aktuellen Stand der Forschungen verweisen: „Die beiden mRNA-Impfstoffe scheinen wirksam zu sein, besonders gegen die aus Großbritannien bekannte Mutation.“ Bei AstraZeneca sei das noch nicht bewiesen. Allerdings ergab eine Studie, über die zuerst in Großbritannien berichtet wurde, eine ähnliche Wirksamkeit wie gegen das ursprüngliche Virus.

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