KREIS KLEVE/KREIS WESEL. Das kam für sie unerwartet: Die Punk-Rocker der in Rheinberg gegründeten Band Neurotox können in ihrem rund achtjährigen Bestehen ihren ersten Albumcharts-Erfolg verbuchen. Auf Platz 87 landeten nun die in Straelen, Ginderich und Hamminkeln lebenden Musiker mit ihrem mittlerweile fünften Album „Egal was kommt“. Dieser Erfolg krönt nun das für die Band trotz Pandemie erfolgreiche Jahr 2020. Marius Stark, Gitarrist und Mitbegründer der Band, betrachtet diese Überraschung als wundervolle Rückmeldung für all die Arbeit und Liebe, die die Band in ihre Musik hat fließen lassen.

Eine Frage, die irgendwann jede Band gestellt bekommt, betrifft ihren Stil. Schnelle, aber auch ruhigere Lieder finden sich im Punk-Rock von Neurotox. Vor allem früher experimentierte die Band laut Stark viel, ging mal in eine härtere, dann in eine weichere Richtung. Beim aktuellen Album war den Musikern vor allem ein rockiger, sauber produzierter Sound wichtig. „Ich glaube, es ist ein gutes Gesamtspiel aus gut arrangierten Gitarren sowie einem super ausgearbeiteten Schlagzeug. Und auch der Bass kam bei uns schon immer gut zur Geltung. Es ist so etwas wie unser Markenzeichen“, erläutert Stark.

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Zum guten Ton gehört auf all ihren Alben außerdem ein gute Laune Ska-Lied, das man schnell an der Trompete erkennt. Bei diesen kommt meist die Ironie ins Spiel. Zum Beispiel in „Ich hasse Menschen“. Ein vom Titel her provokanter, aber humorvoll augenzwinkernder Verweis auf das Genervtsein durch Verhaltensweisen mancher Leute.

Vergleichen könne man Neurotox laut vieler Reviews vor allem mit den „Broilers“ aus Düsseldorf, auch eine Mischung aus „Die Toten Hosen“ und „Die Ärzte“ fällt immer wieder.

Neurotox: Nichts geschenkt bekommen

Wie Stark erklärt, ist ebenso ihre Einstellung kennzeichnend für die Gruppe. „Wir sind eine Band, die sich viel selbst erarbeitet“, sagt er. Geschenkt bekommen möchten sie nichts. „Es gibt viele Gruppen, die sich quasi gestern gegründet und durch Kontakte morgen schon Charterfolge haben. Wenn man sich das erarbeitet und dann verdient hat, finde ich es schön.“
Konkret auf eine Chartplatzierung hingearbeitet haben Neurotox zwar nicht, aber als Ziel stand es doch irgendwie im Raum. „Wenn ich mal auf Platz 99 lande, ich glaube schöner kann es gar nicht kommen“, erläutert Stark frühere Gedanken.

Und jetzt haben die Zuhörer all das Herzblut, den Spaß an der Musik, aber auch die investierte Zeit und das Geld besonders belohnt. Das lässt Stark, der die Texte schreibt und auch für das Artwork verantwortlich ist, baff zurück. „Unser erster Erfolg in dieser Richtung“, sagt er. „Mir ist es noch unbegreiflich.“

Persönliche Texte

Der Erfolg liegt aber wohl nicht nur an der Spielfreude und dem professionellen Sound, sondern auch an den deutschen und oft persönlichen Texten, mit denen sich sicherlich viele identifizieren können.

„Es geht oft darum, mit Dingen zurechtzukommen. Man vermisst jemanden oder wünscht sich jemanden zurück, den man hat gehen lassen oder hat gehen lassen müssen, sei es durch einen Todesfall oder Wegzug.“ Es finden aber auch Klassiker wie gebrochene Herzen ihren Platz im Katalog von Neurotox.

In den Texten gehe es zudem oft darum, so zu sein, wie man ist. „Ich bin der Meinung, dass niemand – egal wo man herkommt oder welche Hautfarbe man hat – sich dafür schämen muss, wer man ist.“ Viele Texte sollen Mut vermitteln und dazu motivieren, weiterzumachen, auch wenn es mal schlecht läuft.

Probleme überwinden

Der Titel des Albums lässt sich wunderbar auch auf die Coronapandemie anwenden, und in der Tat entstanden Albumcover- und Titel in Zeiten der Pandemie, auch wenn die Band drei Jahre am Album gearbeitet hat. „Egal was kommt“, das bedeutet für die Musiker, die kommende Zeit gemeinsam zu überwinden.

Für die Bandmitglieder stellte sich die Pandemie nicht als allzu große Katastrophe heraus, auch wenn sie Auftritte unterbrochen und die Veröffentlichung des Albums verzögert hat. „Das letzte Jahr war für uns sehr erfolgreich“, sagt Stark. Nicht nur bekamen sie plötzlich viele unerwartete Rückmeldungen, sie konnten auch erfolgreiche Konzerte verbuchen: open-air, im Autokino wie auch auf einer kleinen, ausgebuchten Clubtour. Vor allem aber ermöglichte die Pandemie ihnen, quasi als Nebeneffekt, an ihren neuen Liedern zu feilen. „Die Wartezeit tat uns trotz der schweren Umstände tatsächlich sehr gut.“

Bodenständig bleiben

Trotz des aktuellen Erfolgs zeigen sich Stark und seine Bandkollegen bodenständig. Die Zahl einer Platzierung halten sie für wenig wichtig und möchte daran letztlich keinen Erfolg messen, auch wenn es toll sei, dort zu sein. „Es ist eine Bestätigung dessen, wie du scheinbar gesehen wirst“, sagt Stark mit hörbarer Freude in der Stimme.

Könnte die Musik in Zukunft vielleicht zum Beruf werden? Das Dasein als Berufsmusiker war zwar schon früher Thema bei Neurotox, aber Hoffnungen auf Dauertourneen hegt Stark für seinen Teil weniger. „Ich bin gar nicht sicher, ob ich in der Lage wäre, meine Familie für mehr als 300 Tage im Jahr zu verlassen.“

Für ihn bestünde in so einem Fall außerdem die Sorge, dass die Leidenschaft zum Hobby leiden könnte. „Ich möchte den Bezug dazu nicht verlieren“, gesteht er. Steigende Aktivitäten der Band würden ihn zwar freuen, aber falls nicht, ist das für ihn auch kein Problem „Wir haben jetzt schon mehr geschafft, als ich je geträumt habe.“

Weitere Pläne für 2021 haben die Musiker vorerst nicht, sondern möchten stattdessen alles auf sich zukommen lassen. Aber alle, die einmal in die Musik von Neurotox hineinhören möchten, können das unter www.youtube.com/channel/UCjpSAcR7AIt2zFigHfQ3GTw und auf weiteren Portalen wie Spotify tun. Das neue Album gibt es für rund 16 Euro im Handel und auf der Homepage unter neurotox.jimdosite.com, die derzeit noch umgebaut wird.

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