Zeitzeugin Eva Weyl spricht über den Holocaust

Die Holocaust-Überlebende macht sich stark für eine Zukunft ohne Hass 
und gegen das Vergessen

KLEVE. Die Geschehnisse liegen zwar mehr als 70 Jahre zurück, doch es war vielleicht nie wichtiger darüber zu sprechen, als jetzt. Eva Weyl, eine Überlebende des Konzentrationslagers Westerbork, sprach am vergangenen Mittwoch – dem Holocaust-Gedenktag – in einer virtuellen Videokonferenz mit Schülern der neunten Klasse der Klever Gesamtschule am Forstgarten über ihre Erinnerungen an den Nationalsozialismus. „Es darf keine Diskriminierung, keinen Rassismus und auch keinen Antisemitismus mehr geben. Ihr müsst helfen, eine Zukunft ohne Hass zu bauen“, sagte die Zeitzeugin zu den Schülern, die sie mit ihrem etwa 90-minütigen Vortrag zu sogenannten „Zweitzeugen“ machte.

Eva Weyl
Das Klever „Kaufhaus Weyl“ betrieb Eva Weyls Familie bis zu ihrer Flucht in die Niederlande. Eva Weyl zeigte den Schülern historische Einnerungen an das Kaufhaus. Screenshot: SP

Ihre Erzählungen untermauerte Weyl mit persönlichen Fotos und historischen Dokumenten. Eindrucksvoll schilderte sie, wie ihre Familie und sie Kleve, wo sie das gleichnamige „Kaufhaus Weyl“ betrieben, aus Angst vor den Nazis in Richtung Niederlande verließen. „Im ersten Weltkrieg war die Niederlande neutral. Deshalb haben wir gedacht, sie sei sicher“, sagte Weyl. Doch es habe nicht lange gedauert, bis auch die Niederlande von den Nationalsozialisten erobert wurden.

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“Alles wird wieder gut”

Im Mai 1940 – Eva Weyl war gerade fünf Jahre alt – besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. Familie Weyl verlor Hab und Gut und wurde in das Konzentrationslager Westerbork gebracht. „Es hat damals 40.000 solcher Lager gegeben. Wir Kinder wurden unwissend gehalten. Ich habe nichts gewusst und habe nicht gelitten, ich war aber auch nicht frei“, berichtete Weyl. Ihre Familie habe viele Entbehrungen ertragen müssen. „Meine Mama hat gesagt, alles wird wieder gut. Als Kind glaubt man das. Es gab ja kein Internet oder so“, erzählte Weyl. Im Konzentrationslager sei täglich eine Liste mit 1000 Insassen erstellt worden, die in die Vernichtungslager nach Auschwitz oder Sobidor transportiert worden seien. „Das waren Mordlager. Das war damals ein Unikum. Das gab’s vorher noch nie“, sagte Weyl. Ihre Familie und sie entkamen diesem Schicksal und wurden im April 1945 durch kanadische Soldaten befreit. 

Viele Juden seien damals jedoch von den Nazis vergast und ermordet worden. „Einfach nur weil sie Juden waren. So etwas darf nie wieder passieren. Jude zu sein hat wenig mit Glauben zu tun. Es ist einfach ein Volk. Juden wurden aber schon vor 2000 Jahren aus ihrer Heimat in alle Welt vertrieben. Sie haben überall Platz gesucht, wo sie hofften, in Frieden leben zu können. Aber sie wurden immer wieder zu Prügelknaben“, erläuterte Weyl und ergänzte: „Dabei sind wir wie alle anderen.“

“Ihr seid nicht für die Vergangenheit verantwortlich”

Auch heute stelle sie immer wieder fest, dass Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus zum Teil immer noch einen großen Raum einnehmen und Parteien sie zu ihren Zwecken versuchen zu nutzen. „Deshalb muss es Leute geben, die sagen: Ich kämpfe weiter. Ich mache mich stark gegen das Vergessen“, sagte Weyl. Ihre Vorträge vor Schülern seien ihr deshalb immens wichtig: „Ihr seid nicht für die Vergangenheit verantwortlich, jedoch für die Zukunft. Also denkt immer erst nach und handelt dann und gebraucht Euren Verstand und Euer Herz, wenn Ihr beauftragt werdet, etwas zu tun. Helft dabei, eine Zukunft ohne Hass zu bauen.“ Nur wer die Vergangenheit kenne, könne die Zukunft ändern und in Freiheit leben. 

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