Bodo Wißen: “Ich fühle mich sehr geehrt”

Kreis Klever SPD nominiert den Reeser Politiker als Nachfolger von Dr. Barbara Hendricks

REES. Für Barbara Hendricks geht ihre Zeit in Berlin zu Ende: Seit 1994 saß sie für die SPD im Bundestag, nun räumt sie ihren Platz. Diesen soll der 46-jährige Reeser Bodo Wißen übernehmen. Auf der Kreisdelegiertenkonferenz wurde er für die Wahl 2021 nominiert. Im NN-Interview spricht Wißen über diese Wahl, seine Qualifikation und seine Ziele in Berlin.

Herr Wißen, Sie sind im September als Bürgermeister-Kandidat für die SPD in Rees angetreten. Nun möchten Sie für den Kreis Kleve in den Bundestag einziehen. Haben Sie diesen neuen Weg eingeschlagen, nachdem es mit dem Bürgermeisteramt in Rees nicht geklappt hat?
Bodo Wißen: Richtig ist, dass ich, wäre ich zum hauptamtlichen Bürgermeister der Stadt Rees gewählt worden, nicht für den Bundestag kandidiert hätte.

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Wann hat man Ihnen die Kandidatur für die Bundestagswahl 2021 angeboten?
Wißen: Als klar war, dass unsere jetzige Bundestagsabgeordnete und Bundesministerin a.D. Dr. Barbara Hendricks nicht mehr antreten würde, haben wir uns im Kreisvorstand der SPD natürlich Gedanken gemacht. Ich fühlte mich sehr geehrt, als Barbara mich fragte und der Kreisvorstand mich einstimmig nominierte. Als stellvertretender Kreis-Vorsitzender der SPD habe ich Verantwortung übernommen, die für mich dann auch Verpflichtung ist.

“Ich habe auch außerhalb der Politik Lebenserfahrung”

Was macht Sie aus Ihrer Sicht zu einem geeigneten Kandidaten für einen Sitz im Bundestag?
Wißen: Ich habe auf wirklich jeder politischen Ebene haupt- oder ehrenamtlich gearbeitet, vom Stadtrat Rees bis zur Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Bundesrates bei der Europäischen Union in Brüssel und im Bundestag in Berlin. Ich habe als Referent und stellvertretender Referatsleiter in der Stadtentwicklung und in der Staatskanzlei gearbeitet und arbeite derzeit im NRW-Bauministerium. Ich war Landtagsabgeordneter und dort verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, ich war über neun Jahre im Kreistag des Kreises Kleve. Ich kann eine Bildungsbiografie von der Hauptschule bis zum Abschluss in Geschichte und Politik an der Universität nachweisen auch einen Berufsabschluss als Verwaltungsfachangestellter. Seit 23 Jahre gehöre ich – mit Ausnahme der Zeit in Brüssel – durchgehend SPD-Vorständen auf Orts-, Kreis- und regionaler Ebene an. Das schafft Verbindungen. Und ganz wichtig: Als 46-jähriger verheirateter Vater von zwei Kindern und mit vielen Kontakten auch außerhalb der Politik habe ich Lebenserfahrung.

Was möchten Sie in Berlin für den Kreis Kleve erreichen? Haben Sie jetzt schon das eine oder andere konkrete Ziel abgesteckt?
Wißen: Der Ausbau der Betuwe-Linie rechtsrheinisch und die Ertüchtigung der linksrheinischen Eisenbahnstrecke von Kleve nach Düsseldorf werde ich weiter eng begleiten. Dann gilt es unsere Landwirtschaft generationensicher aufzustellen. Angesichts von drei Dürresommern ist das keine leichte Aufgabe. Wir müssen die erneuerbaren Energien ausbauen, alternative Baustoffe verstärkt verwenden und Radwege bauen – für Einheimische wie für Touristen. Wir brauchen Glasfaser an jeder Milchkanne, also auch in Außengebieten! Gewerbe, Landwirtschaft und private Nutzung müssen ans schnellste Netz angeschlossen werden. Auch nach der Pandemie wird das Homeoffice bleiben. Das ermöglicht schönes und günstigeres Leben auf dem Land und nur gelegentliches Arbeiten in der Stadt. Da liegt eine Riesenchance für uns hier im Kreis Kleve. Wir brauchen genügend bezahlbaren Wohnraum, haben wir im Kreis Kleve momentan nicht. Wir brauchen ein zukunftsfestes Gesundheits-, Krankenversicherungs- und Rentensystem. Ach, es gibt so viel zu tun. Packen wir es an!

“Barbaras Fußstapfen sind riesig”

Wie groß sind die Fußspuren, die Barbara Hendricks Ihnen hinterlässt?
Wißen: Riesig! Ich habe scherzhaft in meiner Bewerbungsrede gesagt, dass meine Schuhgröße 48 nicht annähernd ausreichen wird, um in Barbaras Fußstapfen zu treten. Dr. Barbara Hendricks war Bundesministerin, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Schatzmeisterin der SPD und bald 27 Jahre Bundestagsabgeordnete. Ich durfte sie im Wahlkampf und bei vielen Veranstaltungen erleben. Dabei war sie immer ansprechbar, „geerdet“ und nie von oben herab.

Werden Sie regelmäßig zwischen der Bundeshauptstadt und dem Niederrhein pendeln?
Wißen: Pendeln gehört zu meinem Leben dazu, meist mit dem Zug, da kann man lesen oder anderweitig arbeiten. Wenn ich gewählt werde, werde ich wie Dr. Barbara Hendricks auch, möglichst viel sitzungsfreie Zeit in Gesprächen mit den Menschen im Kreis Kleve verbringen.

Sie haben bei der Aufstellungsversammlung in Kevelaer 38 von 45 Stimmen erhalten. Ein Ergebnis, mit dem Sie zufrieden sind? Oder hätten Sie sich als einziger Kandidat mehr Einigkeit – sprich mehr Zustimmung seitens der Delegierten – gewünscht?
Wißen: 38 Ja-Stimmen sind immerhin über 84 Prozent, dann gab es noch zwei Enthaltungen und fünf Nein-Stimmen. Wenn es den Fünfen damit besser geht, soll mir das sehr recht sein. In 23 Jahren Parteizugehörigkeit, meist mit Verantwortung in verschiedenen Vorständen, kann es auch mal vorkommen, dass der ein oder die andere einen nicht mehr so mag. Natürlich eckt man da auch mal an. Innerparteilich kam es auch mal zu klaren Ansagen meinerseits. Da kühlt dann so manche oder so mancher bei einer geheimen Abstimmung schon mal sein Mütchen. Mir war immer wichtig, dass wir innerparteilich diskutieren. Eine Partei muss diskutieren und auch mal Kontroversen austragen, sonst ist sie tot. Ich kann sehr gut mit diesem sehr guten Ergebnis leben.

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