KREIS KLEVE. Die Zahlen klingen erschreckend: etwa 50 Prozent der Bevölkerung und sogar 80 Prozent der Senioren verfügen nach Angaben der NRW.Bank über ein so geringes Einkommen, dass sie Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Bei dieser Größenordnung ist klar, dass im Land längst nicht soviel bezahlbarer Wohnraum wie benötigt vorhanden sind. Zum einen geht der Bestand an öffentlich geförderten Mietwohnungen deutlich zurück, zum anderen werden nicht genügend öffentlich geförderte/preiswerte Mietwohnungen neu gebaut. Diese Entwicklung ist auch im Kreis Kleve zu beobachten. Hier ist der Bedarf eher noch größer als in anderen Landesteilen, denn die Einwohnerzahl wächst entgegen dem landesweiten Trend stetig.
Landrat Wolfgang Spreen hat den Handlungsbedarf früh erkannt und darauf reagiert. „Wir tun etwas”, sagt er. Auf seinen Vorschlag und nach entsprechendem Beschluss durch den Kreistag wurde die Kreis Kleve Bauverwaltungs-GmbH (KKB) 2018 um den Bereich Wohnungswirtschaft erweitert. „Wir wollen mit unserem Engagement dazu beitragen, den so dringend benötigten günstigen Wohnraum anbieten zu können”, sagt Spreen. Menschen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sei ein Grundpfeiler sozialer Daseinsvorsorge. Spreen zitiert dazu Prognosen der NRW.Bank aus dem Jahr 2019. Demnach werde im Kreis Kleve der Bestand an preisgebundenen Wohnungen bis 2030 um 35,7 Prozent – das entspricht etwa 1.800 Wohnungen – schrumpfen und nach derzeitigem Stand nicht durch entstehende Neubauten kompensiert. Diesen Trend bestätige auch die 2018 für den Kreis Kleve erstellte Wohnungsmarktanalyse. „Es ist ausgesprochen schwierig, im Kreis Kleve preiswerten Wohnraum zu finden”, so Spreen. Ein Grund sei unter anderem die große Eigenheimdichte. Auch große bürokratische Anforderungen, die es zu erledigen gelte, schreckten mögliche Bauherren davon ab, öffentlich geförderte Mietwohnungen zu errichten. Gesucht seien vor allem Wohnungen bis 50 Quadratmeter und Wohnungen über 90 Quadratmeter.
Nachdem sich die Kreis Kleve Bauverwaltungs-GmbH erstmal in ihr neues Geschäftsfeld einarbeiten musste – eine anspruchsvolle Aufgabe – kann sie jetzt erste Erfolge aufweisen, freut sich Bettina Keysers von der KKB-Geschäftsführung. Ausdrücklich weist sie darauf hin, dass sich die KKB nicht in Konkurrenz zu anderen Anbietern versteht. Sie habe jedoch die Chance, den sozialen Wohnungsbau voran zu treiben. Nach Angaben von Bettina Keysers wurden bislang rund elf Millionen Euro in die Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums investiert. Derzeit werden 28 öffentlich geförderte Wohnungen in Goch gebaut, die im Mai 2021 bezugsfertig sein werden. In Issum werden weitere zehn Wohnungen neu gebaut, deren Erstbezug ist für Oktober 2021 vorgesehen. In der Planung befindet sich der Neubau von zehn öffentlich geförderten Wohnungen in Rheurdt. Die KKB konnte Grundstücke für weitere Neubauprojekte sowie Immobilien in Kerken, Rheurdt und Straelen erwerben. Kurzfristig stehen so 75 Wohneinheiten zur Verfügung, weitere 90 befinden sich in der Planungsphase und sollen bis 2025 entstehen. Bei allen Projekten ist es eine besondere Stärke der KKB, dass die Bauten von der Planung bis zur Fertigstellung im eigenen Haus und damit aus einer Hand entwickelt und betreut sowie im eigenen Bestand verwaltet werden.

Ein Wohnhaus mit 28 öffentlich geförderten Wohnungen und einem Gemeinschaftsraum wird derzeit in Goch, Mittelstraße, gebaut. Das Gebäude – hier von der Hofseite gesehen – wird im Mai 2021 bezugsfertig sein.Foto: City-Wohnen GmbH Goch

„Die Nachfrage nach den Wohnungen ist groß”, so Keysers. Allein für die 28 neuen Wohnungen in Goch liegen 58 Bewerbungen vor. Die Einkommensgrenze für eine öffentlich geförderte Wohnung liegt für Singles bei einem Jahreseinkommen von 19.350 Euro (Sockelbetrag) und für Paare bei 23.310 Euro (Sockelbetrag). Die KKB wird nicht nur neu bauen sondern auch Wohnungen im Bestand entwickeln. Um eine deutliche Verbesserung des Angebots preiswerter Wohnungen zu erreichen, nennt Landrat Spreen einen Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren
Die Marktposition der KKB können dann andere Anbieter dazu bringen, ihren Wohnraum preiswerter anzubieten, hofft Spreen. In diesem Zusammenhang appelliert Landrat Wolfgang Spreen dringend an die Kommunen, sich aktiv an der Schaffung öffentlichen Wohnraums zu beteiligen und mit der KKB zusammen zu arbeiten. „Stellen Sie ausreichend Bauland für Mehrfamilienhäuser zur Verfügung und nehmen es in Ihre Bauleitplanungen auf. Anreize, öffentlich gefördert zu bauen, müssen bedarfsorientiert geschaffen werden”, sagt Landrat Wolfgang Spreen Eine Quotenregelung zur Schaffung von öffentlich gefördertem Wohnungsbau, die Schaffung von Angeboten für günstige Erbbaupachtbedingungen könnten ebenso ein Mittel sein wie eine gute Begleitung im Baugenehmigungsverfahren.

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