Kamp-Lintfort
Klärten über die Pläne auf: (v. l.) Stadtarchivar Dr. Martin Klüners, der 1. Beigeordnete und Kulturdezernent Dr. Christoph Müllmann und Bürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt. NN-Foto: Thomas Langer

KAMP-LINTFORT. Wer kann schon von sich sagen, dass man ein Unesco-Weltkulturerbe vor der eigenen Haustür hat? In ein paar Jahren dürfen sich wahrscheinlich die Kamp-Lintforter dazuzählen. Die Industriekultur Kamp-Lintforts und vieler weiterer Ruhrgebietsstädte soll nämlich Unesco-Weltkulturerbe werden. Unter dem Projektnamen „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ erarbeitet das Land NRW mit der Stiftung „Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur“ gemeinsam mit den Kommunen einen Projektentwurf, der voraussichtlich 2024 bei der Unesco eingereicht werden soll.

Bürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt steht völlig hinter dem Vorhaben: „Wir sind stolz auf unsere Bergbau-Vergangenheit und möchten das mit dem Welterbe-Projekt auch in die ganze Welt tragen. Mit dem Status Welterbe bekommt das Ruhrgebiet und auch Kamp-Lintfort internationale Strahlkraft. Neben nationalem und internationalem Tourismus hoffen wir auch auf eine noch höhere Attraktivität für Investoren.“ Ziel sei es, der Metropole Ruhr einen neuen Stellenwert zu geben.

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Wie Kulturdezernent und 1. Beigeordneter Dr. Christoph Müllmann erläutert, geht es im Falle von Kamp-Lintfort konkret um die ehemaligen Zechengebäude an der Friedrich-Heinrich-Allee, die Fördertürme von Schacht1 und Schacht2 sowie um die Zechenbahn und die Altsiedlung. Den Welterbestatus betrachtet er gewissermaßen als Gütesiegel, besonders für den Tourismus.

Der Status ist allerdings keine sichere Bank, man kann ihn auch verlieren. Und zwar, indem man das verändert, weshalb der Status überhaupt verliehen wurde. Das zeigte der Fall Dresden, als die Stadt 2009 den Bau der Waldschlösschenbrücke vor­antrieb und so entgegen aller Mahnungen das Elbtal aus der Liste katapultierte. Das passiert allerdings sehr selten. Die Beteiligten in Kamp-Lintfort sind sich jedenfalls ihrer Aufgabe bewusst, den richtigen Kompromiss zwischen Erhalt und Nutzung zu finden.

Historische Zusammenhänge

Stadtarchivar Dr. Martin Klüners kann einiges über die historischen Zusammenhänge berichten: „Zwischen 1850 und den 1960er Jahren entwickelte sich das Ruhrgebiet, vor allem getrieben durch die Montanindustrie, zu einer der dichtesten und bedeutendsten Industrieregionen der Welt. Bis 1870 war es die größte Region für die Förderung von Kohle und die Produktion von Koks und um 1900 größter Stahlproduzent Europas.“ Mit der Industrialisierung sei auch das dichteste Verkehrsnetz Europas mit zahlreichen Industriewohnsiedlungen, wie beispielsweise der Kamp-Lintforter Altsiedlung, entstanden. Zusammengenommen seien diese Industriewohnsiedlungen die weltweit größten ihrer Art.
Klüners betont außerdem den großen kulturhistorischen Wert des Ensemblecharakters von Bergwerken, Eisenhütten, Siedlungen, Verkehr- und Wasserwegen. „Die industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet war auch Vorbild für zahlreiche andere werdende Industrieländer wie zum Beispiel Japan.“

Vorbildcharakter hat für Landscheidt auch der in den 70er Jahren eingeleitete Strukturwandel der Region. Vor allem in Kamp-Lintfort könne man sehen, dass auch nach Ende der Montanindustrie kein Stillstand geherrscht habe. Gemeinsam mit allen beteiligten Kommunen von Hamm bis Kamp-Lintfort wolle man nun den Prozess für die Anerkennung als Weltkulturerbe vorantreiben

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