Erste Hilfe auf Kameradschaftsbasis

KRANENBURG. Manchmal fliegt dir in 30 Sekunden das Leben um die Ohren. Es kann auch noch schneller gehen …

Vormittags war noch alles gut

Christian Ehren ist Landwirt und Feuerwehrmann. Am vergangenen Donnerstag war er mit einem neuen Kameraden zur Einweisung unterwegs. Vormittags hatte er die Sanierungsarbeiten an seiner Scheune abgeschlossen. Abends war das Ganze ein Trümmerhaufen – ein Opfer des Sturms. „Das Ganze hat keine 30 Sekunden gedauert“, sagt er.

-Anzeige-

Ein Trümmerfeld

Es gibt „vergriffene“ Bilder: Auf Ehrens Hof sieht es irgendwie aus wie nach einer Explosion. Von der Scheune stehen noch ein paar Zwischenwände. Der Rest: Ein Trümmerfeld. Ein bisschen sieht es aus, als hätte ein Riese Mikado gespielt. Den Schaden kann Ehren auch drei Tage später nur schätzen: „Das dürften zwischen 50 und 70.000 Euro sein“, sagt er. Ein Betrag, der einen Betrieb – gerade in Zeiten wie diesen – ruinieren kann. Glück im Unglück: Die schweren und teuren Maschinen haben größtenteils nichts abbekommen.

Mit dem Bagger geht es besser.

Freunde, Helfer, Kameraden

Daniel Cloosters ist einer von Ehrens Freunden. Man kennt sich von der Feuerwehr. „Am Freitag ging es in unserer WhatsApp-Gruppe darum, wer heute, am Samstag, beim Aufräumen auf Christians Hof helfen kann. Da gingen dann ruckzuck mindestens zwanzig positive Rückmeldungen von den Kameraden ein.“ Wenn Cloosters von den Kollegen spricht, benutzt er das Wort „Kameraden“.

Wohin mit dem Stroh?

Samstag, 15. August, 8.30 Uhr. Am Straßenrand von „Tütthees“ parken reichlich Autos. Die Kameraden vom Löschzug Kranenburg sind zum Aufräumen eingerückt – schweres Gerät inbegriffen: Erste Hilfe auf Kameradschaftsbasis. Mittendrin: Christian Ehren. Er erzählt von den Schäden, erzählt von dem Tag, an dem der Sturm durch sein Leben fegte. Zwischendurch antwortet er auf Fragen der Kameraden und gibt Anweisungen. Irgendwie scheint alles wie am Schnürchen zu laufen. Man merkt, wie sich Ehren in der Kameradschaft aufgehoben fühlt. Das hilft. Säße er jetzt alleine vor dem Chaos, wäre er wahrscheinlich nicht zu lächeln imstande.

Schweißtreibend

Was passiert eigentlich, wenn es jetzt irgendwo brennt? Daniel Cloosters: „Alles ganz normal wie immer: Dann fahren wir alle zum Einsatz. Der Christian würde ja auch von hier aus losfahren.“ Gottseidank brennt es nicht. Gottseidank ist es am Vormittag auch noch nicht zu heiß. Die Aufräumarbeiten sind trotzdem schon jetzt schweißtreibend. Daniel Cloosters: „Wir werden jetzt erst mal alles, was hier rumliegt, nach Materialien trennen und dann weitersehen.“

Es läuft

Zwischendrin wird immer wieder auch Stroh „abgefahren“. Cloosters: „Ein Teil des Strohs bleibt auf dem Hof, aber was hier nicht unterzubringen ist, verteilen wir auf Lagerhallen von Kameraden.“ Die Kameraden haben – ganz nebenbei – auch für das schwere Gerät gesorgt. Auch auf einem Bauernhof steht ja nicht unbedingt gerade mal eben ein Bagger bereit.

Ein Lächeln

Erste Diagnose: Es läuft gut auf der Baustelle. Ein Fass schwebt an der Baggerschaufel über den Trümmern und wird abseits auf die Wiese gestellt. Dachrestteile werden zusammengeschoben. „Wenn wir das alles von Hand machen müssten, wäre die Sache ziemlich mühsam“, sagt Daniel Cloosters. Christian Ehren schwingt sich zurück auf seinen Traktor. „Momentan habe ich mehr Helfer als Schrott“, sagt er und versucht ein Lächeln. Egal, ob man es nun Freundschaft nennt oder Kameradschaft – gut ist, wenn auch im Unglück Menschen da sind.

Wenn Riesen Mikado spielen
Vorheriger ArtikelBürger kämpfen um Wald auf dem Klinik-Gelände
Nächster ArtikelSpätsommerliche Blütenhighlights in den Schlossgärten Arcen