ASPERDEN. Manchmal erkennt man erst in größter Not, was man eigentlich hat. So ist es wohl auch Jennifer Gsell gegangen bei ihrem ersten Aufeinandertreffen mit der Freiwilligen Feuerwehr Asperden. Die in Bedburg-Hau lebende geschäftsführende Gesellschafterin einer Online-Marketingagentur ist dankbar und begeistert. Die Feuerwehr rettete nämlich in gefühlter Rekordgeschwindigkeit ihr Pferd aus Spülsand und verhinderte so eine Katastrophe. „Ich bin wohl ein typisches Beispiel für das Glück im Unglück“ sagt sie hörbar erleichtert.

Eigentlich war es nur ein harmloser Spaziergang: Mit ihren beiden Pferden und dem Hund lief die 41-Jährige in Asperden am Baggersee das Ufer entlang. „Der Gefahr war ich mir irgendwie überhaupt nicht bewusst. Und außerdem: Es sind doch sowieso immer nur die anderen betroffen. Bis es einen selbst trifft“, erklärt Gsell. Abgebogen in Richtung Ufer ist sie noch, bevor das Warnschild kam. Dennoch ärgert sie sich, da sie immer wieder einmal über solche Gefahren und Vorfälle gelesen hat. „Erst als es passiert ist, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.“

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Gefährlicher Spülsand

Die Hälfte waren sie schon gegangen, als der Sand sich ein wenig veränderte. Es handelte sich um wie Treibsand wirkenden Spülsand. Ihr jüngeres Pferd „Fuzzi“ sackte zuerst ein, bis zu den Knien. Die Stute kam aber aus eigenem Antrieb wieder heraus. Das 24-jährige Pferd „Noble“ lief zu diesem Zeitpunkt jedoch hinter Gsell. „Ich habe ihn zuerst gar nicht wahrgenommen und auf einmal merkte ich, dass hinter mit etwas passiert.“ Sie drehte sich um und da steckte er bereits bis zum Bauch im Sand.

„Mein erster Gedanke war, dass ich nicht glauben konnte, dass mir das gerade passiert.“ Im einen Moment war die Welt noch in Ordnung, ehe Gsell die Panik packte. „Dann ist mir bewusst geworden, was ich da eigentlich gemacht habe.“ Nobel war recht nah am Wasser und neigte bereits weiter dorthin. Ein erster, eigener Befreiungsversuch war erfolglos.

Ins Wasser gerannt

Also entschied sich Gsell schnell dazu dazu, 112 zu wählen. Nobles Kopf war zwischenzeitlich schon im Wasser. „Ich bin total panisch geworden und sofort ins Wasser gerannt“, erzählt Gsell. Hinter ihm knieend hob sie seinen Kopf an, während ihre anderen Tiere brav und ruhig warteten.

In so einer Situation kreisen oft die Gedanken, Gsell bildete keine Ausnahme: „Ich habe nur gedacht: Bitte tu mir das nicht an, nicht wegen dieser dummen Entscheidung. Wir schaffen das.“ Zu ihrem Erstaunen vergingen vom Anruf bis zur Rettung etwa zwischen 15 und 18 Minuten. „Wahnsinn. Die Feuerwehrleute waren sehr gut organisiert und wussten genau, was zu tun ist“, erklärt sie. Die freiwilligen Einsatzkräfte aus Asperden um Einsatzleiter Georg Binn gruben Noble zunächst aus und zogen ihn dann mit vereinter Kraft an einem Feuerwehrschlauch heraus, der mehrmals um den Bauch des Tieres gebunden war.

„Ich hatte wirklich furchtbare Angst um mein Pferd, das nur durch meine Schuld in diese schreckliche Lage geraten war. Daher war ich umso erleichterter, dass die Feuerwehr uns so schnell gerettet hat.“ Sie ergänzt: „Dass ich ohne Vorwürfe so viel Unterstützung von anderen Menschen erhalten habe – obwohl ich diese mehr als verdient hätte – ich war überwältigt!“

Hilfsbereite Passanten in Asperden

Zu diesen empathischen Menschen zählt sie nicht nur die Freiwillige Feuerwehr Asperden, sondern auch hilfsbereite Passanten. Eine Frau etwa hielt ihr zweites Pferd, während ein Pärchen an der Straße stand und die Feuerwehr einweisen wollte.

Ein schlechter Ausgang wäre umso schmerzhafter für Gsell gewesen, da sie ihr „Seelenpferd“ Noble bereits seit 20 Jahren hat. „Ich hätte es mir nie verziehen“, sagt sie.

Dieses Erlebnis hat Gsell bewusst gemacht, wie wichtig die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr ist. Und das nicht nur in Asperden. „Ich möchte die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr einmal so richtig mit Pauken und Trompeten feiern, denn die Freiwilligen, die ihre Freizeit für unsere Sicherheit spenden, haben es wirklich verdient, dass die Bevölkerung ihre beispiellose Arbeit anerkennt und wertschätzt. Ohne ihren Einsatz würde die eine oder andere Situation ganz übel ausgehen.“ Hinzu komme, dass auch die selbstlosen und sehr professionellen Freiwilligen vieles verarbeiten müssten, wenn es einmal zu spät sein sollte.

Die von ihr erlebte Bescheidenheit der Einsatzkräfte möchte Gsell nicht so einfach im Raum stehen lassen, nur ein Danke ist ihr zu wenig: „Die Feuerwehrleute haben das Leben meines Pferdes gerettet und damit meines. Wenn sie nicht gewesen wären, wäre ich heute nicht mehr die, die ich vorher war.“

Nicht leichtsinnig sein

Gsell möchte entsprechend ihrer Erfahrungen in Asperden ebenso auf die Gefahr von vermeintlich schönen Baggerseen hinweisen. Nicht leichtsinnig sein, das betont sie. „Anderen Bescheid geben, wohin man geht, immer ein Handy bei sich tragen, aber am besten gar nicht erst in solch eine Situation geraten“, fasst sie weiter zusammen. Aber wenn es dann doch mal zu spät ist: „Die Feuerwehr für dich da.“ Das weiß Gsell jetzt besser als je zuvor.

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