Impuls: Beratungsbedarf steigt weiter an

577 Frauen suchten 2019 bei der Frauenberatungsstelle Hilfe

GOCH. Die Frauenberatungsstelle Impuls aus Goch hat 2019 mehr Beratungsgespräche geführt als im Jahr zuvor: Von 563 im Jahr 2018 stieg die Anzahl der Beratungsgespräche im vergangenen Jahr auf 577 an. Zwei Drittel der Frauen suchten das Gespräch, weil sie Opfer von Gewalt geworden waren.

Impuls
Während der Pandemie führten Maren Haukes-Kammann und Marion Claaßen (v.l.) ausschließlich Beratungsgespräche per Telefon und Video. NN-Foto: SP

Die immer größer werdende, öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Thema bemerken auch die vier hauptamtlichen Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle in ihrer Arbeit. „Die Zahl der Frauen, die sich nach Gewaltdelikten an uns wenden, steigt“, sagt Maren Haukes-Kammann, Diplom-Sozialwissenschaftlerin und eine der vier Beraterinnen bei Impuls. Auch Opfer von sexualisierter Gewalt würden immer öfter Hilfe bei der Frauenberatungsstelle suchen. In 2019 seien das 79 Frauen gewesen, von denen 40 Opfer einer Vergewaltigung geworden waren.

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Sexueller Missbrauch schwer nachzuweisen

Impuls begleitet die Frauen dabei auch durch Gerichtsprozesse, die für die Opfer nochmal eine besondere Herausforderung darstellen. „Sie verarbeiten dabei alles noch einmal. Zudem ist das Thema sehr schambesetzt, weshalb sich viele Frauen nicht öffnen wollen“, sagt Haukes-Kammann. Wichtig sei in dem Fall gewesen, dass seit einiger Zeit ein sexueller Missbrauch juristisch nicht mehr als Vergehen, sondern als Straftat angesehen wird. Schwierig sei allerdings noch immer die Verjährungsfrist und die Aufklärungsarbeit. „Werden KO-Tropfen eingesetzt, sind diese nach wenigen Stunden schon nicht mehr im Blut beziehungsweise im Urin nachweisbar. Ehe sich die Frau von den KO-Tropfen erholt hat und wieder gerade gehen kann, sind meistens bereits mehr Stunden vergangen“, sagt Haukes-Kammann. Eine Verurteilung des vermeintlichen Täters mache dies sehr schwer.

Weitere relevante Beratungsthemen bei Impuls waren in 2019 zudem Beziehung und Trennung (23 Prozent), Gesundheit (18 Prozent) und Sozialberatung/existenzielle Situation (12 Prozent). Die meisten der Frauen, die Hilfe suchten, waren zwischen 26 und 40 Jahre alt, deutscher Nationalität und kamen aus Goch (139), Kleve (139), Geldern (57) oder Emmerich (54).

Keine persönlichen Beratungsgespräche

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie musste die Frauenberatungsstelle, die in Goch ihren Hauptsitz hat, aber ein ambulantes Unterstützungsangebot ebenfalls an den Standorten in Emmerich, Geldern und Kleve anbietet, ihre Arbeitsweise anpassen. „Wir konnten ab Mitte März für etwa sechs Wochen keine persönlichen Beratungsangebote mehr anbieten. Wir waren aber per Telefon und später auch per Videochat für die Frauen da“, sagt Haukes-Kammann.

Die Telefonberatung sei sehr gut angenommen werden. „Wir möchten sie auch gerne über die Pandemie hinaus weiter anbieten, da es gerade für Frauen etwa aus Rheurdt, die nicht mal eben zu uns in die Sprechstunde kommen können, einfacher ist. Zudem können wir zeitlich flexibler sein. Wir können so auch noch abends telefonische Beratungsgespräche führen“, sagt Marion Claaßen, Diplom-Sozialarbeiterin und Beraterin bei Impuls.

Zu Beginn des Lockdowns aufgrund der Coronavirus-Pandemie seien die Nachfragen nach Beratungen zurückgegangen. „Nach etwa zwei Wochen kippte die Stimmung aber. Viele hatten Probleme in der Beziehung, weil Paare zu viel aufeinander gehockt haben, oder waren mit dem Homeschooling überfordert. Manche Frauen hatten auch große Probleme eine Maske zu tragen, weil es sie zu sehr an einen erlebten Missbrauch erinnerte“, sagt Haukes-Kammann. Die gestiegene Nachfrage halte bis heute an. „Normalerweise ist es in den Sommerferien immer etwas ruhiger. In diesem Jahr ist das nicht so“, sagt die Diplom-Sozialwissenschaftlerin. Dafür seien auch die wirtschaftlichen Folgen und Existenzängste aufgrund von Kurzarbeit verantwortlich.

Wirtschaftliche Probleme

Die Coronavirus-Pandemie setzte Impuls allerdings auch selbst wirtschaftlich zu. „Unsere Veranstaltungen, mit denen wir uns auch finanzieren, mussten wir alle absagen. Spenden sind ebenfalls weniger geworden“, erklärt Haukes-Kammann. Zudem sei die Abrechnung von telefonischen Beratungen schwieriger gewesen, da die Frauen normalerweise im Beratungsgespräch ein Formular ausfüllen müssen, damit Impuls die Beratung bezahlt bekommt. „Diesbezüglich gab es für uns einiges zu klären“, sagt Haukes-Kammann. Mittlerweile habe die öffentliche Hand aber sehr geholfen, so dass die Beratungsstelle erstmal finanziell abgesichert sei.

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