Eine niederländische facebook-Gruppe bietet Betroffenen die Möglichkeit zum Austausch

NIEDERRHEIN. Noch immer hält die Coronavirus-Pandemie die Welt in Atem. Auch wenn sich die Lage in Europa scheinbar entspannt. Noch weiß man wenig über diese neuartige Krankheit und es ist zu früh, um wirklich Klarheit über Langzeitschäden zu haben. Rund 20 Prozent der Corona-Infektionen verlaufen laut WHO so schwer, dass die Patienten im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Joke Snijders findet in einer Facebook-Gruppe Unterstützung. (Foto: privat)

Bei rund 80 Prozent der Infizierten verläuft Covid-19 vergleichsweise milde, bei einigen sogar ganz ohne Symptome. Neurologische Beschwerden wie Kopfschmerzen und Übelkeit weisen darauf hin, dass das Virus auch das Gehirn angreift, schwere Thrombosen, die wiederrum, verbunden mit dem durch die Entzündung ohnehin belasteten Herz-Kreislaufsystem, Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen können, wurden beobachtet, ebenso wie eine Schädigung von Niere und Leber.

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Extrem müde und kurzatmig

„Nach dem Duschen oder einem kurzen Spaziergang muss ich mich auch heute noch sofort wieder hinlegen“, sagt Joke Snijders. Seit Monaten leidet die 60-Jährige aus Nijmegen an extremer Müdigkeit, Kurzatmigkeit und Brustschmerzen. „Mitte Februar habe ich mich mit einer Grippe angesteckt“, erzählt sie. „Zumindest dachte ich das da noch.“ Erst Anfang März ging sie zu ihrem Hausarzt, „weil es einfach überhaupt nicht besser wurde“. Man diagnostizierte eine Lungenentzündung. Zu diesem Zeitpunkt sei Corona in den Niederlanden durchaus schon ein Thema gewesen. Getestet wurde sie allerdings nicht. „Weil ich kein Fieber und auch nicht in einem der Risikogebiete Urlaub gemacht hatte“, weiß sie.

Blutabnahme im Schutzanzug

Erst Mitte April – ihr Zustand hatte sich immer noch nicht verbessert – habe ihr Arzt jemanden zur Blutabnahme zu ihr nach Hause geschickt. „Der kam im Schutzanzug“, erinnert sich Joke Snijders an die skurrile Situation. Ein Test auf Covid-19 wurde allerdings nicht durchgeführt. „Da ging‘s nur um ein normales Blutbild“, sagt sie. Während die Ergebnisse im grünen Bereich waren, fühlte sich die normalerweise sehr aktive Niederländerin nach wie vor schlecht: „Ich war ständig müde und hatte einen hartnäckigen trockenen Husten.“

Ende April, zwei Wochen später, wurde sie vom Hausarzt ins Krankenhaus überwiesen, um dort die Lunge röntgen zu lassen. „Zu diesem Zeitpunkt drehte sich bei uns alles um die Corona-Patienten“, weiß Joke Snijders, warum sie wochenlang auf die Behandlung warten musste. Ein Test auf das neue Virus blieb aus – „bei uns in den Niederlanden wird bis heute wenig getestet. Wenn man nicht zu bestimmten Berufsgruppen gehört, hat man kaum eine Chance auf Gewissheit.“ Auch das Röntgenbild gab wenig Aufschluss über die Art der Erkrankung.

Viele Menschen mit ähnlichen Symptomen

„Ich war verunsichert und habe schon überlegt, ob ich mir das alles einbilde“, sagt sie. Doch dann stieß sie im Internet auf eine Gruppe von Menschen, die sich mit ganz ähnlichen Symptomen herumschlagen und einen Krankheitsverlauf aufzeigen, der mit „milde“ falsch beschrieben wäre. Innerhalb von wenigen Wochen ist diese Facebook-Gruppe auf mittlerweile knapp 13.500 Mitglieder gewachsen. „Diese Gruppe tut mir sehr gut“, sagt Joke Snijders. Man lebe ohnehin in ständiger Angst, fühle sich nicht ernst genommen – „und dann sind da ganz viele Leute, die diese Probleme kennen und unter ganz ähnlichen und teilweise sehr heftigen Beschwerden leiden. Zumal der überwiegende Teil der Mitglieder ebenfalls keiner Risikogruppe angehört und auch vom Alter her bunt gemischt ist. Von 30 bis Mitte 60 ist alles dabei. Und die meisten waren vorher kerngesund“, betont sie.

Viele Kontakte nach Deutschland

Weil Joke Snijders viele Freunde in Deutschland hat, vor Corona regelmäßig und gern im Nachbarland war und auch deutsche Zeitungen liest, weiß sie, dass es hierzulande noch nichts Vergleichbares gibt. „Ich habe das Gefühl, dass die Deutschen die Krise viel besser gemeistert haben“, sagt sie. Betroffene seien ihrer Meinung nach besser unterstützt und begleitet worden. Trotzdem findet sie, dass die Facebook-Gruppe eine Unterstützung sein kann. „Auch in Deutschland wird es viele Menschen geben, die zwar keinen schweren Verlauf hatten, dafür aber noch heute unter den Folgen leiden“, meint sie. Zu finden ist die Gruppe unter „Corona ervaringen en langdurige klachten“.

Beide Tests negativ

In dieser Woche geht es für Joke Snijders in eine Fachklinik für Lungenkrankheiten. Mittlerweile wurde sie auf das Virus getestet. „Am 29. Mai. Dreieinhalb Monate nach Auftreten der Symptome“, sagt sie. Sowohl der Antikörper- als auch der Virustest fielen negativ aus. Für die 60-Jährige kam das aber nicht überraschend. „Die Qualität der Tests ist nicht besonders gut und das Virus kann zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr aktiv gewesen sein“, sagt sie.

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